Studie zum Betrieblichen Gesundheitsschutz: Spürbare Fortschritte, aber oft Defizite bei der Beteiligung von Beschäftigten

Dr. Elke Ahlers und Valeria Quispe Villalobos vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung haben anhand von Daten aus der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 2021 untersucht, inwieweit Unternehmen der Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmer*innen nachkommen. Risiken für die psychische und physische Gesundheit zu übernehmen.

Mangelhafte Arbeitsbedingungen stellen nämlich ein erhebliches Risiko für die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar. Unternehmen können einen entscheidenden Beitrag leisten, indem sie für gesundheitsförderliche Arbeitsverhältnisse sorgen.

An dieser Befragung haben sich über 3.700 Vertretungen der Beschäftigten beteiligt.

Laut der Studie haben sich Management und Interessenvertretungen in vielen Betrieben mit Mitbestimmung zuletzt verstärkt mit Gesundheitsfragen auseinandergesetzt, insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie. Im Jahr 2021 boten fast drei Viertel der Betriebe betriebliche Gesundheitsförderung an – im Jahr 2015 waren es noch etwas mehr als die Hälfte.

In vielen Unternehmen werden Instrumente des betrieblichen Gesundheitsmanagements, wie Gefährdungsbeurteilungen, vermehrt eingesetzt, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.

Trotz dieser Maßnahmen gibt es jedoch weiterhin Herausforderungen, insbesondere im Umgang mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Die Erfassung dieser Belastungen und die konkrete Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen stellen Probleme dar. Oftmals fehlt es an effektiven Maßnahmen und an der Einbindung der Mitarbeitenden in den Lösungsprozess.

Besonders besorgniserregend ist die Situation in Betrieben ohne Betriebsrat, wo das Engagement für den Gesundheitsschutz geringer ist. Es ist daher notwendig, nicht nur die bestehenden Gesundheitsmanagement-Instrumente zu optimieren, sondern auch die Beteiligung der Beschäftigten zu fördern, um die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz nachhaltig zu verbessern.

Durch die Coronakrise ist der Arbeitsschutz verstärkt in den Fokus der betrieblichen Interessenvertretung gerückt, so Ahlers und Quispe Villalobos. Während zuvor vor allem Überstunden, Arbeitsintensivierung und Zeitdruck im Fokus standen, beschäftigten sich 2021 89 % der Befragten mit den Auswirkungen von Corona auf den Betriebsablauf, 86,1 % mit Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung, sowie 80,5 % mit mobiler Arbeit und Homeoffice. Damit wurden diese Bereiche zu zentralen Anliegen der Betriebs- und Personalräte aufgrund der Pandemie.

Laut einer 2021er Auswertung bieten 73,5 % der mitbestimmten Betriebe betriebliche Gesundheitsförderung an, von Stressbewältigungs- bis zu Ernährungskursen.

Die Akzeptanz steigt mit der Firmengröße und hat sich seit 2015 deutlich erhöht (damals 50,4 %). Betriebe mit Betriebsrat zeigen generell mehr Engagement für die Gesundheit der Beschäftigten, was darauf hinweisen könnte, dass die tatsächliche Quote in Unternehmen ohne Mitbestimmung niedriger liegt.
Ahlers und Quispe Villalobos begrüßen den verstärkten Einsatz des betrieblichen Gesundheitsmanagements, kritisieren jedoch Schwachstellen. Besonders kleine Betriebe hinken hinterher. Der Nutzen ist begrenzt, wenn die Gefährdungsbeurteilung nicht konsequent umgesetzt wird. Die aktive Einbindung der Beschäftigten in betriebliche Maßnahmen ist ausbaufähig, obwohl gesunde und zufriedene Mitarbeiter*innen besonders in Zeiten von Arbeitskräfteengpässen entscheidend sind.

Angesichts von Entgrenzung und Verdichtung von Arbeit durch neue Techniken und häufig zu geringe Personaldecken gibt es auch Initiativen, über stärkere gesetzliche Mitbestimmungsrechte den Gesundheitsschutz zu stärken. So sieht ein Entwurf für ein zeitgemäßes Betriebsverfassungsgesetz etwa vor, dass die Personalplanung in Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmer*innen und Arbeitnehmern der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt. Rechtsexpert*innen aus den DGB-Gewerkschaften, der Hans-Böckler-Stiftung sowie Jura-Professor*innen von den Universitäten Göttingen und Bremen haben das Reformkonzept im vergangenen Jahr vorgelegt.

Die ausführliche Pressemitteilung der Böckler Stiftung finden Sie zum nachlesen hier.

Das Reformkonzept finden Sie hier.