Mehrarbeit vs. Überstunden: Das sind die Unterschiede

Der Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden sorgt in vielen Betrieben und Einrichtungen regelmäßig für Diskussionen. Die Begriffe werden oft synonym verwendet, jedoch bestehen juristisch und tariflich klare Unterschiede. Besonders im Geltungsbereich des TVöD, bei Teilzeitbeschäftigten oder in Einrichtungen mit AVR-Regelungen ist es entscheidend, diese Unterschiede zu kennen. Denn davon hängen Vergütungsansprüche, Ausgleichsregelungen und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ab.

In diesem Beitrag klären wir, was Mehrarbeit und Überstunden jeweils bedeuten, wie die Unterscheidung geregelt ist und welche Rolle Betriebsräte dabei spielen. Poko bietet hierzu praxisnahe Seminare für Betriebsräte und Schulungen für Personalräte an – gerne auch als Inhouse-Schulung in Ihrem Unternehmen.

Seminar: Überstunden und Mehrarbeit

 

Mehrarbeit vs. Überstunden: Das Wichtigste in Kürze

  • Überstunden: Überschreiten der tariflichen oder vertraglichen Regelarbeitszeit von Vollzeitkräften, meist nur bei Anordnung und Dokumentation wirksam.
  • Mehrarbeit (tariflich): Zusatzstunden von Teilzeitkräften bis zur Vollzeitgrenze.
  • Mehrarbeit (arbeitszeitrechtlich): Überschreiten der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden (§ 3 ArbZG), verlängerbar auf zehn Stunden mit Ausgleich.
  • Mitbestimmung: Betriebs- oder Personalrat muss bei jeder vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit beteiligt werden.

Was ist der Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden?

Der zentrale Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden liegt in der Bezugsgröße, auf die sich die Überschreitung bezieht:

  • Überstunden: Arbeitszeiten, die über die tariflich oder vertraglich festgelegte Regelarbeitszeit von Vollzeitkräften hinausgehen.
  • Mehrarbeit (tariflich): Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten, die über deren individuelle Soll-Arbeitszeit hinausgeht, aber noch unterhalb der Vollzeitgrenze liegt.
  • Mehrarbeit (arbeitszeitrechtlich): Überschreitung der gesetzlich zulässigen täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden (§ 3 ArbZG). Sie darf auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden pro Werktag nicht überschritten werden.

In der betrieblichen Praxis werden beide Begriffe häufig synonym verwendet. Doch juristisch ist die Differenzierung relevant – etwa bei der Vergütung, beim Freizeitausgleich oder bei der Mitbestimmung durch den Betriebsrat.

Mehrarbeit vs. Überstunden: Beispiel aus der Praxis

Um die Unterschiede zwischen Mehrarbeit und Überstunden greifbar zu machen, lohnt sich ein Blick auf ein konkretes Praxisbeispiel:

  • Vollzeitkraft mit 38,5 Stunden Wochenarbeitszeit arbeitet in einer Woche 43 Stunden:

→ Überstunden, da die vertragliche oder tarifliche Vollzeitgrenze überschritten wurde.

  • Teilzeitkraft mit 20 Wochenstunden arbeitet 28 Stunden:

→ Mehrarbeit (tariflich), da zwar die vereinbarte Arbeitszeit überschritten wird, die Vollzeitgrenze aber noch nicht erreicht ist.

  • Dauerhaft 50 Stunden/Woche bei einer 5-Tage-Woche:

→ Arbeitszeitrechtlich unzulässig, wenn kein Ausgleich erfolgt, da die tägliche Durchschnittsgrenze von 8 Stunden überschritten wird.

Überstunden entstehen also, sobald die tarifliche oder vertragliche Regelarbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wird.

Mehrarbeit liegt tariflich bei Zusatzarbeit von Teilzeitkräften bis zur Vollzeitgrenze vor; arbeitszeitrechtlich spricht man von Mehrarbeit, wenn die tägliche Höchstarbeitszeit nach ArbZG überschritten wird.

Kurz erklärt: Überstunden entstehen, wenn die tarifliche oder vertragliche Regelarbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wird. Mehrarbeit liegt vor, wenn Teilzeitkräfte über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten, ohne die Vollzeitgrenze zu überschreiten.

