In Ihrem Amt als Betriebsrat haben Sie stets ein offenes Ohr für Beschwerden, Sorgen und Probleme. Sie hören zu, beraten und unterstützen Ihre Kolleg*innen. Und was ist mit Ihnen?
Bestimmt haben Sie schon einmal eine Sicherheitseinweisung im Flugzeug mitgemacht. Fallen die Sauerstoffmasken von der Decke heißt es: erst sich selbst die Maske aufsetzen, dann anderen helfen. Der Grundgedanke gilt eigentlich überall im Leben. Man muss erst sich selbst helfen, bevor man anderen helfen kann. Denn was nützt es dem Sitznachbarn, wenn ich beim Versuch, ihm die Sauerstoffmaske aufzusetzen, ohnmächtig werde? Nichts. Und so brauche ich auch zunächst selbst psychische Stärke und Widerstandskraft, um anderen dabei zu helfen ihre Herausforderungen zu bewältigen. Das gilt insbesondere dann, wenn ich im Privat- oder Berufsleben großen Belastungen ausgesetzt bin.
Genau wie man seinen Körper wäscht und pflegt, damit man sich darin wohlfühlt, sollte man auch im Inneren Hygiene betreiben. Auch die Psyche braucht Pflege, um gesund zu sein. Psychohygiene ist also ein Aufräumen der Seele, um Stress, negative Gefühle, Angst und Sorgen loslassen zu können und langfristig gar nicht mehr so leicht von herausfordernden Situationen gestresst und belastet zu werden. Mit Seife kommt man hier natürlich nicht weit.
Für die ausgleichende und die präventive Psychohygiene gibt es eine Vielzahl von Achtsamkeits- und Entspannungsübungen, wovon die meisten relativ einfach im Alltag umzusetzen sind. Hier eine kleine Auswahl:
Etablieren Sie ein wohltuendes Ritual, mit dem Sie jeden Tag beginnen. Stellen Sie sich z. B. gleich nach dem Aufstehen ans offene Fenster oder direkt auf den Balkon und lassen Sie mit drei tiefen Atemzügen die klare Luft in die Lunge strömen. Oder trinken Sie ganz bewusst ein Glas kaltes Wasser. Sie werden wacher und kommen entspannt bei sich und im neuen Tag an. Ein positiver Start beeinflusst die Stimmung des ganzen Tags und lässt Sie weniger anfällig für Stress und Sorgen sein.
2. Kümmern Sie sich um sich selbst
Besonders Menschen in sozialen Berufen oder auch ehrenamtlich Tätige neigen oft dazu, bei all der Sorge um andere sich selbst zu vergessen. Fragen Sie sich daher regelmäßig und insbesondere, wenn Sie sich belastet oder gestresst fühlen: Was brauche ich gerade, damit es mir gut geht? Oft sind es kleine Dinge, wie 5 Minuten die Augen schließen, frische Luft oder ein kurzes Gespräch mit einem wichtigen Menschen, die einem neue Energie und Gelassenheit geben.
3. Bauen Sie Yoga, Meditationen oder Entspannungsübungen in Ihren Alltag ein
Das kann sowohl am Morgen, am Abend oder auch zwischendurch sein, ganz wie es besser in Ihren Tagesablauf passt. Dabei muss es nicht gleich eine ganze Stunde sein. Besser regelmäßig kurze Einheiten, als gar keine. Mithilfe der Übungen lassen sich Stress und negative Emotionen besser verarbeiten.
4. Pflegen Sie Ihre Kontakte
Ein sehr wichtiger Faktor der Psychohygiene ist der Kontakt zu Menschen, die einem wichtig sind. Wenn Sie darüber hinaus noch mit Ihren Vertrauten über Ihre Sorgen und Gefühle reden, kann das sehr entlastend wirken.
5. Bewegen Sie sich täglich an der frischen Luft
Fahren Sie mit dem Rad zur Arbeit oder machen Sie einen ausgedehnten Spaziergang.
Dabei wird Stress abgebaut und Glückshormone werden freigesetzt.
6. Etablieren Sie eine positive Sicht auf die Welt und sich selbst
Jeder von uns erfährt insbesondere in der frühen Kindheit positive wie auch negative Prägungen. So entstehen in uns subjektive Annahmen – so genannte Glaubenssätze – darüber, wie die Welt funktioniert und welche Rolle wir dabei spielen. Negative Glaubenssätze können uns das Leben auch im hohen Erwachsenenalter schwermachen. Nicht selten sorgen sie unbewusst für Leistungsdruck, Unsicherheit oder zwischenmenschliche Konflikte. Finden Sie daher Ihre negativen Glaubenssätze (wie z. B. „Ich bin nicht wichtig“ oder „Ich muss alles alleine schaffen“) und ersetzen Sie diese durch positive Gedanken (wie z. B. „Ich bin wichtig“, „Ich darf Hilfe annehmen“). Wiederholen Sie die positiven Gedanken regelmäßig und ändern Sie auch Ihr Verhalten entsprechend. Bleiben Sie geduldig. Es braucht Zeit, diese festgefahrenen Muster aufzubrechen.
7. Schreiben Sie Ihre Sorgen und Gedanken auf
Besonders abends liegen viele im Bett und wälzen ihre Gedanken. Wer soll so einschlafen können?! Schreiben Sie alles auf, was Sie beschäftigt. Sei es eine to do-Liste für den nächsten Tag oder auch negative Gedanken und Sorgen, die Sie nicht loslassen. Schon beim Schreiben werden Sie vielleicht merken, dass es gar nicht mehr so dramatisch ist, wie befürchtet. Außerdem bekommen Sie den Kopf frei und können das Gedankenkarussell besser beenden.
8. „Drei gute Dinge“
Reflektieren Sie am Abend den Tag und nennen oder notieren drei Dinge, die an diesem Tag gut waren. Was hat Sie gefreut oder überrascht? Was haben Sie besonders genossen? Wofür sind Sie dankbar? Meist sind es keine großen Highlights, sondern die kleinen Dinge, die einen am Abend lächelnd einschlafen lassen.
Dies ist nur eine Auswahl an Möglichkeiten der aktiven Psychohygiene. Was es braucht, damit die Maßnahmen auch spürbare Effekte bringen, sind Regelmäßigkeit und Ausdauer. Von einmal tief einatmen am Morgen wird man sicher keine nachhaltige Veränderung spüren. Vielmehr ist es der regelmäßige achtsame Umgang mit sich selbst, der sich bezahlt macht.
Richtig umgesetzt, sorgt die Psychohygiene für eine höhere Zufriedenheit, ein gesteigertes Selbstbewusstsein und Resilienz. Psychische Gesundheit schützt leider nicht vor Schicksalsschlägen oder Niederlagen, sie sorgt jedoch dafür, dass wir mit diesen deutlich besser umgehen können.