Anhörungsfrist des Betriebsrats vor Kündigung

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Die Anhörungsfrist des Betriebsrats bei einer Kündigung ist ein wichtiger Teil des Kündigungsprozesses. Arbeitgeber müssen den Betriebsrat bei jeder geplanten Kündigung rechtzeitig und vollständig anhören. Dabei müssen auch die Fristen zur Anhörung richtig berechnet werden. Wird dabei ein Fehler gemacht, kann die Kündigung ungültig sein.

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Gesetzliche Grundlage: Betriebsratsanhörung vor jeder Kündigung

Wenn ein Arbeitgeber einem oder einer Arbeitnehmenden kündigt, muss der Betriebsrat vorab angehört werden. Egal, ob es sich um eine ordentliche (fristgerechte) Kündigung oder außerordentliche (fristlose) Kündigung handelt. Diese Pflicht zur Betriebsratsanhörung ist in § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) rechtlich festgeschrieben.

Eine ausgesprochene Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrates ist unwirksam und kann vor Gericht angefochten werden. Das Gesetz nennt zwei Fristen für die Betriebsratsanhörung im Kündigungsfall:

  • eine Woche bei ordentlicher Kündigung,
  • drei Kalendertage bei fristloser Kündigung.

Anhörungsfrist des Betriebsrats bei ordentlicher Kündigung

Bei einer ordentlichen (fristgerechten) Kündigung hat der Betriebsrat eine Woche Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Diese Wochenfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Betriebsrat das Anhörungsschreiben des Arbeitgebers erhält. In der Praxis sollte das Anhörungsschreiben dem oder der Betriebsratsvorsitzenden, ersatzweise dem oder der Stellvertreter*in persönlich übergeben werden. Zustellung an andere Mitglieder oder außerhalb der Arbeitszeit (z.B. per E-Mail am späten Abend) kann den Zugang verzögern – der Fristlauf beginnt dann entsprechend später.

Laut § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beginnt die Anhörungsfrist am Tag nach dem Eingang des Anhörungsschreibens beim Betriebsrat. Die Frist endet nach § 188 Abs. 2 BGB am gleichen Wochentag der darauffolgenden Woche.

Beispiel: Geht bei dem Betriebsrat das Schreiben am Mittwoch, 1. März ein, beginnt die Frist am 2. März (Donnerstag) und endet mit Ablauf des folgenden Mittwochs (8. März). Die Kündigung darf folglich frühestens am Donnerstag, 9. März ausgesprochen werden.

Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verlängert sich die Frist bis zum Ablauf des nächsten Werktages nach § 193 BGB. Wäre im obigen Beispiel der 8. März ein Feiertag gewesen, würde die Frist erst am 9. März (Donnerstag) enden.

Anhörungsfrist des Betriebsrates bei außerordentlicher Kündigung

Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung ist die Anhörungsfrist deutlich kürzer. Der Betriebsrat hat hier nur drei Tage Zeit für seine Stellungnahme. Die Frist startet am Tag des Eingangs des Anhörungsschreibens. Dabei werden auch Wochenenden und Feiertage miteinberechnet.

Beispiel: Geht das Anhörungsschreiben dem Betriebsrat am Freitag ein, beginnt die Drei-Tages-Frist am Samstag und endet mit Ablauf des Montags. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, schreibt § 193 BGB die Verlängerung bis zum nächsten Werktag vor.

Zusätzlich muss eine fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Grundes ausgesprochen werden. Daher muss der Betriebsrat rechtzeitig informiert werden, damit die Kündigung dem oder der Arbeitnehmenden noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist übergeben werden kann. In der Praxis wird bei einer fristlosen Kündigung gleichzeitig vorsorglich ordentlich gekündigt.

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Gilt die Anhörungsfrist des Betriebsrats während der Probezeit?

Immer wieder herrscht Unsicherheit darüber, ob der Betriebsrat auch in der Probezeit angehört werden muss. Viele Arbeitgeber gehen davon aus, dass dies nicht nötig sei – doch das stimmt nicht. Auch bei Kündigungen während der Probezeit ist die Betriebsratsanhörung gesetzlich vorgeschrieben. Der weitere Ablauf der Anhörung hängt dann wieder davon ab, ob es sich um eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung handelt.

Typische Fallstricke bei der Fristenberechnung

Bei der Berechnung der Anhörungsfrist des Betriebsrats passieren in der Praxis immer wieder Fehler – oft mit unangenehmen Folgen. Im Folgenden haben wir typische Fehlerquellen für Sie zusammengefasst:

  • Fristbeginn falsch berechnet: Der Tag, an dem der Betriebsrat die Anhörung erhält, zählt nicht zur Frist. Häufig wird trotzdem ab diesem Tag gerechnet, was das Fristende um einen Tag zu früh ansetzt.
  • Wochenende oder Feiertag nicht berücksichtigt: Befindet sich das Fristende auf einem arbeitsfreien Tag und wird dies ignoriert, erfolgt die Kündigung unter Umständen einen Tag zu früh.
  • Eingang des Anhörungsschreibens verzögert sich: Wird das Anhörungsschreiben außerhalb üblicher Zeiten (abends oder am Wochenende) übermittelt, gilt der Zugang erst am nächsten Werktag. Der Fristbeginn verschiebt sich entsprechend nach hinten.
  • Anhörung in der Probezeit vergessen: Auch in der Probezeit oder bei kurzer Betriebszugehörigkeit muss der Betriebsrat angehört werden. Versäumt der Arbeitgeber dies, ist die Kündigung unwirksam.
  • Kündigung vor Fristablauf ausgesprochen: Spricht der Arbeitgeber die Kündigung vor Ende der Anhörungsfrist aus, liegt ein Formfehler vor und die Kündigung ist unwirksam.

Mögliche Folgen nach der Anhörung des Betriebsrates

Sobald die Anhörung des Betriebsrates stattgefunden hat, kann der Arbeitgeber die Kündigung rechtswirksam aussprechen – auch dann, wenn der Betriebsrat Bedenken äußert oder widerspricht. Reicht der oder die betroffene Arbeitnehmende anschließend eine Klage ein, prüft das Arbeitsgericht im Verfahren auch, ob der Widerspruch des Betriebsrats begründet war. Wird dem Widerspruch zugestimmt, gilt die Kündigung als unwirksam und das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen.

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Widerspruch des Betriebsrats bei Kündigungen - Praxisworkshop

Der Betriebsrat ist nach § 102 BetrVG vor jeder Kündigung zu hören. Sinn und Zweck dieses Beteiligungsrechts ist es, dem Betriebsrat die Möglichkeit zu geben, durch seine Stellungnahme auf den Willen des Arbeitgebers einzuwirken und ihn durch Darlegung von etwaigen Gegengründen unter Umständen von seinem Plan abzubringen, den betreffenden Arbeitnehmer zu entlassen. Bei der Formulierung von Widersprüchen zu beabsichtigten Kündigungen bestehen jedoch häufig Unklarheiten, welche Anforderungen an einen wirksamen Widerspruch gestellt werden und welche Widerspruchsgründe erfolgreich geltend gemacht werden können.

In diesem Workshop werden Ihnen in kompakter Form zunächst die Grundzüge des Kündigungsrechts anhand der neueren Rechtsprechung der Arbeitsgerichte vertiefend dargestellt. Darauf aufbauend üben Sie anhand von Praxisbeispielen die Formulierung von Widersprüchen ein und werden so in die Lage versetzt, eigenständig und rechtswirksam Ihr Widerspruchsrecht auszuüben.

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