Seminar: Arbeitszeit und Arbeitszeitgestaltung I Seminar: Arbeitszeit und Arbeitszeitgestaltung II

 

Mehrarbeit und Überstunden im TVöD

Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ist die Unterscheidung besonders bedeutsam. Hier gelten folgende Regelungen:

  • Regelarbeitszeit: einheitlich 39 Stunden pro Woche (bund-/kommunaler Bereich).
  • Mehrarbeit: Stunden, die Teilzeitkräfte über ihre vertragliche Arbeitszeit hinaus leisten, bis zur Vollzeitgrenze.
  • Überstunden: Arbeitsstunden, die über die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 39 Stunden hinausgehen; nur wenn sie angeordnet, dokumentiert und nicht durch Gleitzeit ausgeglichen werden.

Personalräte bzw. Betriebsräte haben hier eine zentrale Kontrollfunktion: Sie wachen darüber, dass Anordnungen dokumentiert, Arbeitszeitkonten korrekt geführt und gesetzliche oder tarifliche Grenzen eingehalten werden.

Überstunden oder Mehrarbeit bei Teilzeitkräften

Insbesondere Teilzeitbeschäftigte sind oft von Mehrarbeit betroffen und genau hier wird der Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden besonders deutlich:

  • Arbeitsstunden, die über die individuell vereinbarte Teilzeit hinausgehen, aber noch unter der Vollzeitgrenze liegen, gelten als Mehrarbeit.
  • Erst wenn auch die tarifliche oder betriebliche Regelarbeitszeit überschritten wird, handelt es sich um Überstunden.

Beispiel:

Eine Teilzeitkraft mit 25 Stunden/Woche arbeitet 35 Stunden: → 10 Stunden Mehrarbeit.

Erst ab der 40. Stunde (bei einer Vollzeitgrenze von 39 Stunden) sind es Überstunden.

Unterschied Mehrarbeit und Überstunden im AVR

In Einrichtungen der Caritas, Diakonie oder anderer kirchlicher Träger gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR). Auch hier bestehen Unterschiede:

  • AVR unterscheidet explizit zwischen Mehrarbeit (über die Teilzeit hinaus) und Überstunden (über die regelmäßige Vollzeit hinaus).
  • In vielen Fällen sind Überstunden nur bei ausdrücklicher Anordnung und Dokumentation vergütungspflichtig.
  • Zusätzlich gelten spezifische Regelungen zur Zeiterfassung und zum Freizeitausgleich. In manchen AVR-Anlagen muss ein Ausgleich sogar innerhalb derselben Kalenderwoche erfolgen, um Überstunden zu vermeiden.
Symposium Arbeitszeit 2026

 

Was Betriebsräte und Personalräte beachten sollten

Betriebsräte haben bei der Anordnung von Überstunden und Mehrarbeit ein umfassendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Sie sollten insbesondere:

  • auf eine klare Definition und Dokumentation der Arbeitszeiten achten,
  • auf eine gerechte Vergütung oder Freizeitausgleich bestehen,
  • auf die Belastung von Teilzeitkräften im Rahmen von Mehrarbeit eingehen,
  • bei Verstößen gegen gesetzliche oder tarifliche Regelungen eingreifen.

„Wer Mehrarbeit und Überstunden sauber voneinander trennt, schafft Klarheit und verhindert, dass Beschäftigte um ihren berechtigten Ausgleich gebracht werden.“
– Arbeitsrechtsexperte in einem Poko-Seminar

Regelmäßige Schulungen und Seminare helfen Betriebsräten dabei, rechtssicher und durchsetzungsstark zu agieren – auch in komplexen Fällen wie bei der Unterscheidung zwischen Überstunden und Mehrarbeit.

Überstunden oder Mehrarbeit – worauf es ankommt

Die Unterscheidung von Mehrarbeit und Überstunden entscheidet über Vergütung und Freizeitausgleich. Wer die Unterschiede kennt, kann rechtssicher handeln und Konflikte vermeiden – besonders in komplexen Bereichen. Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen sind gut beraten, sich mit den Bereichen intensiv auseinanderzusetzen.

Poko unterstützt Betriebsräte und Personalräte mit praxisnahen Schulungen zu Arbeitszeit und Vergütung – in Präsenz an unseren Poko-Standorten, als interaktives Betriebsrat-Webinar oder als maßgeschneiderte Inhouse-Schulung direkt in Ihrem Unternehmen. So erhalten Sie das notwendige Wissen, um Vergütungs- und Ausgleichsansprüche korrekt durchzusetzen und faire Regelungen im Betrieb zu etablieren.

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