Alkohol im Betrieb – betriebliche Früherkennung

 

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Sucht- und Alkoholerkrankungen im Betrieb stellen ein enormes soziales und wirtschaftliches Problem dar. Abhängigkeitserkrankungen sind in allen Unternehmensformen und auf allen Hierarchieebenen zu finden. Ein frühzeitiges Intervenieren und ein abgestimmtes Hilfsangebot für die betroffenen Kollegen sind häufig die einzige Chance für deren Verbleib in der beruflichen und sozialen Umwelt.
 Die betriebliche Früherkennung ist ein wesentlicher Faktor, alkoholkranken Kollegen rechtzeitig Hilfen anzubieten und sie vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu bewahren. Betriebsräte haben wegen ihrer besonderen Vertrauensfunktion eine wichtige Aufgabe bei der betrieblichen Früherkennung. Allerdings stellt der Umgang mit abhängigen Kollegen für den Betriebsrat eine nicht zu unterschätzende Belastung und Verantwortung dar. Nur wer schon einmal ein Beratungsgespräch mit einem alkoholkranken Menschen geführt hat, weiß, wie schwierig und belastend diese Situation sein kann.

Einen trinkenden Kollegen als Alkoholiker zu bekennen ist kompliziert. Zum einen ist die Grenze zwischen allgemein akzeptiertem Konsum alkoholischer Getränke und Alkoholabhängigkeit fließend. Zum anderen gibt es unterschiedliche Erscheinungsformen der Abhängigkeit. Ein grundlegendes Problem im betrieblichen Alltag besteht darin, dass Alkoholprobleme zu spät erkannt bzw. zu spät ernst genommen werden. Viele Hinweise werden „übersehen“ oder verharmlost. Die Entwicklung zur Alkoholkrankheit geht mit grundlegenden Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen einher, die gerade im Arbeitsleben im Laufe der Zeit immer sichtbarer werden.

Erkennbare Anzeichen für Alkoholprobleme können sein: Häufige Abwesenheit vom Arbeitsplatz, Verlängerung der Pausen, Abwesenheit nach der Mittagspause, wiederkehrende vereinzelte Fehltage, nachlassende Arbeitsleistung, häufige Fehler, Unzuverlässigkeit, Versäumen von Terminen, zunehmender Rückzug von den Arbeitskollegen, aggressives Auftreten, häufiges Klagen über körperliche Beschwerden, große Verärgerung bei nichtigen Anlässen und großspuriges, rechthaberisches Auftreten.

Die o. a. Anzeichen für Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen sind nur einige typische Beispiele. Sie dürfen aber keineswegs als »Beweis« für vorliegende Alkoholprobleme betrachtet werden, da sie durchaus auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden können, sei es z. B. auf persönliche Schwierigkeiten, familiäre Probleme, gesundheitliche Gründe oder eine besonders belastende Arbeitssituation.

Es geht auch nicht um das vereinzelte Auftreten solcher Anzeichen. Aber wenn diese Verhaltensweisen sich häufen und bei den Betroffenen mit auffallenden Veränderungen verbunden sind, sollte dies für Arbeitskollegen, Vorgesetzte und Betriebsrat ein Grund sein, mit ihnen ein offenes Gespräch darüber zu führen. Leider wird es bisher immer noch versäumt, alkoholkranken Kollegen durch frühzeitige Gespräche die Möglichkeit zu geben, ihre ernste Situation zu erkennen und ihr Verhalten zu ändern. Erst wenn die Lage unerträglich wird, kommt es zu betrieblichen Reaktionen – Abmahnungen, Versetzungen und schließlich zu Kündigungen.

Ziel der betrieblichen Früherkennung ist es, alkoholkranken Kollegen rechtzeitig Hilfen anzubieten und sie vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zu bewahren.

Betriebliche Früherkennung darf nicht dazu führen, dass Kollegen »bespitzelt« und Alkoholkranke »überführt« und »bestraft« werden. Um einer Atmosphäre des Misstrauens im Betrieb entgegenzuwirken, muss betriebliche Früherkennung Hand in Hand mit umfassenden Aufklärungsmaßnahmen gehen. Allen Kollegen sollte durch das praktische Vorgehen deutlich werden, dass es wirklich darum geht, alkoholkranken Kollegen zu helfen.

Mit der betrieblichen Früherkennung von Alkoholproblemen und offenen Gesprächen mit alkoholkranken Kollegen ist ein erster wichtiger Schritt getan. Da aber mangelnde Krankheitseinsicht ein besonderes Merkmal der Alkoholabhängigkeit ist, führen diese offenen Gespräche in den seltensten Fällen zu einem schnellen Erfolg. Die Erfahrungen zeigen, dass es sinnvoll und möglich ist, an dem Leidensdruck anzuknüpfen. Durch die Erzeugung eines »konstruktiven Leidensdrucks« kann der Leidensweg des Alkoholabhängigen verkürzt werden. Ziel ist es, die Krankheitseinsicht und damit die Bereitschaft, sich in eine Behandlung zu begeben, zu fördern.

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