In den letzten zehn Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten im Bereich der Überwachungstechnik in erheblichem Maße ausgeweitet. Die Allgegenwärtigkeit des Internets, die enorme Verbreitung von Smartphones mit winzigen, zugleich aber leistungsstarken Kameras, die umfassende Vernetzung sowie die permanente Verfügbarkeit aller gewünschten Informationen in der Cloud seien hier lediglich stichpunktartig genannt. In Anbetracht dessen ist es keine Überraschung, dass die damit in Zusammenhang stehenden Themen auch in der Öffentlichkeit immer stärker diskutiert werden. Hier sei nicht nur an den sogenannten NSA-Skandal erinnert, sondern auch an die zahlreichen, teilweise spektakulären Fälle von Überwachungsmaßnahmen im Arbeitsleben, beispielsweise im Einzelhandel, über die in den Medien intensiv berichtet worden ist.
Es liegt in der Natur der Sache, dass mit dem teilweise enormen Fortschritt der technischen Möglichkeiten - leider - auch Missbrauch einhergeht. Ungeachtet dessen bieten die technischen Errungenschaften Arbeitgebern natürlich auch zahlreiche Möglichkeiten, die neuen Techniken legal und gewinnbringend einsetzen zu können. Denn naturgemäß haben Arbeitgeber regelmäßig unter anderem ein erhebliches Interesse daran kontrollieren bzw. überwachen zu können, was in ihren Unternehmen vorgeht und ob, wie, wie lange und/oder wie gut die Mitarbeiter arbeiten.
An dieser Stelle soll es ausschließlich um die legalen Möglichkeiten des Einsatzes von Überwachungstechnik gehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich daher regelmäßig die Frage, welche Rechte Betriebsräte bei der Einführung bzw. Durchführung von - jedenfalls grundsätzlich rechtlich zulässigen - Überwachungsmaßnahmen haben.
Als Betriebsrat verfügen Sie nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) über keine speziellen Mitbestimmungsrechte bei Maßnahmen des Arbeitgebers im Rahmen der Mitarbeiterkontrolle.
Allerdings sind vom Arbeitgeber die allgemeinen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts und Ihre sich daraus ergebenden Mitbestimmungsrechte zu beachten, die auch bei der Kontrolle von Arbeitnehmern Anwendung finden.
In diesem Zusammenhang sind insbesondere vier Vorschriften zu nennen, die solche Mitbestimmungsrechte enthalten:
Allgemeiner Auskunftsanspruch gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG
Der Betriebsrat verfügt über den sog. allgemeinen Auskunftsanspruch gemäß § 80 Abs. 2 BetrVG. Plant Ihr Arbeitgeber, im Betrieb eine Maßnahme zur Mitarbeiterkontrolle einzuführen, ist er verpflichtet, Ihnen rechtzeitig und umfassend Auskunft über die Maßnahme zu erteilen. Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen auf Verlangen die dafür erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Als Beispiel für eine solche Kontrollmaßnahme sei hier die Speicherung von Krankheitsdaten der Mitarbeiter durch den Arbeitgeber genannt. Im Rahmen des § 80 Abs. 2 BetrVG geht es also nur um die Frage des Auskunftsanspruchs des Betriebsrats, nicht aber darum, dass Sie auf die Kontrollmaßnahme unmittelbaren Einfluss nehmen können.
Allgemeines Kontrollrecht gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG
Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wachen Sie als Betriebsrat unter anderem über die Durchführung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. In diesem Rahmen stehen Ihnen eigene Kontrollrechte zu.
Beispiel: Der Betriebsrat erhält von einem Arbeitnehmer den Hinweis, im Umkleideraum befinde sich plötzlich eine winzige Kamera in der Deckenverkleidung. Der Betriebsrat ist berechtigt, einem solchen Hinweis nachzugehen und den Umkleideraum auf das Vorhandensein einer Kamera zu kontrollieren.
Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Arbeitnehmerverhalten und betriebliche Ordnung)
Als Betriebsrat steht Ihnen im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb zu.
Beispiel: Der Arbeitgeber möchte Torkontrollen einschließlich Taschenkontrollen einführen, um Diebstähle von Arbeitsmaterialien aufzudecken bzw. zu verhindern.
In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber die Kontrollmaßnahme nicht einfach selbständig einführen, sondern muss entweder mit Ihnen eine Einigung über das Thema erzielen oder – sofern eine Einigung nicht zu Stande kommt – die Einigungsstelle anrufen §§ 76 Abs. 5, 87 Abs. 2 BetrVG.
Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Technische Überwachung)
Das entsprechende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats muss der Arbeitgeber auch bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen beachten, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Das Gesetz bezieht sich dem Wortlaut nach zwar „nur“ auf solche technischen Einrichtungen, die zur Überwachung bestimmt sind. Die Rechtsprechung hat den Anwendungsbereich der Vorschrift aber insoweit deutlich ausgeweitet, dass die bloße – auch nur theoretische – Geeignetheit einer Maßnahme zur Überwachung bereits das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 BetrVG auslöst.
Beispiel: Der Arbeitgeber möchte den Betriebsparkplatz mit einer Kamera überwachen, um Vandalismus an den Dienstfahrzeugen zu vermeiden bzw. aufzuklären.
In dem vorgenannten Beispiel erfasst eine solche Kamera auf dem Parkplatz regelmäßig auch die Ankunft auf dem Betriebsgelände sowie dessen Verlassen seitens der Mitarbeiter, so dass der Arbeitgeber – als Nebeneffekt der Kameraüberwachung – zugleich Rückschlüsse auf die Arbeitszeiten der Mitarbeiter ziehen kann. Obwohl dies nicht die eigentliche Intention des Arbeitgebers beim Anbringen der Parkplatzkamera ist, benötigt dieser dafür eine Einigung mit dem Betriebsrat oder – soweit eine Einigung nicht gelingt – einen entsprechenden Spruch der Einigungsstelle.