Wo Menschen zusammenarbeiten, interagieren sie. Aber was ist noch angemessen und wann liegt eine unangemessene Grenzüberschreitung vor? Manchmal liegt es auf der Hand, wie etwa bei „Catcalling“, abfälligen Bemerkungen über Aussehen, oder körperliche Berührungen. Oftmals aber auch nicht bzw. dem oder der Betroffenen wird erst im Nachgang klar, dass es sich um übergriffiges, nicht tolerierbares Verhalten handelt.
Ein wichtiges und hochsensibles Thema in den Betrieben! Was die Rechtsprechung dazu sagt und wie es sich rechtlich mit dem „Klaps auf den Po“ verhält – lesen Sie weiter:
Fälle sexueller Belästigungen, die Arbeitgeber zum Anlass für Abmahnungen oder sogar Kündigungen nehmen, beschäftigen regelmäßig die Arbeitsgerichte. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dazu eine strenge Rechtsprechung etabliert. Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz oder auf betrieblichen Veranstaltungen gelten als schwerwiegende Verletzungen arbeitsrechtlicher Pflichten. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), der es Arbeitgebern ermöglicht, solche Pflichtverletzungen entsprechend zu ahnden, bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
In Einklang mit dieser Rechtsprechung des BAG steht auch eine aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Siegburg. Der zugrunde liegende Fall betrifft einen Außendienstmitarbeiter, der erst seit einem Jahr im Unternehmen beschäftigt war. Aufgrund seines unangemessenen Verhaltens und Alkoholmissbrauchs wurde ihm bereits zuvor eine Abmahnung erteilt. Während einer Betriebsfeier griff der Kläger einer vorbeigehenden Kollegin auf das Gesäß. Als diese seine Hand wegschob, zog er sie an sich und äußerte, sie solle dies als Kompliment auffassen. In Reaktion auf dieses Verhalten sprach der Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus.
Mit Urteil vom 24. Juli 2024 (Az.: 3 Ca 387/24, Pressemitteilung vom 28. August 2024) wies das ArbG Siegburg die Kündigungsschutzklage des Außendienstmitarbeiters ab. Nach ausführlicher Anhörung der Kollegin, die als Zeugin auftrat, kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Kläger sie auf der Betriebsfeier sexuell belästigt hatte. Die Aussage des Klägers, der Klaps auf den Po sei als Kompliment zu verstehen, zeige eine klar sexuell motivierte Handlung. Zudem wertete das Gericht das Festhalten der Kollegin gegen ihren Willen als inakzeptablen Eingriff in ihre persönliche Freiheit.
Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind kein Einzelfall, und ähnliche Entscheidungen wurden in der Vergangenheit immer wieder von deutschen Gerichten getroffen. Ein paar Beispiele:
Die genannten Fälle verdeutlichen, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder auf Betriebsfeiern nicht nur eine persönliche Grenzüberschreitung darstellt, sondern auch ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Belegschaft regelmäßig für dieses Thema zu sensibilisieren. Fortbildungen und Schulungen können dazu beitragen, das Bewusstsein für angemessenes Verhalten zu stärken und den Mitarbeiter*innen die Konsequenzen von Fehlverhalten aufzuzeigen. Durch eine präventive Aufklärung wird nicht nur das Betriebsklima geschützt, sondern auch das Risiko juristischer Auseinandersetzungen und erheblicher Reputationsschäden minimiert.