Unternehmenskrisen: Arten, Ursachen und Verlauf

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Arten von Unternehmenskrisen gibt es viele – von finanziellen Engpässen über strategische Fehlentwicklungen bis hin zu extern bedingten Marktkrisen. Eine Unternehmenskrise beschreibt die Situation, in der ein Unternehmen in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und seine Existenz bedroht sein kann. Für den Betriebsrat ist es wichtig, die Anzeichen solcher Krisen frühzeitig zu erkennen, um rechtzeitig Maßnahmen zum Schutz der Belegschaft und des Unternehmens einzuleiten.

Ob in wirtschaftlich angespannten Zeiten oder bei grundlegenden Veränderungen im Unternehmen – gut informierte Betriebsräte treffen sicherere Entscheidungen. Die Seminare von Poko unterstützen Sie dabei, Ihre Handlungskompetenz gezielt auszubauen. Mit praxisnahen Inhalten bereiten wir Sie optimal vor. Auf Wunsch entwickeln wir auch individuelle Inhouse-Schulungen, exakt zugeschnitten auf die Situation in Ihrem Betrieb.

Seminar: Umstrukturierungen und die wichtige Rolle des Betriebsrats

 

Unternehmenskrisen: Das Wichtigste in Kürze

  • Unternehmenskrisen entstehen oft schleichend – strategische, finanzielle oder externe Faktoren können Auslöser sein.
  • Es gibt verschiedene Arten von Unternehmenskrisen, z. B. Strategie-, Ertrags-, Liquiditäts- oder Reputationskrisen.
  • Der Verlauf einer Krise durchläuft meist sechs Phasen – von der Stakeholderkrise bis zur möglichen Insolvenz.
  • Frühwarnzeichen wie sinkende Umsätze, Kommunikationsprobleme oder Mitarbeiterunruhe sollten ernst genommen werden.
  • Der Betriebsrat hat wichtige Rechte – z. B. auf Information, Anhörung, Beratung und Mitbestimmung.

Arten von Unternehmenskrisen

Je nach Ausgangslage und betroffenem Unternehmensbereich lassen sich verschiedene Arten von Unternehmenskrisen unterscheiden. Häufig entwickeln sich Krisen schleichend: Anfangs sind es kleinere Probleme, die sich ohne Gegenmaßnahmen zu ernsten Krisensituationen ausweiten.

Strategische Krise

Das Unternehmen hat Probleme in der strategischen Ausrichtung. Es fehlen Innovationen, es wird nicht ausreichend in neue Produkte oder Technologien investiert, oder man reagiert nicht auf veränderte Marktbedingungen. Die Wettbewerbsfähigkeit leidet, was langfristig die Existenz gefährdet. Strategische Krisen entstehen oft dadurch, dass notwendige Anpassungen an Markttrends oder Kundenbedürfnisse versäumt wurden.

Absatz- und Produktkrise

Hierbei handelt es sich um eine Krise im Markt und Vertrieb. Die Nachfrage nach Produkten oder Dienstleistungen geht deutlich zurück, Umsätze und Marktanteile schrumpfen. Mögliche Gründe sind z. B. neue Konkurrenz, veränderte Kundenpräferenzen oder Qualitätsprobleme bei den eigenen Produkten. Ein solcher Einbruch im Absatz mündet ohne Gegensteuern schnell in eine Ergebniskrise.

Ertragskrise (Erfolgskrise)

Bei Ertragskrisen schlagen sich die Probleme in den Zahlen nieder. Die Gewinne gehen stark zurück oder schlagen ins Negative um. Hohe Kosten, ineffiziente Prozesse oder sinkende Umsätze führen dazu, dass das Unternehmen nicht mehr profitabel arbeitet. Oft werden in der Ertragskrise erste Gegenmaßnahmen wie Kostensenkungsprogramme, Einstellungsstopps oder Kurzarbeit ergriffen, da das Management die drohende Gefahr nun erkennt.

Liquiditätskrise

Wenn die Ertragskrise nicht überwunden wird, droht dem Unternehmen eine Liquiditätskrise. Dem Unternehmen geht das zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendige Bargeld aus. Rechnungen können nicht mehr pünktlich bezahlt werden, Kreditlinien sind ausgeschöpft, und es treten Zahlungsstockungen ein. In dieser Phase ist die Existenz akut gefährdet – das Unternehmen ist zahlungsunfähig oder kurz davor. Ohne sofortige finanzielle Gegenmaßnahmen (z. B. Kapitalspritzen, Stundungen) bleibt oft nur der Insolvenzantrag.

Stakeholder-Krise

Diese Krisenart ist weniger finanziell geprägt, sondern entsteht durch Konflikte und Vertrauensverlust bei wichtigen Anspruchsgruppen des Unternehmens (Stakeholdern). Dazu zählen Geschäftsführung, Eigentümer*innen (Gesellschafter*innen), Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Betriebsrat, Aufsichtsrat und Banken oder Großkunden.

