Vorläufige personelle Einzelmaßnahme

Der Arbeitgeber hat in Einzelfällen das Recht, personelle Einzelmaßnahmen durchzuführen, und das ohne die Zustimmung des Betriebsrates. Diese vorläufigen personellen Maßnahmen sind jedoch an einige Bedingungen geknüpft. Wir zeigen Ihnen, unter welchen Bedingungen solche personellen Maßnahmen zugelassen sind und welche Aufgaben und Pflichten Sie als Betriebsratsmitglied in diesem Kontext haben. 

In den Poko-Seminaren für den Betriebsrat erfahren Sie mehr zu den verschiedenen rechtlichen Regelungen, welche die Betriebsratsarbeit betreffen. Vor allem bezüglich des Arbeitsrechts und der personellen Einzelmaßnahmen sollten Betriebsratsmitglieder stets auf dem neuesten Stand bleiben, um sich ihrer Pflichten und Rechte bewusst zu sein. Mit unseren Seminaren bleiben Sie stets informiert und sind optimal auf die Arbeit im Betriebsrat vorbereitet.

 

Was ist eine vorläufige personelle Maßnahme?

Eine vorläufige personelle Maßnahme beschreibt eine vorläufig durchgeführte Handlung, bezogen auf Personalangelegenheiten. Dabei kann es sich zum Beispiel um die vorübergehende Suspendierung eines oder einer Mitarbeitenden handeln, während ein Vorfall oder eine Beschwerde untersucht wird. Damit ein Arbeitgeber eine personelle Maßnahme durchführen darf, gibt es einige Voraussetzungen im Zusammenhang mit dem Betriebsrat. Diese können unter Umständen jedoch entfallen, wenn eine personelle Maßnahme notwendig wird. Welche Voraussetzungen es gibt und in welchen Fällen eine vorläufige personelle Maßnahme eintritt, erfahren Sie bei uns.

Voraussetzungen für personelle Einzelmaßnahmen

Der Arbeitgeber darf eine Einstellung, Versetzung oder Ein- bzw. Umgruppierung erst ausführen, wenn:

  • der Betriebsrat der Maßnahme zugestimmt hat oder
  • die Zustimmung als erteilt gilt oder
  • die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt wurde.

Gemäß § 100 BetrVG hat der Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit, die beabsichtigte personelle Maßnahme vorläufig durchzuführen, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. In diesem Fall darf die Maßnahme vorgenommen werden, obwohl:

  • noch keine Stellungnahme des Betriebsrats vorliegt oder
  • der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hat oder
  • der Betriebsrat gerade nicht erreichbar oder beschlussunfähig ist.

Außerdem darf die geplante Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Ausführung keinen Aufschub vertragen.

Beispiel:

Mitarbeiterin M führt regelmäßig die Lohnabrechnung für den Betrieb durch. M erkrankt am Tag der Durchführung der Abrechnung für voraussichtlich eine Woche. Arbeitgeber A hört den Betriebsrat B zur Einstellung des Leiharbeitnehmers L auf den Arbeitsplatz von M für eine Woche an und führt gleichzeitig die Einstellung bereits durch. Selbst wenn M am nächsten Tag wider Erwarten wieder gesund wäre, duldete die Einstellung von L am Vortag keinen Aufschub.

Wie wird eine vorläufige personelle Maßnahme durchgeführt?

Zunächst muss der Arbeitgeber den Betriebsrat unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) von der vorläufigen Einstellung oder Versetzung unterrichten, § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG.

Bestreitet der Betriebsrat die Dringlichkeit der vorläufig durchgeführten Maßnahme, muss der Arbeitgeber innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Berechtigung der Vorläufigkeit der personellen Maßnahme überprüfen lassen. Gleichzeitig muss er die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der personellen Maßnahme beantragen, § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG.

Berechnung der Dreitagesfrist

Das Gesetz stellt auf Kalendertage ab. Jeder Tag zählt also mit.

Beispiel:

M, die die Lohnabrechnungen regelmäßig durchführt, teilt am Freitagmorgen, dem Morgen des Beginns der Abrechnungen mit, voraussichtlich für eine Woche arbeitsunfähig zu sein. Arbeitgeber A hört gleich am Freitagmorgen den Betriebsrat B zur Einstellung des Leiharbeitnehmers L an. B bestreitet noch am Freitag, dass die Maßnahme dringend erforderlich ist und verweigert seine Zustimmung zur Einstellung von L, weil er die Personaldecke im Lohnbüro von jeher für zu dünn hält.

Berechnung der Dreitagesfrist: Samstag (Tag 1), Sonntag (Tag 2), Montag (Tag 3). A muss also spätestens am kommenden Montag (innerhalb von drei Tagen) beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung von B sowie die Feststellung, dass die Einstellung von L aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, beantragen.

Fällt allerdings der letzte Tag der Dreitagesfrist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so verlängert sich die Frist nach § 193 BGB bis zum Ablauf des nächsten Werktags. Im vorstehenden Beispiel bedeutet dies: Wäre M bereits am Donnerstag erkrankt und hätte B demgemäß auch am Donnerstag die Zustimmung verweigert und die Dringlichkeit bestritten, so würde Tag 3 auf einen Sonntag fallen (Freitag (Tag 1), Samstag (Tag 2), Sonntag (Tag 3)). A könnte die Anträge auch am Montag noch bei dem Arbeitsgericht stellen.

Die vorläufige personelle Maßnahme und das Arbeitsgericht

Sofern der Betriebsrat sich gegen die Notwendigkeit der personellen Maßnahme entschieden hat und der Arbeitgeber alle notwendigen Anträge beim Arbeitsgericht eingereicht hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das Arbeitsgericht stellt entweder fest, dass

a) die Maßnahme nicht dringlich ist, aber kein Zustimmungsverweigerungsgrund gegeben ist oder

b) die Sache nicht dringlich ist und ein Zustimmungsverweigerungsgrund gegeben ist oder

c) die Sache dringlich ist und keine Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben sind oder

d) die Sache zwar dringlich ist, aber gleichwohl Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben sind.

Im Ergebnis kann in den Alternativen a) und c) die Maßnahme aufrechterhalten werden, während der Arbeitgeber in den Alternativen b) und d) die Maßnahme gemäß § 100 Abs. 3 BetrVG spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts aufheben muss.

Die Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitnehmenden  

Sind die erforderlichen Anträge beim Arbeitsgericht gestellt worden, so kann der Arbeitgeber die Maßnahme zunächst durchführen. Dabei muss der Arbeitgeber den betroffenen Arbeitnehmenden jedoch über die Sach- und Rechtslage unterrichten (§ 100 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Dazu gehört insbesondere die Unterrichtung, dass die personelle Maßnahme eventuell rückgängig gemacht werden muss.

Es gilt jedoch zu beachten: Dem betroffenen Arbeitnehmenden gegenüber ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht verpflichtet, ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen (BAG 16.03.2010 - 3 AZR 31/09). Die Beschlussfassung des Betriebsrats kann sich demnach in Hinblick auf das arbeitsvertragliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in nachteilig für den einzelnen Arbeitnehmenden auswirken. Hat der Betriebsrat zum Beispiel die Zustimmung verweigert, ist der Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet, den Arbeitnehmenden in einer seiner Fähigkeiten entsprechenden Art und Weise einzusetzen, selbst wenn er eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitnehmenden getroffen hat.

Der Betriebsrat muss deshalb vor einer Beschlussfassung immer sehr genau auch die möglichen Auswirkungen seines Beschlusses zu Lasten des betroffenen Arbeitnehmenden prüfen.

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