Kurzarbeit und Stellenabbau: Die Rolle des Betriebsrats

 

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Wenn Ihr Arbeitgeber Kurzarbeit einführen will: Das müssen Sie als Betriebsrat wissen

Was müssen Sie im Zusammenhang mit Kurzarbeit wissen und beachten? Wie und wann sind Sie als Betriebsrat zu beteiligen? Und was bringt uns das sogenannte Transformationskurzarbeitergeld?

Begriffsbestimmung und Überblick

Kurzarbeit dient dazu, vorübergehend die vereinbarte Arbeitszeit zu reduzieren. Diese Möglichkeit besteht in Krisensituationen, um Personalkosten zu sparen, die Arbeitsplätze aber zu erhalten. Die Beschäftigten erhalten als Ersatz für das ausgefallene Einkommen von der Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld. Voraussetzung ist ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung. Die Einführung von Kurzarbeit unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Der Arbeitgeber kann sich bei der Einführung von Kurzarbeit nicht auf sein Direktionsrecht berufen. Eine bloße Zustimmung des Betriebsrats zur Einführung von Kurzarbeit genügt ebenfalls nicht.

Ein Sonderfall ist die Kurzarbeit, die bei einer geplanten Massenentlassung nach § 18 KSchG von der Bundesagentur für Arbeit genehmigt werden kann.

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kurzarbeit

Neben dem Unterrichtungsanspruch im Rahmen der Personalplanung nach § 92 BetrVG hat der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht bei der Kurzarbeit erstreckt sich auf die Frage, ob und in welchem Umfang Kurzarbeit eingeführt werden soll und wie die geänderte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu verteilen ist. Das Mitbestimmungsrecht besteht auch bei besonderer Eilbedürftigkeit, denn eine Ausnahme sieht das Gesetz für derartige Fälle nicht vor. Vom Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats angeordnete Kurzarbeit wäre unwirksam und würde keine Kürzung des Entgeltanspruchs bewirken. Einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Einführung oder die Gestaltung der Kurzarbeit, kann der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen (§ 76 BetrVG). Der Arbeitgeber kann also nicht einseitig Kurzarbeit anordnen. Das ihm zustehende Direktionsrecht zur Bestimmung von Lage und Ort der Arbeitsleistung reicht dafür nicht. Vielmehr ist eine Vereinbarung mit dem einzelnen Arbeitnehmer oder dem Betriebsrat bzw. einer Gewerkschaft erforderlich.

Was ist bei Betriebsvereinbarungen zu beachten?

Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss die Rechte und Pflichten klar und deutlich regeln. Die Beschäftigten müssen zuverlässig erkennen können, wer ab wann für wie lange an welchen Arbeitstagen von der Kurzarbeit betroffen ist. Ist die Betriebsvereinbarung unwirksam, besteht ein Anspruch auf volle Lohnzahlung.

Allerdings muss der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft gegenüber dem Arbeitgeber tatsächlich anbieten. Wenn der Arbeitgeber dieses Angebot nicht annimmt, gerät er in sog. Annahmeverzug und muss den Beschäftigten auch ohne Gegenleistung bezahlen. Die ausgefallene Arbeit muss nicht nachgeleistet werden.

Überlegungen zum Transformations-Kurzarbeitergeld

Neben dem regulären Kurzarbeitergeld (Kug) bei wirtschaftlich (konjunkturell) bedingten Krisen und dem Saison-Kug bei saisonbedingtem Arbeitsausfall sowie dem Transfer-Kug (bei dem die betroffenen Beschäftigten den Betrieb verlassen und in eine Transfergesellschaft übergehen) gibt es nunmehr verstärkt Forderungen nach einem Transformations-Kug: Dieses wird im Zusammenhang mit den Herausforderungen des digitalen Wandels diskutiert, nachzulesen z. B. hier. Denn in vielen Betrieben gibt es vehemente Umbauprozesse (Transformationen), die mit Produktionseinbrüchen und drastischen Veränderungen bei etlichen Berufen einhergehen, Stichwort „Arbeit 4,0“. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, fordern insbesondere die Gewerkschaften ein Transformations-Kurzarbeitergeld. Bei diesem sollen Kurzarbeit und Qualifizierung miteinander verbunden und so der Erhalt des Beschäftigungsverhältnisses gesichert werden. Die Finanzierungskosten sollen in voller Höhe von der Bundesagentur für Arbeit getragen werden. Aber all dies ist derzeit noch Zukunftsmusik (dazu Karl-Jürgen Bieback, Universitätsprofessor a. D. für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Hamburg, in der Ausgabe 10/2019 der »Sozialen Sicherheit«.)

Strategische Überlegungen für den Betriebsrat

Kurzarbeit ist manchmal die einzige Möglichkeit, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Dennoch sollten Sie Ihre Zustimmung nur erteilen, wenn Sie von der konkreten Regelung überzeugt sind, insbesondere wenn es um Urlaub und Urlaubsersatzansprüche geht. Denn wer als Arbeitnehmer Urlaub nimmt, erhält sein Arbeitsentgelt ungekürzt weiter, auch bei Kurzarbeit (bezogen auf den gesetzlichen Mindesturlaub)! Und Sie sollten zuvor alternative Möglichkeiten geprüft haben, wie z. B. Abbau von Leiharbeit, Auslaufen von Befristungen, Streichung übertariflicher Lohnbestandteile, Einführung von Arbeitszeitkonten u. a. Sie sollten bereits bei den ersten Anzeichen bzw. bei Ankündigung von Kurzarbeit gut vorbereit sein, Ihren rechtlichen Handlungsrahmen kennen und Ihr strategisches Vorgehen und die zeitliche Taktung gut planen.

Wichtige Hinweise für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung finden Sie auf der Checkliste im Dossier Kurzarbeit des Bund-Verlags – anzufordern z. B. hier)

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