Muss man Überstunden machen? Rechte und Pflichten

Überstunden gehören in vielen Betrieben zum Alltag, doch die Frage „Muss man Überstunden machen?“ ist rechtlich und praktisch nicht so einfach zu beantworten. Viele Beschäftigte fragen sich, welche Pflichten tatsächlich bestehen und wo klare Grenzen gezogen werden. Für Betriebsräte ist es daher entscheidend, das Arbeitsrecht gut zu kennen, um bei der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen aktiv mitwirken zu können.

Das Poko-Institut unterstützt Betriebsräte dabei, ihre Mitbestimmungsrechte effektiv einzusetzen: Mit Betriebsrat-Seminaren, Betriebsrat-Webinaren oder individuell zugeschnittenen Inhouse-Schulungen erhalten Gremien das notwendige Wissen, um Kolleg*innen fair und rechtssicher zu vertreten.

Seminar: Überstunden und Mehrarbeit

 

Muss man Überstunden machen? Das Wichtigste in Kürze

  • Keine generelle Pflicht zu Überstunden: Nur wenn Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung dies ausdrücklich regeln, können Arbeitgeber Überstunden anordnen.
  • Ausnahmen nur bei Notfällen: Ohne vertragliche Grundlage dürfen Überstunden nur in seltenen betrieblichen Notlagen verlangt werden.
  • Besondere Schutzrechte: Azubis, schwerbehinderte Menschen, Schwangere und Jugendliche sind besonders geschützt und müssen in der Regel keine Überstunden leisten.
  • Klare Grenzen: Die tägliche Arbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten, maximal zehn Stunden mit Ausgleich. Überstunden müssen entweder bezahlt oder mit Freizeit ausgeglichen werden.
  • Rolle des Betriebsrats: Mitbestimmung nach § 87 BetrVG, Gestaltung von Betriebsvereinbarungen und Schutz vor unzulässiger Mehrarbeit.

Überstunden: Die arbeitsrechtliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage für Überstunden findet sich im Arbeitsrecht. Grundsätzlich besteht keine allgemeine Verpflichtung, mehr zu arbeiten als im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Nur wenn im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ausdrücklich eine entsprechende Regelung enthalten ist, können Arbeitgeber Überstunden anordnen.

Gerichte haben zudem festgelegt, dass Überstunden nur in Ausnahmefällen ohne ausdrückliche Vereinbarung verlangt werden dürfen – etwa bei unvorhersehbaren betrieblichen Notlagen. Damit ist klar: Überstunden müssen nicht pauschal akzeptiert werden, sondern beruhen auf rechtlich geregelten Grundlagen.

Wann muss man Überstunden machen?

Ob Überstunden verpflichtend sind, hängt also immer von der rechtlichen Grundlage und den Umständen ab. Im Wesentlichen lassen sich zwei Konstellationen unterscheiden:

  • Vertragliche oder betriebliche Regelung: Sind Überstunden im Arbeits- oder Tarifvertrag beziehungsweise in einer Betriebsvereinbarung ausdrücklich vorgesehen, müssen Beschäftigte diese im vereinbarten Umfang leisten. Das Arbeitszeitgesetz setzt jedoch klare Schranken. Damit ist ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer*innen dauerhaft jeden Tag Überstunden leisten müssen.
  • Betriebliche Notfälle: Bei außergewöhnlichen Ereignissen wie technischen Störungen, Unfällen oder zur Vermeidung erheblicher wirtschaftlicher Schäden kann eine Pflicht zur Mehrarbeit auch ohne ausdrückliche Vereinbarung entstehen.

