Betriebsratstätigkeit und Arbeitszeit: Welche Regeln gelten?

 

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Grundsätzlich sieht das Betriebsverfassungsgesetz die Betriebsratsarbeit als Arbeitszeit an. Auch wird die Tätigkeit im Betriebsrat weiterhin vergütet wie die normale Arbeitstätigkeit. Was ist aber, wenn ein Mitglied des Betriebsrats außerhalb der normalen Arbeitszeiten im Auftrag des Betriebsrats arbeiten muss?

Arbeitszeit des Betriebsrats nach Betriebsverfassungsgesetz

Betriebsratsarbeit ist eine ehrenamtliche Tätigkeit (§ 37 Absatz 1 BetrVG) und keine fremdbestimmte Arbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Betriebsratsarbeit findet grundsätzlich in der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds statt (§ 37 Absatz 2 BetrVG). Ist dies aus betrieblichen Gründen - etwa wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder - nicht möglich, hat das Betriebsratsmitglied für Betriebsratsarbeit außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts (§ 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG). Die Festlegung, dass die Betriebsratsarbeit ehrenamtlich sei, ist besonders in der Frage zur Vergütung zu betrachten: Bei Überstunden für den Betriebsrat kann keine zusätzliche Bezahlung geltend gemacht werden.

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Arbeitszeitgesetz und Betriebsratstätigkeit

In Teilen gilt das Arbeitszeitgesetz auch für die Betriebsarbeit, zumindest wenn es darum geht, die Arbeitnehmer*innen vor Überlastung zu schützen. Das bedeutet beispielsweise: Ein Betriebsratsmitglied, das zwischen zwei Nachtschichten außerhalb der Arbeitszeit an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, ist berechtigt, die Arbeit in der vorherigen Nachtschicht vor dem Ende der Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden am Tag gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist. So besagte es ein Urteil zu einem Fall, der dem Bundesarbeitsgericht (BAG) 2017 vorlag (BAG 2017, 7 AZR 224/15).

In seiner richtungweisenden Entscheidung vom 18. Januar 2017 (Aktenzeichen 7 AZR 224/15) hat das Bundesarbeitsgericht erstmalig die Möglichkeit angedeutet, dass die Zeiten der Betriebsratsarbeit unter bestimmten Umständen als reguläre Arbeitszeit angesehen werden könnten. Obwohl das Gericht keine abschließende Regelung in dieser Hinsicht getroffen hat, fiel ein Urteil zugunsten eines Betriebsratsmitglieds aus. Dieses Urteil besagte, dass das Mitglied berechtigt war, seine normale Nachtschicht, die normalerweise um 6:00 Uhr endet, bereits um 2:30 Uhr zu verlassen. Der Grund dafür war, dass das Betriebsratsmitglied am selben Tag an einer Betriebsratssitzung von 13:00 bis 15:30 Uhr teilnehmen wollte.

Das Gericht berücksichtigte, dass dem Betriebsratsmitglied gemäß § 5 des Arbeitszeitgesetzes ein Anspruch auf eine elfstündige Ruhezeit zusteht. Dies begründete das Gericht mit der Feststellung, dass die Belastungen durch die Betriebsratsarbeit mit denen der regulären Arbeit vergleichbar seien. Daraus folgte, dass der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied so behandeln musste, als hätte es seine Nachtschicht regulär beendet und zusätzlich an der Betriebsratssitzung teilgenommen. Konkret bedeutete dies, dass dem Betriebsratsmitglied für diese Zeit die reguläre Arbeitszeit angerechnet und entsprechend auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden musste.

Diese Entscheidung des BAG stellt einen wichtigen Präzedenzfall dar, der die Anerkennung der Betriebsratsarbeit als gleichwertig zur regulären Arbeitszeit unterstreicht und damit die Rechte von Betriebsratsmitgliedern stärkt. Sie zeigt die Bereitschaft des Gerichts, flexible Lösungen im Sinne der Arbeitnehmervertretung zu finden, und betont die Bedeutung der Betriebsratsarbeit im Rahmen der Arbeitswelt.

Betriebsrat und Arbeitszeit: Hinweise für die Praxis

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 7. Juni 1989 (7 AZR 500/88) entschieden, dass ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung hat, wenn es wegen der Teilnahme an einer Betriebsratssitzung außerhalb seiner regulären Arbeitszeit nicht möglich oder zumutbar ist, die angrenzenden Arbeitszeiten einzuhalten. Das basiert auf § 37 Absatz 2 BetrVG.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen ging in einem Beschluss vom 20. April 2015 (12 TaBV 76/14) noch weiter. Es stellte fest, dass es für ein Betriebsratsmitglied unzumutbar ist, die reguläre Arbeit zu leisten, wenn durch die Hinzurechnung der Betriebsratsarbeit die tägliche Höchstarbeitszeit überschritten wird, auch wenn Betriebsratsarbeit nicht als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gilt.

Bei der Frage, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen eine "Teilschicht" aus betrieblichen Gründen nicht möglich oder nicht sachgerecht ist, bleibt offen, ob ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf Arbeitsbefreiung für beide Schichten hat, wenn zwischen diesen Schichten eine Betriebsratssitzung stattfindet. Dies würde zusätzlich die Frage aufwerfen, ob das Mitglied dann auch Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung und Freizeitausgleich für die Zeit der Betriebsratstätigkeit hat.

Dazu ein weiteres Beispiel: Betriebsratsmitglied A nimmt am 03.02.2017 an einer von 9 bis 13 Uhr (4 Stunden) stattfindenden Betriebsratssitzung teil. Seine reguläre Arbeitszeit beginnt am 03.02.2017 um 14 Uhr (Spätschicht bis 22 Uhr = 7,5 Stunden Arbeitszeit). Die gemäß § 3 ArbZG maximal zulässige Arbeitszeit pro Kalendertag beträgt 10 Stunden. Wenn man den Grundgedanken des § 3 ArbZG für die Frage der Zumutbarkeit zugrunde legt, dürfte A die Spätschicht 1,5 Stunden vorher, also um 20:30 Uhr beenden.

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