Immer häufiger werden Betriebsräte mit der psychischen Überbelastung von Belegschaftsmitgliedern konfrontiert. Die Arbeitsbedingungen in den Betrieben haben sich in den letzten Jahren extrem verändert. Stichworte hierzu sind: multimedialer Technologieeinsatz, schlanke Organisation, minimierte Durchlaufzeiten, Team- und Projektarbeit, zielorientierte Mitarbeiterführung, Erfolgsbeteiligung, Kundenorientierung, Flexibilisierung. All das bringt neue Anforderungen im Arbeitsalltag mit sich.
Zeitvorgaben werden enger, Qualitätsanforderungen steigen, Leistung wird auch im Buero gemessen, Verantwortung wächst. Für einige wird die Arbeit gleichförmiger, für andere nimmt die Komplexität enorm zu. Teams fordern neue psycho-soziale Kompetenzen. Die auf den Menschen in der Arbeit einwirkenden Belastungen verschieben sich von den körperlichen hin zu vorrangig psychischen Anforderungen. In der Arbeitswissenschaft wird häufiger von psychischen Belastungen gesprochen und dabei der Blick auf die Gesamtheit von Verhältnissen und Verhalten am Arbeitsplatz gerichtet. Mediziner oder Psychologen beschäftigen sich mehr mit Stress. Die Prozesse im Menschen stehen dabei im Mittelpunkt. Psychische Vorgänge im Menschen sind all diejenigen, die mit wahrnehmen, denken, erinnern, erleben, empfinden und verhalten zu tun haben.
Qualifizierte Arbeitstätigkeit und Engagement benötigen als wichtige Voraussetzung ein ausreichendes Maß an Zufriedenheit, Motivation undInteresse an der Aufgabe und dem Unternehmen. Wenn das Wohlbefinden der Mitarbeiter leidet, hat dies Folgen: eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Kreativität, sinkende Arbeitsproduktivität, mangelhafte Arbeitsqualität, hoher Krankenstand, schlechtes Betriebsklima. Effekte wie Mobbing oder Burn-out treten auf. Wird erst dann reagiert, sind bereits enorme und vor allem unnötige "Kosten" für das Unternehmen entstanden.
Die Zunahme psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Bereits 1996 ergab eine Befragung des nordrhein-westfälischen Sozialministeriums, dass etwa ein Drittel bis die Hälfte der Erwerbstätigen konstant oder häufig psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. Die Analyse der psychischen Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz ist der erste Schritt zur Vermeidung oder Verringerung von Gefährdungspotentialen. Betriebsräte müssen die Bedeutung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz kennen und die Entwicklung der psychischen Belastung am Arbeitsplatz beobachten. Wenn Beschäftigte Probleme sehen und für sich ein hohes Maß psychischer Belastungen feststellen, sollten sie sich an ihre Vorgesetzten oder den Betriebsrat wenden.
Verantwortlich für einen ausreichenden Gesundheitsschutz ist der Unternehmer oder Arbeitgeber. Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte sind Berater für Betriebsräte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In großen Betrieben sollten Arbeitspsychologen und Personalentwickler tätig sein, um psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.