Ausschluss aus dem Betriebsrat

Verletzt ein Betriebsratsmitglied eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht, so betrifft dies zunächst nur seine Tätigkeit als Betriebsratsmitglied. Wegen einer solchen Pflichtverletzung darf der Arbeitgeber ihm keine Abmahnung aussprechen, sofern nicht gleichzeitig ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag vorliegt.

Beispiel:

Regelmäßig haben sich Betriebsratsmitglieder bei ihrem Vorgesetzten abzumelden, bevor sie ihren Arbeitsplatz verlassen, um Betriebsratsaufgaben auszuführen. Diese Abmeldepflicht ist eine arbeitsvertragliche Pflicht. Betriebsratsmitglied B hat sich nicht abgemeldet, bevor es seinen Arbeitsplatz verlassen hat, um an der Betriebsratssitzung teilzunehmen. Arbeitgeber A mahnt ab. Die Abmahnung ist rechtmäßig, weil B seine arbeitsvertraglich bestehende Abmeldepflicht missachtet hat.

 

Verstößt der Betriebsrat allein gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten, muss der Arbeitgeber vielmehr gegen den Betriebsrat gemäß § 23 BetrVG vorgehen:  

Ein Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds durch arbeitsgerichtliche Entscheidung kommt im Fall einer groben Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten in Betracht. Dazu ist ein Antrag beim zuständigen Arbeitsgericht zu stellen, § 23 Abs. 1 BetrVG (sog. Amtsenthebungsverfahren).  Dem Ausschluss kann das Betriebsratsmitglied allerdings zuvorkommen, indem es sein Amt niederlegt. Das Verfahren wird dann nicht fortgeführt.

Davon zu unterscheiden ist der Fall, in dem der gesamte Betriebsrat eine grobe Pflichtverletzung begeht, in dem der Arbeitgeber die Auflösung verlangen kann, § 23 Abs. 1 BetrVG.

Wann liegt eine grobe Pflichtverletzung vor?

Laut BAG liegt eine grobe Pflichtverletzung vor, wenn sie objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend und damit von einem solchen Gewicht ist, dass sie das Vertrauen in eine künftig ordnungsgemäße Amtsführung zerstört oder zumindest schwer erschüttert (BAG 22.6.1993 - 1 ABR 62/92). Unter Berücksichtigung aller Umstände muss die weitere Amtsausübung untragbar erscheinen (BAG 27.7.2016 - 7 ABR 14/15). Dabei genüge eine nur objektive, aber nicht schuldhafte Pflichtverletzung nicht, es sei denn, es läge ein krankhaftes, querulatorisches Verhalten vor (BAG 5.9.1967 - 1 ABR 1/67). Die Rechtsprechung fordert, dass der Auszuschließende durch ein ihm zurechenbares Verhalten die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats ernstlich bedroht oder lahmgelegt hat (BAG 21.2.1978 - 1 ABR 54/76).

Man sieht also, die Entscheidung für oder gegen eine grobe Pflichtverletzung ist immer im Einzelfall und unter Hinzuziehung mehrerer Kriterien zu treffen.

Zu beachten ist aber, dass ein einmaliger Vorfall für den Ausschluss ausreicht.

Beispiele für grobe Pflichtverletzungen:

  • Verletzung der Geheimhaltungspflicht gemäß § 79 BetrVG
  • Grober Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit
  • Diffamierende persönliche Beleidigungen anderer Betriebsratsmitglieder (HessLAG 23.5.2013 – 9 TaBV 17/13, BeckRS 2013, 70451)

 

Wer kann den Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat oder Auflösung des Betriebsrats beim Arbeitsgericht stellen?

Dies ergibt sich alleine aus § 23 Abs. 1 BetrVG

1.   Arbeitgeber

2.   Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft

3.   Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer

4.   Betriebsrat durch Beschluss mit einfacher Mehrheit (nur Ausschluss eines Mitglieds)

 

Folgen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung:

Mit Rechtskraft der Entscheidung verliert das ausgeschlossene Betriebsratsmitglied die Mitgliedschaft sowie seinen besonderen und nachwirkenden Kündigungs- und Versetzungsschutz.  Nach § 25 BetrVG muss für diesen Fall das Ersatzmitglied nachrücken.

 

Kann ein Ersatzmitglied ausgeschlossen werden?

Dabei ist zu unterscheiden:

Für ein endgültig nachgerücktes Ersatzmitglied ist § 23 Abs. 1 BetrVG unmittelbar anwendbar, so dass die o. g. Ausführungen ohne Besonderheit gelten.  

Hat das Ersatzmitglied während oder im unmittelbaren Zusammenhang mit einer zeitweiligen Vertretung eine grobe Amtspflichtverletzung begangen, gilt § 23 Abs. 1 BetrVG entsprechend.

Sofern der Verhinderungsfall beendet ist, bleibt ein gegen das Ersatzmitglied eingeleitetes Ausschlussverfahren dennoch zulässig. Nur so kann ein erneutes Nachrücken während der laufenden Amtsperiode verhindert werden.