Führung aus der Ferne - Virtuelle Führung auf dem Vormarsch

 

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Im Zusammenhang mit der Alltäglichkeit der Nutzung von Informationstechnologien, aber auch der zunehmenden Globalisierung findet Führung immer häufiger aus der Ferne statt. War es bisher dem individuellen Führungsstil der Führungskraft überlassen, ob sie ihre Mitarbeiter an der "kurzen oder langen Leine" führt, steht diese Frage oftmals nicht zur Wahl: Die Mitarbeitern sitzen über große Distanzen verteilt, kennen sich selbst teilweise kaum und kriegen unternehmerische Strategien vermittelt, ohne nachfragen zu können. Aber auch der Führungskraft fällt es oftmals schwer, aus der Distanz die Kompetenz, Motivation oder Befindlichkeit des Teams einschätzen zu können. Kreative Prozesse in der Teamarbeit, initiiert und moderiert durch die Führungskraft, bei denen sich Ideen und Impulse gegenseitig befruchten und am Ende ein Ergebnis steht, mit dem sich alle identifizieren können, werden auf virtuellem Weg nur sehr erschwert stattfinden. Auch der gewünscht kurze Dienstweg zur Führungskraft zur Klärung von Sachverhalten oder Anliegen ist unter Umständen ein meilenweiter.

Die virtuelle Zusammenarbeit lässt sich nicht zurückdrehen, sie erfordert als Selbstverständlichkeit im 21. Jhdt. vielmehr eine besonders konstruktive Betrachtung. Es gilt Strategien zu entwickeln die den Ansprüchen an Teamarbeit gerecht werden und gleichzeitig mit einem Minimum an persönlichem Kontakt auskommen. Kann das gehen?

Vor der konkreten Ausarbeitung einer Strategie ist wichtig, eine positive Grundhaltung dieser Art der Zusammenarbeit herzustellen. Ein Blick auf die Vorteile hilft dabei: Technik ist räumlich und zeitlich grenzüberschreitend, Reisezeiten und Dienstgänge für Meetings reduzieren sich, es kann zeitversetzt gearbeitet werden, Schreiben bietet mehr Zeit zum Nachdenken als Reden, Tagesordnungspunkte werden stringenter bearbeitet und meist ist virtuelle Zusammenarbeit eine Zeitersparnis.
Die Nachteile dürfen jedoch nicht unter den Tisch gekehrt werden: Zwischentöne können leichter überhört werden, ein Konflikt-Frühwarnsystem ist schwieriger zu installieren, das Bedürfnis nach Nähe ist erschwert. Vertrauen und Loyalität aufzubauen ist eine besondere Herausforderung für die Führungskraft. Auch soziale Aspekte der Kooperation können nicht durch virtuelle Zusammenarbeit ersetzt werden.

So kommt auch eine virtuelle Führungskraft nicht ohne Präsenzphasen aus! Sie sollte institutionalisierte und ritualisierte Zusammenkünfte zu bestimmten Zeiten im Jahr einplanen, unabhängig von einem aktuellen Anlass. Vor allem ein Konzept für die (virtuelle) Zusammenarbeit zu erarbeiten erfordert eine Teamklausur face-to-face, in der es zuallererst um den Aufbau vertrauensvoller Beziehung geht und erst im nächsten Schritt um inhaltliche Fragen.

Dann geht es zunächst darum, die Herausforderungen zu differenzieren, für die man eine Lösung sucht: Da gilt es vielleicht, die Besprechungen sukzessive umzustellen von Präsenz- zu virtuellen Meetings. Ein Informationsmanagementkonzept ist sinnvoll, damit Informationen zielgerichtet und damit personifizierter, stattfinden können. Die Verfüg- und Erreichbarkeit ist in virtuellen Teams ein besonderes Thema durch unterschiedliche Arbeitszeiten oder Zeitzonen: Klar sein muss, wann Jeder mit einer Antwort rechnen oder den Anderen telefonisch erreichen kann. Auch für die Personalentwicklungsaufgaben, sprich die Einschätzung der Führungskraft, wie seine Mitarbeiter/innen hinsichtlich der anstehenden Aufgaben gewappnet sind und welche Art von Unterstützung gegebenenfalls sinnvoll wäre, braucht es unter Umständen auf Distanz umsetzbare Ideen mit dem entsprechenden Controlling.

Führung muss sich in virtuellen Teams gewissermaßen neu definieren: Bin ich Manager oder Mannschaftsspieler, bin ich in erster Linie Koordinator oder Mentor meiner Mitarbeiter/innen oder was ganz anderes? Sie muss an ihrer Flexibilität arbeiten und ihre Vorstellung von strikter Normeneinhaltung lockern, und muss vor allem Vertrauen vor Kontrolle walten lassen.
Und: diese (Neu-) Definition von Führung muss kommuniziert werden, denn auch das Team möchte wissen, auf welche Art von Führung es sich da einlässt.

Eine gute Führungskraft ist nicht automatisch eine gute virtuelle Führungskraft. Da werden unter Umständen Fähigkeiten gebraucht, die vielleicht gerade nicht ihrer bisherigen persönlichen Stärke entsprechen. Doch auch das ist erlernbar wie jedes Handwerk. Und wie bei jedem Handwerk stellt die Frage der Begabung keine Voraussetzung für das Erlernen dar.

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