Anhaltende Konflikte oder Kommunikationsprobleme in diesen Gruppen können Entscheidungen blockieren und wichtige Veränderungen verhindern. Eine ungelöste Stakeholder-Krise kann dadurch ebenfalls eine strategische oder finanzielle Krise nach sich ziehen.

Reputationskrise

Auch Image- oder Vertrauenskrisen können ein Unternehmen schwer treffen. Skandale, Produktrückrufe, Datenschutzverletzungen oder negative Presse können das öffentliche Ansehen stark beschädigen. Dies führt oft indirekt zu finanziellen Problemen, weil Kund*innen abspringen oder Partner das Vertrauen verlieren. Zwar ist eine Reputationskrise nicht immer selbstverschuldet, doch muss das Unternehmen schnell gegensteuern, um längerfristige wirtschaftliche Schäden abzuwenden.

Verlauf einer Unternehmenskrise: Die typische Entwicklung in sechs Phasen

Der Verlauf einer Unternehmenskrise ist häufig ein schleichender, aber kontinuierlicher Abwärtstrend. Anfangs bleiben erste Probleme oft unbemerkt oder werden unterschätzt – doch ohne gezielte Gegenmaßnahmen verschärft sich die Lage zunehmend. Typischerweise durchläuft ein Unternehmen dabei 6 Phasen der Unternehmenskrise, die eng mit den verschiedenen Krisenarten zusammenhängen, wie sie zuvor beschrieben wurden.

So entwickelt sich aus einer Stakeholder-Krise mit Vertrauensverlust oft eine Strategiekrise, weil notwendige Entscheidungen ausbleiben. Diese mündet in eine Absatz- oder Produktkrise, wenn Marktbedürfnisse nicht mehr erfüllt werden. Sinkende Umsätze führen zur Ertragskrise, die bei fehlender Sanierung in eine Liquiditätskrise übergeht – mit der Insolvenzreife als möglichem Endpunkt.

Je früher diese Entwicklungen erkannt und geeignete Maßnahmen eingeleitet werden, desto größer ist die Chance, den Abwärtstrend zu stoppen und das Unternehmen wieder zu stabilisieren.

Ursachen einer Unternehmenskrise

Die Auslöser für Unternehmenskrisen sind vielfältig. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen internen (endogenen) und externen (exogenen) Krisenursachen. Häufig führt ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren dazu, dass eine Krise entsteht:

Ursachenart

Beispiele

Interne Ursachen

  • Managementfehler, z. B. falsche strategische Entscheidungen
  • Führungsschwächen
  • Ineffiziente Organisation
  • Hohe Kostenstrukturen
  • Fehlendes Controlling-/Frühwarnsystem
  • Konfliktreiches Betriebsklima
  • Hohe Personalfluktuation
  • Innovationsfeindliche Unternehmenskultur
  • Fehlinvestitionen, überzogene Expansion, hohe Risiken

Externe Ursachen

  • Konjunkturschwächen, Wirtschaftseinbrüche
  • Nachfrageverschiebungen (z. B. durch Technologien, Konsumverhalten)
  • Wettbewerbsdruck, Preisverfall
  • Gesetzesänderungen, neue Auflagen
  • Rohstoffpreisanstieg
  • Lieferkettenprobleme, z. B. durch Insolvenzen
  • Naturkatastrophen, politische Unruhen, Krieg, Pandemien

 

Oft verstärken sich interne und externe Faktoren gegenseitig. Zum Beispiel kann eine allgemeine Marktschwäche (exogen) besonders drastische Auswirkungen haben, wenn sie auf interne Schwächen wie eine veraltete Produktpalette oder ineffiziente Prozesse trifft. Daher ist Krisenprävention wichtig: Unternehmen sollten sowohl ihr internes Management regelmäßig auf den Prüfstand stellen als auch externe Entwicklungen im Blick behalten.

Merkmale einer Unternehmenskrise: Frühwarnsignale erkennen

Unternehmenskrisen kündigen sich meist durch bestimmte Symptome an. Für Betriebsratsmitglieder ist es entscheidend, solche Warnsignale frühzeitig zu erkennen, um rechtzeitig reagieren zu können.

Typische Merkmale einer Unternehmenskrise können sein:

  • Verschlechterung von Kennzahlen: Umsatzrückgänge, sinkender Auftragsbestand, steigende Kosten oder Verluste. Kritisch wird es bei schwindendem Eigenkapital und geringer Liquidität.
  • Finanzielle Engpässe: Zahlungsverzüge, Mahnungen, ausgeschöpfte Kreditrahmen und verspätete Gehaltszahlungen sind klare Zeichen fortgeschrittener Krisen.
  • Produkt- und Qualitätsprobleme: Zunehmende Reklamationen, fehlende Innovationen, nachlassende Attraktivität bestehender Produkte sind Hinweise auf strategische Schwächen.
  • Unruhe in der Belegschaft: Gerüchte, Einstellungsstopps, Kurzarbeit oder gestrichene Boni sorgen für Verunsicherung und sinkende Motivation.
  • Führungswechsel und Kommunikation: Neue Geschäftsführung, externe Berater, vage Aussagen – intransparente Kommunikation ist ein ernstes Warnsignal.