Besondere Arbeitnehmergruppen und ihre Rechte

Nicht jede Beschäftigtengruppe ist gleichermaßen verpflichtet, Überstunden zu leisten. Das Arbeitsrecht sieht für bestimmte Personengruppen besondere Schutzvorschriften vor. Dazu zählen:

  • Auszubildende: Überstunden sind für Azubis nur in Ausnahmefällen zulässig – etwa, wenn sie im Ausbildungsrahmenplan vorgesehen und für das Erreichen des Ausbildungsziels notwendig sind. Sie dürfen den Ausbildungszweck nicht gefährden und müssen stets vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden.
  • Schwerbehinderte Menschen: Diese Gruppe hat einen besonderen gesetzlichen Schutz. Eine Verpflichtung zur Mehrarbeit besteht nicht, Überstunden dürfen nur auf freiwilliger Basis geleistet werden.
  • Schwangere und Jugendliche: Für sie gilt ein generelles Mehrarbeitsverbot. Das Mutterschutzgesetz sowie das Jugendarbeitsschutzgesetz schließen Überstunden in der Regel aus, um Gesundheit und Entwicklung zu schützen.

Diese Beispiele verdeutlichen: Bestimmte Arbeitnehmergruppen haben zusätzliche Rechte, die von Arbeitgebern und auch von Betriebsräten bei der Gestaltung von Arbeitszeitregelungen unbedingt berücksichtigt werden müssen.

Wie viele Überstunden muss man machen?

Wie viele Überstunden geleistet werden müssen, ergibt sich aus den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes. Danach beträgt die regelmäßige tägliche Arbeitszeit acht Stunden. Eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden ist nur zulässig, wenn innerhalb von sechs Monaten ein entsprechender Ausgleich erfolgt. Zudem gibt es Folgendes zu beachten:

  • Unbezahlte Überstunden: Enthält der Arbeitsvertrag eine Klausel, nach der ein bestimmtes Überstundenkontingent mit dem Gehalt abgegolten ist, darf dies nicht unbegrenzt ausgeweitet werden. Solche Vereinbarungen sind nur wirksam, wenn sie transparent und rechtlich eindeutig formuliert sind.
  • Vergütung oder Freizeitausgleich: Besteht keine ausdrückliche Regelung, sind Überstunden entweder zusätzlich zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen.

Überstunden sind nicht grenzenlos verpflichtend. Nur auf Grundlage von Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder in seltenen Notfällen dürfen sie eingefordert werden.

Rolle des Betriebsrats bei Überstunden

Überstunden sind ein klassisches Thema der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Der Betriebsrat hat hier weitreichende Rechte und gestaltet aktiv mit, wie Mehrarbeit im Betrieb geregelt wird:

  • Betriebsvereinbarungen festlegen: Betriebsräte bestimmen verbindlich, wann Überstunden angeordnet werden dürfen, wie ihre Dokumentation erfolgt und welche Ausgleichsmöglichkeiten gelten.
  • Transparenz schaffen: Betriebsräte stellen sicher, dass Überstunden nicht zur Regel werden, sondern nur in klar definierten Ausnahmefällen zulässig sind.
  • Prävention fördern: Klare Regeln tragen dazu bei, Konflikte zu vermeiden, die Belastung der Beschäftigten zu reduzieren und faire Arbeitsbedingungen zu sichern.

Damit übernimmt der Betriebsrat eine Schlüsselrolle, um Arbeitnehmer*innen wirksam vor unzulässiger oder übermäßiger Mehrarbeit zu schützen.

Überstunden in der Praxis

Die Frage, ob man Überstunden machen muss, hängt immer von den rechtlichen Grundlagen ab. Ohne vertragliche Regelung oder betriebliche Notlage besteht keine Verpflichtung. Entscheidend ist, dass klare Grenzen eingehalten und Überstunden stets ausgeglichen werden.

Für Betriebsräte bedeutet das: Mit fundiertem Wissen im Arbeitsrecht können sie Kolleg*innen effektiv vertreten und für faire Arbeitszeitregelungen sorgen. Das Poko-Institut bietet hierfür umfangreiche Seminare für den Betriebsrat: in Präsenz an unseren Poko-Standorten, in Form von Betriebsrat-Webinaren oder praktischen Inhouse-Schulungen direkt bei Ihnen vor Ort – praxisnah, rechtssicher und auf die individuellen Anforderungen im Betrieb abgestimmt.

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