Können Mitarbeiter - ohne Mitbestimmung des Betriebsrats - von Gehaltanpassungen ausgeschlossen werden?

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Zwischen einem tarifungebundenen Arbeitgeber und dem Betriebsrat sind für einen bestimmten Arbeitnehmer-Empfängerkreis (mehrere konkret aufgeführte Geschäftsbereiche) leistungsabhängige Prozentsätze vereinbart, um die deren Gehalt mindestens und höchstens ansteigt. Einer dieser konkret aufgeführten Geschäftsbereiche soll in Zukunft jedoch nicht mehr berücksichtigt werden. Geht das ohne Beteiligung des Betriebsrats?

In diesem Fall, so vom BAG am 21.2.2017 (1 ABR 12/15) entschieden, nein.

Denn im Ergebnis geht es nicht um eine mitbestimmungsfreie Festlegung des Empfängerkreises, (die sich allerdings je nach Sachlage am betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz § 75 Abs. 1 BetrVG messen lassen müsste - BAG 26.4.2016 - 1 AZR 435/14).

Vielmehr stellt die Herausnahme des Geschäftsbereichs einen (geänderten) Entlohnungsgrundsatz im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dar und ist somit mitbestimmungspflichtig.

Bei tarifungebundenen Arbeitgebern sind Änderungen im Entgeltsystem meist mitbestimmungspflichtig. Dies setzt allerdings lt. einer weiteren Entscheidung des BAG - und das in dieser Deutlichkeit neu - voraus, dass die Entlohnungsgrundsätze, wie im oben genannten Fall, auch unter Mitbestimmung des Betriebsrats eingeführt wurden (BAG 24.1.2017 - 1 AZR 772/14). Dies dürfte in der Praxis eher die Ausnahme sein, zumal Betriebsräte bei der Einführung von Sonderzuwendungen wohl häufig nicht auf ihr Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestehen.

In der NZA 2017, S.1217 ff. (1224) findet sich in diesem Zusammenhang folgender Klauselvorschlag für Sonderzuwendungen:

Sonderzuwendung

  1. Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer jährlich eine Sonderzuwendung. Sie wird zusammen mit dem Entgelt für den Monat November ausgezahlt.
     
  2. Die Höhe der Sonderzuwendung wird vom Arbeitgeber spätestens einen Monat vor dem Auszahlungstermin nach billigem Ermessen festgesetzt. Die Bemessung der Höhe orientiert sich (sowohl)* an der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens (ggf. des Betriebs oder der Betriebsabteilung, für den oder die der Arbeitnehmer überwiegend tätig ist)* (als auch an der persönlichen Leistung des Arbeitnehmers)*. Eine Festsetzung der Sonderzuwendung auf „Null“ ist nicht ausgeschlossen.
     
  3. Der Arbeitgeber behält sich vor, die Sonderzuwendung im Falle einer wirtschaftlichen Notlage mit einer Frist von einem Monat zum Kalendermonatsende ganz oder teilweise zu widerrufen. Das Gleiche gilt bei einer Umgestaltung des Entgeltsystems. Der widerrufliche Teil muss unterhalb der Grenze von 25 % der Gesamtvergütung bleiben.
     
  4. Das tarifliche Entgelt und das gesetzliche Mindestentgelt bleiben dabei stets unangetastet. Die Festsetzung der Höhe der Sonderzuwendung nach Nr. 2 und die Ausübung des Widerrufsrechts nach Nr. 3 erfolgen unbeschadet der Regelung des § 87 BetrVG zur Mitbestimmung des Betriebsrats.
     
  5. Wird die Sonderzuwendung nach Abschluss dieses Arbeitsvertrags in einer Betriebsvereinbarung geregelt, so gehen deren Regelungen ohne Rücksicht auf ihre Günstigkeit den Vorgaben des Arbeitsvertrags vor.

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