Einblicks-/Einsichtsrecht

Inhalt:

Effektiv kann der Betriebsrat nur mitsprechen, wenn er auch Kenntnis über vielfältige Abläufe im Unternehmen hat. Um dies zu gewährleisten, sieht das Betriebsverfassungsrecht Informations- und Einsichtsrechte vor.

In § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG ist z. B. geregelt, dass der Arbeitgeber „auf Verlangen“, die zur Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlichen Unterlagen, zur Verfügung stellen muss.

§ 34 Abs. 3 BetrVG bestimmt, dass die Mitglieder des Betriebsrats das Recht haben, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen. Das Einsichtsrecht ist ohne zeitliche Beschränkung zu gewähren („jederzeit“) und gilt für jedes einzelne Betriebsratsmitglied, unabhängig davon, ob es sich um den BR-Vorsitzenden oder einfaches Mitglied handelt. Anderweitige sachliche Voraussetzungen sind nicht erforderlich.

Wem steht wann das Recht zu?

Das Einsichtsrecht nach § 80 Abs. 2 S. 2, 2. Halbsatz BetrVG unterliegt den Grenzen der allgemeinen Regelung des § 80 Abs. 2, S.2, 1. Halbsatz BetrVG. Es muss also zur Durchführung einer Aufgabe des Betriebsrats erforderlich sein (Aufgabenbezug). Dies ist i. d. R. vor dem Hintergrund des § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unproblematisch, wonach der Betriebsrat umfassend darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge eingehalten bzw. durchgeführt werden.

In der Vorschrift des § 34 Abs. 3 BetrVG ist geregelt, dass lediglich die BR-Mitglieder das Einsichtsrecht haben. Davon ausgenommen sind grundsätzlich Personen, die allgemein oder im speziellen Fall berechtigt sind, an Betriebsratssitzungen teilzunehmen. Darunter würden beispielsweise der Arbeitgeber, die JAV-Mitglieder und die Schwerbehindertenvertretung fallen.

Ersatzmitglieder sind dann zur Einsicht berechtigt, wenn bereits ein Verhinderungsfall eines ordentlichen Mitglieds vorliegt oder sie sich auf einen solchen Vertretungsfall vorbereiten.

Unterlagen zur Einsichtnahme:

Gegenstand der Einsichtnahme dürfen ausschließlich Unterlagen des Betriebsrats sein. Darunter fallen schriftliche Aufzeichnungen und Materialien, die der Betriebsrat/ein Ausschuss angefertigt hat oder ihm zur ständigen Verfügung bereitstehen (Listen, Betriebsvereinbarungen usw.). Daneben besteht auch ein elektronisches Leserecht sämtlicher Daten und der E-Mails des Betriebsrats.

Gleiches gilt für Akten der Ausschüsse des Betriebsrats, ungeachtet dessen, ob ihnen Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen wurden oder sie Beschlüsse des Betriebsrats vorbereiten.

Einschränkung

Berücksichtigt werden muss aber, dass durch die Einsichtnahme die Arbeit des Betriebsrats und seiner Ausschüsse nicht behindert wird und sie nicht missbräuchlich ausgeübt wird.  

Zu beachten ist auch, dass dieses Recht weder durch eine Geschäftsordnung, noch durch einen Beschluss des Betriebsrats ausgehebelt werden kann.

Wichtig ist zudem, dass das Betriebsratsmitglied keinen Anspruch auf Überlassung oder Zurverfügungstellung der einzusehenden Unterlagen hat. Zulässig ist es jedoch, sich Notizen anzufertigen. Eine Ausnahme ist allerdings für den Fall zu machen, in dem die Geheimhaltungspflicht aus § 79 BetrVG betroffen ist.

Sollte der Arbeitgeber einem BR-Mitglied ordnungsgemäß Einsicht gewährt haben, kann von ihm nicht verlangt werden, dies auf Wunsch einzelner Mitglieder zu wiederholen. Sollten die Unterlagen beim Betriebsrat nicht mehr auffindbar sein, hat das BR-Mitglied Anspruch auf Auskunft über deren Verbleib.

Welche Konsequenzen hat die Verweigerung der Einsichtnahme?

Sollte dem Betriebsrats-Mitglied die Einsichtnahme nicht gestattet werden oder diese gar verhindert werden, kann dies einen Fall grober Pflichtverletzung nach § 23 Abs. 1 BetrVG darstellen, mit der Folge des Ausschlusses aus dem Betriebsrat bzw. der Auflösung des Betriebsrats.

Weitere Fälle

Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass sich das Einblick- oder Einsichtsrecht des Betriebsrats oft nicht unmittelbar und eindeutig aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt. So hat z. B. im Fall der Personalplanung nach § 92 BetrVG der Arbeitgeber den Betriebsrat über die gesamte Personalplanung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihm Einblick (keine Überlassungspflicht) in die zugrunde gelegten Unterlagen zu gewähren. Vorschläge des Betriebsrats zur Personalplanung gemäß § 92 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber in seine Überlegungen einzubeziehen. Benötigt der Betriebsrat Unterlagen oder Informationen, um sein Beratungsrecht und sein Vorschlagsrecht ausüben zu können, so hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch diese zur Verfügung zu stellen, soweit vorhanden. Dann muss der Betriebsrat aber mitteilen, warum er die begehrten Unterlagen zur Ausübung seines Beratungs- oder Vorschlagsrechts benötigt.

 

Beispiel:

Der Betriebsrat begehrt eine aufgeschlüsselte Auskunft über die einzelnen Lohnbestandteile der Bruttogehälter der Arbeitnehmer, also tarifliche Gehaltsgruppe, etwaige Zulagen etc.

Der Arbeitgeber gewährt Einblick in die Listen über die Bruttogehälter gemäß § 80 Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz BetrVG. Der Betriebsrat hält dies nicht für ausreichend und beharrt auf die begehrte aufgeschlüsselte Auskunft. Als Aufgaben kommen vor allem die Mitbestimmungsrechte gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG in Betracht. Die begehrte Aufschlüsselung ist auch erforderlich, weil die Bruttogehaltslisten alleine keinen Aufschluss darüber geben, ob außertarifliche Zulagen gewährt werden, für die ein Mitbestimmungsrecht bestünde.

Der Betriebsrat kann seinen Informationsanspruch im Beschlussverfahren geltend machen.

Ein stattgebender Beschluss könnte theoretisch im Wege der Zwangsvollstreckung durch die Auferlegung eines Zwangsgelds gemäß § 888 ZPO durchgesetzt werden. Regelmäßig sollte dies allerdings in Hinblick auf das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit überzogen und nicht erforderlich sein.

 

Verstößt der Arbeitgeber im Einzelfall grob gegen seine Verpflichtungen, den Betriebsrat zu informieren, hat der Betriebsrat die Möglichkeit, seine Ansprüche nach § 23 Abs. 3 BetrVG durchzusetzen.

Nach § 121 BetrVG handelt ein Arbeitgeber ordnungswidrig, wenn er die in § 121 BetrVG ausdrücklich aufgeführten Informationsrechte nicht oder nicht wahrheitsgemäß, unvollständig oder verspätet erfüllt.