Sozialplan: Abfindung, wenn Arbeitnehmende freiwillig gehen

 

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Im Sozialplan geregelte Abfindungen dienen dazu, wirtschaftliche Nachteile für Arbeitnehmende bei größeren Betriebsänderungen abzufedern. Dies gilt insbesondere, wenn Stellen wegfallen. Doch erhalten Mitarbeiter*innen auch dann eine Abfindung, wenn sie das Unternehmen freiwillig verlassen? Diese Frage ist besonders relevant bei Eigenkündigungen oder beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags im Rahmen einer Restrukturierung. Der folgende Beitrag erläutert, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer*innen trotz freiwilligem Austritt Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan haben – und wann sie davon ausgeschlossen sind.

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Seminar: Sozialplan und Interessenausgleich bei Betriebsänderungen

 

Das Wichtigste in Kürze: Sozialplan-Abfindung bei freiwilligem Austritt

  • Sozialplan-Abfindungen gleichen wirtschaftliche Nachteile bei Betriebsänderungen aus – meist bei Kündigungen.
  • Ein freiwilliger Austritt (z. B. durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag) schließt eine Abfindung grundsätzlich aus – es sei denn, der Austritt wurde vom Arbeitgeber veranlasst.
  • Sachlich gerechtfertigte Ausschlüsse liegen z. B. bei Eigeninitiative, gesicherter Anschlussbeschäftigung oder Doppelleistungen vor.
  • Eine Stichtagsregelung kann klar regeln, ab wann freiwillige Austritte als arbeitgeberseitig veranlasst gelten.
  • Der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BetrVG) schützt Arbeitnehmer*innen vor ungerechtfertigtem Ausschluss vom Sozialplan.

Sozialplan: Abfindung als Ausgleich bei Betriebsänderungen

Kommt es zu einer größeren Betriebsänderung – etwa einer Betriebsschließung, Standortverlagerung oder einem erheblichen Stellenabbau –, schreibt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat einen Sozialplan aushandeln. In diesem Sozialplan wird schriftlich festgehalten, wie die wirtschaftlichen Nachteile für die von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeitenden ausgeglichen oder gemildert werden sollen (§ 112 BetrVG). Häufig beinhaltet ein Sozialplan insbesondere Abfindungszahlungen, um den Verlust des Arbeitsplatzes finanziell abzufedern.

Diese Abfindungen stehen normalerweise jenen Arbeitnehmer*innen zu, deren Arbeitsverhältnis infolge der Betriebsänderung vom Arbeitgeber gekündigt wird. Anders ausgedrückt: Der Sozialplan kommt vor allem entlassenen Beschäftigten zugute, um ihre finanziellen Einbußen abzumildern.

Freiwilliger Austritt im Sozialplan: Eigenkündigung und Aufhebungsvertrag

Betriebsrat und Arbeitgeber können im Sozialplan festlegen, welche Gruppen von Arbeitnehmenden Abfindungen erhalten. Ein häufiger Streitpunkt ist dabei die Behandlung freiwilliger Austritte: Bekommen Arbeitnehmer eine Abfindung, wenn sie von sich aus kündigen (Eigenkündigung) oder einen Aufhebungsvertrag schließen?

Die Praxis zeigt, dass viele Sozialpläne in solchen Fällen einen Ausschluss vorsehen. Das heißt, wer selbst kündigt oder einem Aufhebungsvertrag zustimmt, hat grundsätzlich keinen Anspruch auf die im Sozialplan geregelte Abfindung. Diese Vorgehensweise ist rechtlich zulässig, solange sie sachlich gerechtfertigt ist.

Seminar: Interessenausgleich und Sozialplan in der Insolvenz

 

Ausschluss von Abfindungszahlungen

Sachlich gerechtfertigt ist ein Ausschluss zum Beispiel in folgenden Fällen:

  • Vermeidung von Doppelleistungen: Wenn ein Unternehmen bereits eine freiwillige Abfindung außerhalb des Sozialplans anbietet (z. B. im Rahmen eines individuellen Aufhebungsvertrags), kann ein zusätzlicher Anspruch aus dem Sozialplan ausgeschlossen werden.
  • Eigeninitiative: Mitarbeitende, die ohne konkreten Anlass durch den Arbeitgeber kündigen – etwa wegen eines attraktiveren Jobangebots –, gelten als nicht von der Betriebsänderung betroffen und können deshalb von Sozialplanleistungen ausgeschlossen werden.
  • Kurzfristiger Austritt vor Sozialplanabschluss: Wer das Unternehmen verlässt, bevor überhaupt ein Sozialplan vereinbart wurde, kann aus praktischen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden. Der Ausschluss solcher Fälle ist meist über eine Stichtagsklausel geregelt.
  • Vermeidung von Missbrauch: Wenn durch den freiwilligen Austritt kein echter wirtschaftlicher Nachteil eintritt – etwa bei rentennahen Jahrgängen oder bei internen Versetzungen –, kann dies ein sachlicher Grund für den Ausschluss sein.
  • Bereits gesicherte Anschlussbeschäftigung: Wird eine Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb des Unternehmens angeboten und angenommen, entfällt der Zweck der Abfindung als Ausgleich für Arbeitsplatzverlust.

