Die Rollenbilder von Männern und Frauen haben sich über die Jahrhunderte stark verändert. Während Frauen früher fast ausschließlich für Hausarbeit und Kindererziehung verantwortlich waren, sind sie heute fester Bestandteil des Arbeitsmarktes. Dennoch bestehen weiterhin stereotype Vorstellungen darüber, welche Berufe für welches Geschlecht „geeignet“ sind.
Aktuelle Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) aus dem Jahr 2024 zeigen, dass die Berufswahl junger Menschen nach wie vor stark von traditionellen Rollenbildern geprägt ist. So wählen junge Frauen besonders häufig Berufe im kaufmännischen oder sozialen Bereich, während Männer überwiegend in technischen und handwerklichen Berufen vertreten sind.
Die beliebtesten Ausbildungsberufe im Jahr 2024 verdeutlichen dies:
Bei den jungen Frauen ist der Beruf Kauffrau für Büromanagement mit 15.720 neuen Verträgen besonders beliebt. Es folgen die Berufe Zahnmedizinische Fachangestellte mit 15.597 neuen Verträgen und Medizinische Fachangestellte mit 15.432 neuen Verträgen. Diese drei Berufe machen einen erheblichen Anteil der von Frauen gewählten Ausbildungen aus.
Bei den jungen Männern dominiert der Kraftfahrzeugmechatroniker mit 23.652 neuen Verträgen. Darauf folgen der Fachinformatiker mit 15.786 neuen Verträgen und der Elektroniker mit 14.391 neuen Verträgen. Diese Zahlen unterstreichen die Präferenz von Männern für technische Berufe.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) weist darauf hin, dass viele junge Menschen schon früh unbewusst in bestimmte berufliche Richtungen gelenkt werden. Geschlechterspezifische Erwartungen in Familien, Schulen und Medien beeinflussen die Wahrnehmung von Berufsbildern erheblich.
Ein Beispiel: Jungen wird häufiger technisches Verständnis zugeschrieben, während Mädchen als kommunikativ und sozial kompetent gelten. Diese Annahmen spiegeln sich später in der Berufswahl wider. Während Berufe in Pflege, Erziehung und Verwaltung überwiegend von Frauen ergriffen werden, sind technische und IT-Berufe nach wie vor stark männlich dominiert.
Ein weiteres Problem ist die Darstellung von Berufen in Schulmaterialien und der Berufsberatung. Studien zeigen, dass Berufsinformationsmaterialien oft stereotype Bilder enthalten, die die Trennung in „Männer- und Frauenberufe“ weiter verstärken.
Um jungen Menschen eine freiere Berufswahl zu ermöglichen, ist ein geschlechtersensibler Ansatz in der Berufsorientierung notwendig. Die GEW fordert, dass Schulen, Unternehmen und Berufsberatungen stärker darauf achten, dass Jugendliche unabhängig von Geschlechterklischees ihre Interessen und Fähigkeiten entfalten können.
Dazu gehören unter anderem:
Der Arbeitsmarkt steht vor großen Herausforderungen. Der Fachkräftemangel betrifft zahlreiche Branchen – insbesondere jene, die traditionell von Männern dominiert werden, wie das Handwerk, die IT oder das Ingenieurwesen. Gleichzeitig fehlen in sozialen und pflegerischen Berufen, die traditionell eher von Frauen gewählt werden, immer mehr Fachkräfte.
Eine aufgeklärte und vorurteilsfreie Berufsorientierung kann helfen, diesen Fachkräftemangel auszugleichen. Junge Menschen sollten die Möglichkeit haben, ihren Beruf basierend auf ihren Talenten und Interessen zu wählen – und nicht aufgrund überholter Rollenbilder.
Die Veränderung von Geschlechterrollen in der Arbeitswelt erfordert ein gemeinsames Umdenken in Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft. Nur so kann eine moderne, gleichberechtigte Arbeitswelt entstehen, in der alle unabhängig von ihrem Geschlecht die gleichen Chancen haben.
Die aktuellen Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung einer geschlechtersensiblen Berufsorientierung, um jungen Menschen ein breiteres Spektrum an Berufsmöglichkeiten zu eröffnen und traditionelle Rollenbilder zu überwinden.