Von: Denise Rietig M.A., Fachbereich Kommunikation im Poko Institut
2022 machte der Begriff „Quiet Quitting“ medial die Runde. Bei dieser „stillen Kündigung“ erledigen Beschäftigte nur noch das Nötigste und schrauben so die eigene Arbeitsleistung auf ein Minimum herunter. Überstunden, Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit und zusätzliche Aufgaben oder Projekte sind absolut tabu. „Quiet Firing“ dagegen steht für „stilles Feuern“, also eine stille Arbeitgeberkündigung. Dabei kündigen Führungskräfte nicht offiziell und formal, sondern versuchen Mitarbeitenden, die sie loswerden möchten, ihren Job so unliebsam zu machen, dass sie das Arbeitsverhältnis von sich aus beenden.
Da das Muster dieses passiv-aggressiven Verhaltens oft sehr subtil ist, wird nicht sofort deutlich, ob Unternehmen bestimmte Beschäftigte tatsächlich „loswerden“ wollen. Kommen jedoch mehrere der folgenden Warnsignale zusammen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Arbeitnehmende leise gefeuert werden:
Keine Gehaltssteigerung
Beschäftigte haben seit längerem (mehr als zwei Jahre) keine Gehaltserhöhung erhalten.
Fehlendes Feedback und Verweigerung von Wertschätzung
Führungskräfte verweigern sinnvolles Feedback und Mitarbeitergespräche über Ziele, Erwartungen und Arbeitsinhalte. Weiterbildungswünsche werden stets abgelehnt und den Mitarbeitenden werden Aufstiegs- und Karrierechancen innerhalb des Unternehmens verwehrt.
Ignorieren
Gesprächstermine werden fortlaufend verschoben oder kurzfristig abgesagt. Auch E-Mails oder Anrufe werden von Führungskräften ignoriert und bleiben unbeantwortet. Zu wichtigen Meetings und Teamtreffen werden die Betroffenen nicht eingeladen. Vorschläge und eigene Ideen werden konsequent ignoriert.
Sinnlose Beschäftigung
Mitarbeitende werden nur mit „busy work“, also unwichtigen, zeitintensiven Aufgaben beschäftigt und haben kaum Möglichkeiten, sich in prestigeträchtigen Projekten zu beweisen. Insgesamt wird die Arbeitsbelastung immer geringer und die Betroffenen werden gezielt unterfordert.
Ein möglicher Grund für Arbeitgeber, statt einer formalen Kündigung den passiv-aggressiven Ansatz des Quiet Firing zu nutzen, ist das Umgehen des Kündigungsschutzgesetzes. So können Unternehmen schwer kündbare Mitarbeiter auch ohne treffenden Kündigungsgrund loswerden und sparen außerdem mögliche Abfindungszahlungen. Oft ist aber auch der dahinterstehende Mensch das Problem. Sind Führungskräfte konfliktscheu, können sie den passiven Weg des Quiet Firing wählen und so eine direkte Konfrontation mit dem Arbeitnehmenden vermeiden.
Das Herausfordernde am Quiet Firing ist die Tatsache, dass dieses Führungsverhalten oft gar nicht transparent wird. Vieles spielt sich im Verborgenen ab, beziehungsweise ist bewusste Passivität. Wer sich betroffen glaubt, sollte sich zunächst, an Kolleg*innen oder den Betriebsrat wenden, um zu klären, ob es anderen im Unternehmen ähnlich geht. Wenn eine größere Gruppe feststellt, dass sich Führungskräfte seltsam distanziert verhalten, kann es schlicht und ergreifend an einer toxischen Arbeitskultur liegen. Dann ist es nicht unbedingt Quiet Firing. Sollte sich der Verdacht jedoch erhärten, ist es ratsam, alles zu dokumentieren, was auf Quite Firing und auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Teammitgliedern hinweisen könnte und sich beim Arbeitgeber oder beim Betriebsrat zu beschweren. In einem persönlichen Gespräch sollten die gesammelten Punkte angesprochen werden. Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, ist es hilfreich, vom Betroffenen zum Handelnden zu werden und sich aktiv mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der aktuelle Arbeitsplatz wirklich noch der richtige ist oder ob es an der Zeit ist, sich zu verändern. Eine Kündigung sollte jedoch nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Stattdessen sollte man seinen Betriebsrat zu Rate ziehen, über einen Aufhebungsvertrag sprechen und versuchen eine vernünftige Abfindung auszuhandeln.
Was Sie als Betriebsrat über Aufhebungsverträge wissen müssen, erfahren Sie in unseren Seminaren „Arbeitsrecht II – Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Wie Sie betroffene Kolleg*innen bei Verhandlungen unterstützen und auf Konfliktgespräche vorbereiten können, thematisieren u.a. die Seminare „Konfliktmanagement I“ und „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz I“.