Solche Differenzierungen sind laut Rechtsprechung zulässig, solange sie nachvollziehbar und mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind.

Arbeitgeberveranlassung: Gleichbehandlungsgrundsatz bei freiwilligem Austritt

Ist der vermeintlich freiwillige Austritt in Wahrheit vom Arbeitgeber initiiert (sogenannte Arbeitgeberveranlassung), dürfen betroffene Mitarbeiter*innen beim Sozialplan nicht schlechter gestellt werden als vergleichbare gekündigte Kolleg*innen. Hier greift der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BetrVG).

Hat der Arbeitgeber Arbeitnehmer*innen faktisch dazu gebracht, durch Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag auszuscheiden, muss diese Person so behandelt werden, als wäre sie betriebsbedingt gekündigt worden. Infolgedessen besteht auch Anspruch auf die Abfindung.

Seminar: Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan

 

Wann liegt eine arbeitgeberseitige Veranlassung vor?

Ob eine Arbeitgeberveranlassung vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Folgende Beispiele verdeutlichen die Abgrenzung:

  • Klar arbeitgeberseitig veranlasst: Der Arbeitgeber droht der oder dem Mitarbeiter*in offen mit einer betriebsbedingten Kündigung, falls diese*r den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet. In diesem Fall ist der Austritt nicht wirklich freiwillig.
  • Ebenfalls veranlasst: Der Arbeitgeber weist den oder die Mitarbeiter*in ausdrücklich darauf hin, dass die Stelle in Kürze wegfallen werde, und drängt auf einen Aufhebungsvertrag. Auch hier geht die Initiative eindeutig vom Arbeitgeber aus.
  • Keine Veranlassung: Der Arbeitgeber äußert lediglich allgemeine Sorgen über die unsichere Auftragslage und empfiehlt dem oder der Mitarbeiter*in vage, sich anderweitig umzusehen. Solche Andeutungen reichen nicht aus, um eine Arbeitgeberveranlassung im rechtlichen Sinne anzunehmen.

Entscheidend ist stets, ob der Impuls zum Ausscheiden nachweislich vom Arbeitgeber ausging – nur dann besteht Anspruch auf eine Sozialplan-Abfindung trotz freiwilligem Austritt.

Abfindung: Stichtagsregelung im Sozialplan

Um Streitigkeiten zu vermeiden, enthalten viele Sozialpläne eine Stichtagsregelung. Sie legt fest, dass Arbeitnehmer*innen, die vor einem bestimmten Datum im Zusammenhang mit der Betriebsänderung selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag schließen, keinen Anspruch auf Sozialplan-Leistungen haben. Solche Austritte gelten als freiwillig. Wer nach dem Stichtag ausscheidet, wird hingegen als arbeitgeberseitig veranlasst behandelt und erhält in der Regel eine Sozialplan-Abfindung.

Diese Klauseln sind laut Bundesarbeitsgericht zulässig, wenn der Stichtag sachlich begründet ist – z. B. durch das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen oder die Bekanntgabe der Stilllegung. Allerdings können starre Regelungen zu Härten führen. Arbeitgeber und Betriebsrat sollten deshalb sorgfältig prüfen, wie eine faire und rechtssichere Lösung gestaltet werden kann.

Sozialplan und Abfindung – wie Poko Sie unterstützt

Die Themen Sozialplan und Abfindung sind für Arbeitgeber, Arbeitnehmer*innen und Betriebsräte oft mit Unsicherheiten und komplexen Entscheidungen verbunden – besonders dann, wenn freiwillige Austritte im Raum stehen. Wer die rechtlichen Rahmenbedingungen, Gestaltungsmöglichkeiten und Fallstricke kennt, kann tragfähige und faire Lösungen mitgestalten.

Poko bietet Ihnen hierzu praxisnahe Unterstützung: In unseren Seminaren an unseren Poko-Standorten, Webinaren für Betriebsräte und Inhouse-Schulungen vermitteln wir fundiertes Wissen rund um Betriebsänderungen, Sozialpläne und Abfindungsregelungen. Sie erfahren, wie rechtssichere Sozialplanregelungen aufgestellt, verhandelt und in der Praxis umgesetzt werden – auch im Hinblick auf freiwillige Austritte, Stichtagsregelungen und Gleichbehandlung.

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