Wenn zwei sich streiten … Konstruktives Konfliktmanagement

 

730x300 2 Frauen im ernsten Gespräch im Büro

Von: M. Kowalewski, Systemischer Berater und Trainer

Konflikte, also das Aufeinandertreffen scheinbar unvereinbarer Interessen, sind im Alltag, beruflich wie privat, unvermeidbar. Befindet man sich in einer Konfliktsituation, hat man die Wahl, das vorhandene Konfliktpotenzial über verschiedene Eskalationsstufen seine volle Wirkung entfalten zu lassen – oder einen konstruktiven, lösungsorientierten Weg einzuschlagen. Nicht nur beruflich ist Letzteres in der Regel die bessere Option.

Die Entscheidung zu einem konstruktiven Umgang mit Konflikten wird maßgeblich davon beeinflusst, wie es um die Bereitschaft und die Fähigkeiten der Konfliktparteien bestellt ist. Fehlende Fähigkeit lässt sich sehr gut entwickeln, fehlende Bereitschaft nicht. Deshalb ist Bereitschaft der zentrale Schlüssel zum konstruktiven Umgang mit schwierigen Situationen. Ist beides nicht vorhanden, können die Parteien nur für sich selbst handeln. Auch Unterstützung von außen in Form eines  Mediators oder einer Führungskraft können in diesen Fällen wenig weiterhelfen. Ist wiederum beides vorhanden, können die Parteien gemeinsam handeln. Mediator und Führungskraft brauchen keinen Beitrag zu leisten. Ist die Bereitschaft vorhanden und nur die Fähigkeiten reichen noch nicht aus, können die Parteien daran arbeiten, diese zu verbessern.

Die gute Nachricht ist also, Konfliktfähigkeit lässt sich erlernen, wenn die Bereitschaft vorhanden ist.

Die Sichtweise auf Konflikte ist häufig davon geprägt, dass wir die Kompetenzen für einen konstruktiven Umgang noch nicht ausreichend erworben haben. Und Streiten will nun mal gelernt sein! Wird man in einer Sache besser, ändert sich auch der Blick darauf, was zu einer positiveren Haltung führen kann. Positiv betrachtet kann man einen Konflikt auch als Kontakteinladung verstehen, die Interesse und Neugierde für andere Standpunkte weckt und Motor für Veränderungen sein kann. So können Konflikte die Entwicklung der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen fördern, Zusammenarbeit festigen und nicht zuletzt Spaß machen.

Um an Konflikte mit Zuversicht und innerer Stärke heranzugehen, braucht es etwas Training. Konfliktfähigkeit kann man aber nicht in sozialer Abgeschiedenheit üben, sondern nur in und durch Gemeinschaft. Anfangen sollte man damit jedoch nicht gleich am Arbeitsplatz. Besser geeignet ist ein geschützter Rahmen, in dem jeder sich ausprobieren kann.

Für ein gutes Konfliktmanagement brauchen wir Verständnis für die Eigendynamik von Konflikten und schlimmstenfalls Eskalationen: Reagieren statt Agieren provoziert auch beim Gegenüber unüberlegte Reaktionen und so schaukelt eine Situation sich häufig unbewusst auf. Dies kann jedoch jederzeit erkannt, beendet oder abgewendet werden. Denn Konflikte sind nicht etwas Schicksalhaftes, dem man blind ausgeliefert ist. Sie sind eine Herausforderung zu Wachstum und man kann lernen, entsprechend zu handeln.

Der Konfliktforscher Friedrich Glasl nennt als Grundlage der Konfliktfähigkeit die Selbstbehauptung, die nötig ist, um in Konflikten zu bestehen. Zu ihr gehört, Konfliktsymptome wahrzunehmen und zu verstehen, standfest und authentisch zu sein sowie Wollen und praktisches Können immer mehr zusammenzubringen. Und das bedeutet beharrliches Üben. Denn nicht das Bestehen von Differenzen ist ein Problem, sondern die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wird. Extremes Verhalten wie Konfliktscheue oder Streitlust bringen keine konstruktiven und kreativen Lösungen. Konsequentes Üben von Selbstbehauptung und rücksichtsvoller Konfrontation hingegen schon. Die Arbeit an den eigenen Fähigkeiten ist somit das wirksamste Werkzeug für das Konfliktmanagement. Davon profitieren alle anderen Lebensbereiche und Beziehungen!

Zur Selbstreflexion empfiehlt Glasl die Beantwortung folgender Fragen:

  • Wo bin ich an Grenzen gekommen?
  • Welche Fähigkeiten sind im Konflikt von mir gefordert?
  • Was kann ich durch den Konflikt in mir entwickeln?
  • Was können wir nur miteinander lernen?