Drohung mit Selbstmord kann fristlose Kündigung rechtfertigen

 

730x300 - Mann mit Glatze liegt auf dem Schreibtisch

Droht ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber mit Gefahren für Leib oder Leben, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt ebenso für eine Selbstmorddrohung, mit der ein Arbeitnehmer die Herbeiführung eines bestimmten Ziels bezweckt und dazu Druck auf den Arbeitgeber ausüben will. Auch wenn die Drohungen während eines bEM-Verfahrens getätigt werden, dürfen sie verwertet werden.

Der Fall:

Der Kläger war seit Juni 1992 beim beklagten Land als Straßenwärter beschäftigt. In der Vergangenheit war er über längere Zeiträume arbeitsunfähig erkrankt und ist mittlerweile einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Im Sommer 2013 erfolgte mit Zustimmung des Klägers ein bEM-Verfahren. Innerhalb dieses Verfahrens machte der Kläger Äußerungen, die von den anderen Teilnehmern als Drohung mit Selbstmord und Amok verstanden wurden. Die herbeigerufene Polizei brachte den Kläger mit seinem Einverständnis in die psychiatrische Ambulanz eines Klinikums. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos. Dagegen klagt der Kläger.

Die Lösung:

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen, das LAG gab ihr statt. Das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen.

Die Kernaussagen der Entscheidung des BAG lauten:

  • Die ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers, von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.
     
  • Gleiches gilt für eine Drohung mit einem Selbstmord.
     
  • Eine ernstliche Drohung liegt vor, wenn die Äußerung nach ihrem sorgfältig zu ermittelnden Erklärungsgehalt objektiv geeignet ist, bei einem "normal" empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken, und der Wille des Drohenden darauf gerichtet ist, dass der Adressat die Drohung ernst nimmt. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will.
     
  • Hat der Arbeitnehmer Drohungen bei der Durchführung eines bEM ausgesprochen, schließt dies die Verwertung der betreffenden Erkenntnisse im Kündigungsschutzprozess nicht aus.

Ob die dem Kläger vorgeworfenen Drohungen als ernstlich zu beurteilen sind, bedarf der weiteren Sachaufklärung durch das LAG wie auch die abschließende Interessenabwägung.

Hinweis für die Praxis:

Auch die ernsthafte Drohung, sich selbst zu töten, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Maßnahme ergreift, kann möglicherweise eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies gilt selbst dann, wenn die Äußerung im Rahmen eines bEM-Verfahrens erfolgt.