Kein einzelnes dieser Merkmale bedeutet zwangsläufig eine Unternehmenskrise – es können auch temporäre Schwierigkeiten sein. Alarmierend wird es jedoch, wenn mehrere Anzeichen gleichzeitig oder über längere Zeit auftreten. Betriebsräte sollten ein offenes Ohr haben und sowohl auf quantitative Indikatoren (Zahlen) als auch auf die Stimmung und Hinweise der Kolleg*innen achten. Je früher eine Krise erkannt wird, desto größer die Chance, gemeinsam mit der Geschäftsführung gegensteuern zu können.

Rechte und Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats in der Krise

Unternehmenskrisen sind nicht nur ein Thema für Geschäftsführung und Management – auch der Betriebsrat ist in solchen Zeiten besonders gefordert. Sein Auftrag ist es, die Interessen der Belegschaft zu vertreten und möglichst Arbeitsplätze zu sichern. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gibt dem Betriebsrat hierfür bestimmte Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte an die Hand.

Informationsrecht des Betriebsrats

Grundlage für jede erfolgreiche Betriebsratsarbeit in der Krise ist das umfassende Informationsrecht. Der Betriebsrat muss frühzeitig und vollständig über die wirtschaftliche Lage und geplante Maßnahmen informiert werden. Nur dann kann er auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung beraten. Das BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, den Betriebsrat über alle Angelegenheiten, die die Belegschaft betreffen, rechtzeitig zu unterrichten (§ 80 Abs. 2 BetrVG).

Wirtschaftsausschuss als Frühwarnsystem

Der Wirtschaftsausschuss (WA) ist in Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig Beschäftigten verpflichtend und besteht aus drei bis sieben Mitgliedern, darunter mindestens ein Betriebsratsmitglied. Er trifft sich regelmäßig mit der Geschäftsführung, um wirtschaftliche Themen wie Umsatz, Kosten, Investitionen und Marktprognosen zu besprechen (§ 108 BetrVG). In Krisenzeiten ist der WA besonders wichtig, da er frühzeitig auf negative Entwicklungen hinweisen kann.

Falls kein WA existiert (weil das Unternehmen kleiner ist oder keiner gebildet wurde), muss der Betriebsrat trotzdem auf anderen Wegen versuchen, möglichst früh an die notwendigen Informationen zu gelangen. Dies kann bedeuten, vermehrt Gespräche mit dem Arbeitgeber zu suchen oder notfalls externe Sachverständige hinzuzuziehen, um die Wirtschaftslage beurteilen zu können.

Personalabbau und Kündigungen in der Unternehmenskrise

In Krisenzeiten kommt es häufig zu betriebsbedingten Kündigungen, bei denen der Betriebsrat Mitwirkungsrechte hat. Jede Kündigung erfordert seine Anhörung (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Er kann Bedenken äußern oder widersprechen – etwa bei fehlerhafter Sozialauswahl oder fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit.

Kündigungen dürfen nur das letzte Mittel sein. Zuvor sollte der Betriebsrat Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung vorschlagen (§ 92a BetrVG), z. B. Kurzarbeit, Versetzungen, Weiterqualifizierungen oder Teilzeitmodelle. Die Geschäftsleitung muss solche Vorschläge prüfen und mit dem Betriebsrat beraten.

Auch wenn Kündigungen nicht immer vermeidbar sind, kann der Betriebsrat durch frühzeitiges Handeln sozialverträglichere Lösungen erreichen – etwa durch Abfindungen, Transfergesellschaften oder Altersteilzeit.

Umstrukturierungen und Betriebsänderungen

In Krisenzeiten versuchen Unternehmen oft, sich durch Umstrukturierung neu aufzustellen – zum Beispiel durch Standortschließungen, Verlagerungen oder Fusionen. Solche Maßnahmen gelten nach § 111 BetrVG in der Regel als Betriebsänderungen. Der Betriebsrat hat in diesen Fällen das Recht, mit der Geschäftsleitung über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln, um Nachteile für die Beschäftigten abzufedern. Hierbei ist zwischen dem erzwingbaren Sozialplan und dem nicht erzwingbarem Interessensausgleich zu differenzieren.

Wichtig ist: Der Betriebsrat muss rechtzeitig eingebunden werden, also noch bevor Entscheidungen umgesetzt werden. Passiert das nicht, kann er rechtliche Schritte einleiten, etwa über die Einigungsstelle.

Mit Poko-Seminaren durch die Unternehmenskrise

Die verschiedenen Arten von Unternehmenskrisen fordern Betriebsräte besonders heraus: Es gilt, schnell zu handeln, rechtssicher zu agieren und die Belegschaft bestmöglich zu unterstützen. Die Betriebsrat-Seminare von Poko statten Sie mit dem nötigen Fachwissen aus, um in schwierigen Zeiten souverän und kompetent aufzutreten.

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