Personalauswahl: Wer passt am besten?

 

730x300 - Business gekleidete Personen in Reihe

Die Personalauswahl ist sowohl für die Person als auch für die Organisation eine der zentralen Entscheidungen überhaupt: Für die Person kann sie über deren neue Identität, deren neuen Lebensmittelpunkt, oder deren berufliche und nicht selten auch die private Zukunft entscheiden. Auswahlgespräche –ob erfolgreich oder nicht- sind nicht selten wesentliche Weichenstellungen im Leben eines Bewerbers. Für die Organisation entscheidet die Auswahl des Personals über ihr Human- Kapital, von dem ihr Erfolg, wenn nicht sogar ihr Überleben auf dem Markt abhängt.

Das Unternehmen kann nur so gut sein, wie die Menschen, die in ihr arbeiten, so dass eine intensive und gezielte Auseinandersetzung über das geeignete strategische Vorgehen eine zentrale Aufgabe für jede Organisation in Profit- wie Nonprofitbereich darstellt.

Bei der Frage der Eignung eines Bewerbers oder einer Bewerberin stellt sich immer die Frage „wofür?“. Die Eignung muss dabei nicht nur in Bezug zu den konkreten Anforderungen gesetzt werden, sondern diese müssen auch derzeit, aktuell oder in naher Zukunft passen. Eignung stellt also nichts Statisches dar und ein Bewerber kann nicht per se geeignet oder ungeeignet für die Organisation sein. Sich dies bewusst zu machen ist ein Hinweis darauf, Stellen immer konkret zugeschnitten auf derzeitige Anforderungen am konkreten Arbeitsplatz auszuschreiben.

Dies betrifft nicht nur die fachlichen Qualifikationen und Vorerfahrungen, sondern auch die personalen, methodischen und sozialen Kompetenzen. Wird z.B. im Controlling eine Persönlichkeit gebraucht, die sehr systematisch arbeitet und Zahlenmensch ist, wird Ihnen im Bereich Marketing eher mit einem Menschen gedient sein, der querdenken kann und in Bildern denkt.

Und bitte vergessen Sie nicht, dass es sich bei praktisch jeder Stelle immer um die Zusammenarbeit mit anderen Menschen handelt. Deswegen ist es wichtig sich zu überlegen und möglichst Kriterien zu schaffen, wie die neue Person in dieses bestehende psycho-soziale Gefüge in dem Arbeitsbereich, für den die / der Bewerber vorgesehen ist, hineinpasst. Dies ist wahrscheinlich der für Sie schwierigste Punkt, da Sie vermutlich dazu kein vorgefügtes Raster zur Verfügung haben und auch nicht genaue Kriterien zur Einschätzung der Person. Versuchen Sie daher am besten intuitiv vorzugehen und lassen Sie Ihren gesunden Menschenverstand walten. Beobachten Sie das von der Person gezeigte Verhalten möglichst gut und setzen Sie dieses ins Verhältnis zu dem, was Sie von den anderen Personen dieses Arbeitsbereiches wissen und kennen.

Nach Ausschreibung und Sichtung / Vorauswahl der Bewerbungsunterlagen nach formalen und inhaltlichen Aspekten ist vor allem das Bewerbungsgespräch oder Einstellungsinterview der neuralgische, meist alles entscheidende Moment, so dass wir hier auf dieses besonders eingehen möchten.

Besonders geeignet, weil für den Bewerber schwer vorbereitbar, ist die so genannte situative Frage. Sie ist eine strukturierte Frage insofern, als Sie sie im Interesse der Vergleichbarkeit allen Bewerbern gleichermaßen stellen können, und bietet dennoch eine große Bandbreite individueller Antwortmöglichkeiten. Durch diese erfahren Sie sehr konkret, wie ein Bewerber sich in einer bestimmten kritischen Situation verhalten würde. Er kann auf diese Fragen nicht abstrakt philosophisch antworten, sondern muss sich fachlich und empathisch in die Situation hineinversetzen können und bei der Beantwortung handlungsorientiert und anschaulich werden.

Zum Beispiel:

„Sie stellen fest, dass einer Ihrer Mitarbeiter/innen, der jahrelang der Engagierteste im Team war, in letzter Zeit häufig zu spät kommt und dann tagsüber müde wirkt. Beim letzten Projekt vermissten Sie seine tatkräftig Mitarbeit, so dass seine diesjährige Gehaltserhöhung wohl geringer ausfallen wird als bei seinen Kolleg/innen. Ihr jährliches Beurteilungsgespräch steht an. Wie gehen Sie vor?“

Legen Sie im Vorfeld fest, welche Art von Antwort Sie mit 1, 3 oder 5 Punkten belegen werden: So könnten Sie 1 Punkt vergeben für „Ich würde Ihnen ja gerne mehr geben, aber das geht nicht“, 3 Punkte für „…dem Mitarbeiter erklären, dass er seine Ziele nicht erreicht hat und ihm bei Zielerreichung im nächsten Jahr einen Erhöhung in Aussicht stellen“ und 5 Punkte für „…Ihre Sorgen über sein Nachlassen ausdrücken und mit ihm zusammen Wege erörtern, wie er aus dem Tief wieder heraus kommt und neue Ziele vereinbaren“.

Bauen Sie situative Fragen erst nach Fortschreiten des Gesprächs ein, so dass der Bewerber im Vorfeld durch seine Selbstvorstellung und Erläuterung seiner Bewerbungsunterlagen im freien Gespräch, sowie durch Beantwortung biografiebezogener Fragen lockerer werden konnte und mit der situativen Frage entspannt umgehen kann.

Aus diesem Beispiel wird bereits deutlich, dass Sie sich Zeit für die intensive Vorbereitung des Einstellungsinterviews nehmen müssen, vor allem, wenn es sich um die Besetzung einer Schlüsselstelle handelt oder Sie in einer angespannten Phase besonderen Wert auf gutes Personal legen müssen.

Beschäftigen Sie sich auch mit dem Lesen zwischen den Zeilen der Bewerbungsschreiben und –unterlagen, beruflichen Lücken im Lebenslauf ebenso wie mit juristischen Fragen (Welche Fragen darf ich nicht stellen?), ziehen Sie ein Assessment-Center in die Frage des geeigneten Auswahlverfahrens ein und bauen Sie sich ein großes Repertoire an passenden offenen Fragen auf. Besonders der Bereich „systemische Fragen“ bietet hierfür einen wahren Fundus. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

„Was würden Sie einem Berufsanfänger raten, welche besonderen Kenntnisse und Stärken zu Spitzenleistungen in Ihrem Beruf führen?“ oder

Mit welchen Gedanken sind Sie in dieses Gespräch gekommen?“ oder

„Was können Sie uns über sich erzählen, was nicht im Lebenslauf steht?“ oder

„Was würden Ihre früheren Kollegen / Vorgesetzten sagen, wenn wir sie fragen würden, wie die Zusammenarbeit mit Ihnen war? Und was würden Sie sich von Ihrer neuen Stelle bei uns erwarten?“

Fair ist das differenzierte Feedback an die abgelehnten Bewerber/innen im Anschluss. Auch dieses ehrlich und gleichzeitig ermutigend für weitere Bewerbungen zu geben, will gelernt sein.

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