Arbeit und Urlaub gehören untrennbar zusammen. Das beweist schon ein Blick in das Bundesurlaubsgesetz, das jedem*r Arbeitnehmer*in einen gesetzlichen Urlaubsanspruch zuspricht.
Und noch etwas verbindet Arbeits- und Urlaubswelt: Die Streitigkeiten, die während beidem entstehen und schlimmstenfalls sogar vor Gericht landen können, sind hier wie da oft gleichermaßen kurios.
Daher nutzen wir diese Zeit des Jahres, in der die Sommerferien kurz bevorstehen, gerne auch mal, um über den arbeitsrechtlichen Tellerrand hinauszublicken und Euch skurrile Fälle aus der Urlaubswelt vorzustellen.
Insbesondere wer von euch gerade noch in den Urlaubsplanungen steckt und auf ein günstiges All-Inclusive-Schnäppchen hofft, könnte nach der Lektüre unseres heutigen Falls vielleicht ins Grübeln kommen. Denn wenn man nach dem Amtsgericht Viersen geht, das diesen Fall zu entscheiden hatte (Urteil v. 09.04.2013 - Az.: 2 C 446/11), muss man bei einer Reise dieser Art eine einigermaßen fragwürdige Gesellschaft gegebenenfalls in Kauf nehmen...
Der Fall:
Ein Erholungssuchender – der spätere Kläger unseres Falls - buchte für sich und seine Lebensgefährtin eine 18-tägige All-Inclusive-Reise in die Türkei vom 23.05. bis zum 09.06.2011. Der unschlagbare Preis: 521,50 EUR Euro pro Person.
Zwischen den Reisenden ging es allerdings alles andere als harmonisch zu. Statt Erholung gab´s jedenfalls regelmäßig Zoff. Während des Urlaubs stritt sich das Paar mehrmals so lautstark, dass die Hotelleitung sogar die örtliche Polizei hinzurief.
Da die beiden dabei auch wiederholt die Nachtruhe störten und sich andere Hotelgäste beschwerten, wurde das Paar kurzerhand des Hotels verwiesen. Die Reiseleitung brachte die Streitwütigen daraufhin am 01.06. in einem anderen Hotel unter. Oder besser gesagt, sie versuchte es.
Denn auch das ging nicht lange gut...
Wegen eines Vorfalls an der dortigen Poolbar unmittelbar nach dem Ankommen weigerte man sich in dem zweiten Hotel, den Kläger und seine Lebensgefährtin überhaupt aufzunehmen. Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung formulierte die bärbeißige Lebensgefährtin des Klägers dabei hörbar „Scheißland“.
Und so mussten die beiden noch am selben Tag ihre Reise abbrechen und vorzeitig nach Hause fliegen. Sie reisten dafür nach Antalya und mussten auf eigene Kosten den Heimflug organisieren.
Auf den Kosten wollte der streitsüchtige Reiseinitiator aber nicht sitzen bleiben, und forderte daher mit seiner späteren Klage vom Reiseveranstalter eine Rückzahlung für die nicht genutzten Urlaubstage sowie die zusätzlichen Rückreisekosten. Seine Argumentation: Die vorzeitige Beendigung der Reise sei nicht gerechtfertigt gewesen.
Der Reiseveranstalter hielt dem entgegen, dass der Kläger und seine Lebensgefährtin durch ihr Verhalten am Urlaubsort selbst die Ursache für die vorzeitige Beendigung der Reise gesetzt hätten. So seien die beiden permanent vollkommen betrunken gewesen und hätten wiederholt die Nachtruhe anderer Gäste gestört. Auch habe die Lebensgefährtin des Klägers andere Gäste des Hotels beleidigt und das Personal beschimpft. Nach Ankunft in dem zweiten Hotel hätten der Kläger und seine Lebensgefährtin sich sofort an der Poolbar betrunken und dort in unsittlicher Manier Zärtlichkeiten ausgetauscht.
Die Entscheidung:
Das Amtsgericht Viersen gab dem Kläger tatsächlich Recht und verurteilte den Reiseveranstalter zur Erstattung eines Teils des Reisepreises sowie der Kosten für den Rückflug und der Heimreise.
Denn - so meinte das Amtsgericht – selbst wenn man von einer starken Alkoholisierung des Klägers und seiner Lebensgefährtin und großer Lautstärke ihrer Auseinandersetzungen ausginge, sei dies allein für den Reiseveranstalter kein ausreichender Grund zur Kündigung des Reisevertrags gewesen.
Zur Begründung führte das Gericht an, dass bei der gebotenen Abwägung der Umstände des Einzelfalls zunächst auch der Charakter der Reise zu berücksichtigen sei:
„All-Inclusive-Reisen zeichnen sich dadurch aus, dass dem Reisenden für den gezahlten Pauschalpreis vor Ort Speisen und Getränke in unbegrenzter Menge zum Verzehr zur Verfügung stehen. Dies umschließt auch alkoholische Getränke. Trifft eine solche Gestaltung mit einer Reise im unteren Preissegment – und dies dürfte bei einem Reisepreis von 521,50 EUR für eine 18-tägige Reise zweifellos der Fall sein – zusammen, stellt der vermehrte Verzehr alkoholischer Getränke ein geradezu typisches Reiseverhalten dar. Vor diesem Hintergrund sind einzelne typischerweise alkoholbedingte Verfehlungen des Reisenden von dem Reiseveranstalter in einem höheren Maße zu tolerieren, als dies bei anderweitigen Reisegestaltungen der Fall ist.“
Weiter führte das Amtsgericht aus:
„Dass Alkoholgenuss in einem Einzelfall zur hörbaren Eskalation eines Beziehungsstreites führt, hält sich dabei grundsätzlich im Rahmen hinzunehmenden Verhaltens. Anders wäre dies erst zu beurteilen, wenn die Störung anderer Gäste ein besonders drastisches Ausmaß erreichte. Dies kann aber bei einer einzelnen – wenn auch zur Nachtzeit ärgerlichen – rein akustischen Störung nicht angenommen werden. Hierzu hätte es einer weiteren Eskalation, etwa dem Übergreifen der Auseinandersetzung auf andere Gäste bedurft.“
Fazit:
Wer sich hat den Ruf schon ruiniert, reist am besten All-Inclusive – völlig ungeniert!