VI. Veröffentlichung von Videoaufnahmen

 

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Nach § 22 KUG (Kunsturhebergesetz) dürfen Bildnisse von Arbeitnehmern nur mit ihrer Einwilligung veröffentlicht werden. Diese muss schriftlich erfolgen. Eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers erlischt nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie kann aber widerrufen werden, wenn dafür ein plausibler Grund angegeben wird.

In § 22 KUG heißt es: "Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten."

BAG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 8 AZR 1011/13 -

Der Fall:

Der Kläger ist seit Sommer 2007 bei der Beklagten, die ein Unternehmen für Klima- und Kältetechnik mit etwa 30 Arbeitnehmern betreibt beschäftigt. Im Herbst 2008 erklärte der Kläger schriftlich seine Einwilligung, dass die Beklagte von ihm als Teil der Belegschaft Filmaufnahmen macht und diese für ihre Öffentlichkeitsarbeit verwendet und ausstrahlt. Danach ließ die Beklagte einen Werbefilm herstellen, in dem zweimal die Person des Klägers erkennbar abgebildet wird. Das Video konnte von der Internet-Homepage der Beklagten aus eingesehen werden. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete im September 2011. Im November 2011 erklärte der Kläger den Widerruf seiner "möglicherweise" erteilten Einwilligung und forderte die Beklagte auf, das Video binnen 10 Tagen aus dem Netz zu nehmen. Dem folgte die Beklagte - unter Vorbehalt - Ende Januar 2012. Der Kläger verlangt die Unterlassung weiterer Veröffentlichung und Schmerzensgeld.

Die Lösung:

Die Klage hatte weder beim LAG noch beim BAG Erfolg.

  • Unterstellt, die Abbildungen vom Kläger in dem Video bedurften seiner Einwilligung nach § 22 KUG, so lag diese vor.
     
  • Auch das Erfordernis einer schriftlichen Einwilligung, das sich aus dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung ergibt, war erfüllt.
     
  • Seine ohne Einschränkungen gegebene schriftliche Zustimmung erlosch nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Ein späterer Widerruf war grundsätzlich möglich. Jedoch hat der Kläger für diese gegenläufige Ausübung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung keinen plausiblen Grund angegeben. Er kann daher eine weitere Veröffentlichung nicht untersagen lassen und wird durch diese in seinem Persönlichkeitsrecht nicht verletzt.

Hinweis für die Praxis:

Hätte der Kläger "vernünftige Gründe" gehabt bzw. vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass er ein berechtigtes Interesse hat, auf dem Werbevideo nicht weiter zu erkennen zu sein, hätte er Anspruch auf Unterlassung der weiteren Veröffentlichung der Videoaufnahmen gehabt. Solche Gründe (etwa neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen (Konkurrenz-)Arbeitgeber mit Kundenkontakt) lagen aber offensichtlich nicht vor.
Wichtig ist, dass Arbeitgeber sich vor der Veröffentlichung von Bildern und Videos, auf denen Mitarbeiter zu erkennen sind, die schriftliche Einwilligung der Mitarbeiter zur Veröffentlichung geben lassen. Zudem dürfte das Filmen und Fotografieren von Mitarbeitern im Betrieb während der Arbeitszeit auch der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats (§ 87 Absatz 1 Nr. 1 und gegebenenfalls Nr. 6 BetrVG) bedürfen.