Mitbestimmungsrecht Betriebsrat: Rechte und Pflichten

 

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Der Betriebsrat sorgt dafür, dass die Interessen der Belegschaft bei unternehmerischen Entscheidungen angemessen berücksichtigt werden. Deswegen hat der Betriebsrat in vielen Angelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht. Er soll sich schließlich um die Belange der Kolleginnen und Kollegen kümmern, ihre Anregungen prüfen und gegebenenfalls an den Arbeitgeber herantragen sowie die Beschäftigung im Betrieb fördern und sichern.

Für den Betriebsrat bedeutet das, dass es Mitbestimmungsrechte in verschieden Bereichen gibt. Im Betriebsverfassungsgesetzt (BetrVG) werden die Aufgaben des Betriebsrats in drei große Bereiche unterteilt:

1. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten
2. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
3. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

Das klingt komplex? Bei Poko finden Sie Betriebsrat-Seminare, in denen Sie die Rechte und Aufgaben sowie die Grenzen des Mitbestimmungsrechts für den Betriebsrat besser kennenlernen. Zudem gibt es auch speziell ein Seminar zur Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber – so lernen Sie, mit dem Arbeitgeber umzugehen und die Interessen Ihrer Kolleg*innen optimal zu vertreten.

 

Wie funktioniert das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats?

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind essenzielle Instrumente der betrieblichen Mitbestimmung. Der Betriebsrat unterliegt sogar einer Mitbestimmungspflicht, denn ohne die Zustimmung darf der Arbeitsgeber viele Entscheidungen nicht treffen. Diese Rechte gewährleisten, dass der Betriebsrat in entscheidenden betrieblichen Fragen ein Mitspracherecht hat und somit die Interessen der Belegschaft vertreten kann. Der Betriebsrat hat zudem ein Initiativrecht, er kann also auch von sich aus tätig werden und Maßnahmen oder Regelungen verlangen.

Ein Beispiel für das echte Mitbestimmungsrecht ist die Gestaltung der Arbeitszeit. In diesem Bereich darf der Arbeitgeber ohne die Zustimmung des Betriebsrats keine Veränderungen vornehmen. Stattdessen ist er verpflichtet, sich mit dem Betriebsrat abzustimmen und dessen Einverständnis für geplante Maßnahmen zu suchen. Sollte der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, kann der Arbeitgeber in einem solchen Fall die Einigungsstelle anrufen. Diese entscheidet dann verbindlich, ob und in welcher Form die Maßnahme, die unter das Mitbestimmungsrecht fällt, umgesetzt werden darf. Auch der Betriebsrat hat das Recht, eine Einigungsstelle einzuschalten, wenn mit dem Arbeitgeber keine Einigung getroffen werden kann.

Betriebsrat Mitbestimmungsrecht auch in Not- und Eilfällen

Laut Betriebsverfassungsgesetz kann der Arbeitgeber in Notfällen vorübergehende Maßnahmen ergreifen, auch ohne die vorherige Zustimmung des Betriebsrats. Diese Maßnahmen sind jedoch streng auf die Notfallsituation beschränkt und müssen darauf abzielen, unmittelbare Schäden vom Unternehmen oder den Mitarbeiter*innen abzuwenden. Die Definition dessen, was als Not- oder Eilfall gilt, kann variieren, bezieht sich jedoch im Allgemeinen auf unvorhersehbare Ereignisse, die ein schnelles Handeln erfordern, um ernsthafte Schäden für das Unternehmen oder seine Mitarbeitenden zu verhindern, beispielsweise ein Brandfall.

Sollten Unstimmigkeiten darüber entstehen, ob eine Situation tatsächlich einen Notfall darstellte und ob die ergriffenen Maßnahmen angemessen waren, kann der Fall einer Einigungsstelle vorgelegt werden. In Notfällen kann also das Mitbestimmungsverfahren kurzfristig umgangen werden kann. Dennoch ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Betriebsrat so schnell wie möglich nach der Durchführung der Maßnahme zu informieren und ihn in die weiteren Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Dies stellt sicher, dass die Interessen der Belegschaft auch in Not- und Eilfällen berücksichtigt werden. Der Betriebsrat behält das Recht, die ergriffenen Maßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls Änderungen oder den Widerruf zu fordern.

In Eilfällen, die nicht direkte Notfälle darstellen, besteht weiterhin das übliche Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Arbeitgeber muss also auch in kurzfristigen Situationen die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

Beispiel

In einer Softwareentwicklungsfirma wird kurzfristig ein kritischer Fehler in einem wichtigen Projekt entdeckt, das am nächsten Tag an den Kunden ausgeliefert werden soll. Um den Fehler zu beheben und den Zeitplan einzuhalten, ist es notwendig, dass einige Entwickler*innen am Abend länger arbeiten, um die notwendigen Korrekturen durchzuführen. Auch in diesem Fall hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Anordnung von Überstunden. Dieses Recht bleibt bestehen, auch wenn die Entscheidung über die Überstunden schnell getroffen werden muss, um den Projekterfolg zu sichern. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umgehend über die Notwendigkeit der Überstunden informieren und seine Zustimmung einholen, bevor die Überstunden angeordnet werden können. Sollte keine schnelle Einigung erreicht werden, könnte die Angelegenheit unter Umständen einer Einigungsstelle vorgelegt werden, um eine Lösung zu finden.

 

1. Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats spielt eine zentrale Rolle in verschiedenen sozialen Angelegenheiten innerhalb eines Unternehmens (§ 87 Abs. 1 BetrVG), vor allem, wenn keine gesetzlichen oder tarifvertraglichen Regelungen vorliegen. Zu den Kernbereichen des Mitbestimmungsrechts gehören:

  1. Ordnung des Betriebs: Der Betriebsrat hat ein Mitspracherecht bei der Festlegung von Verhaltensregeln, wie beispielsweise Rauch- und Alkoholverbote, die zur Ordnung des Betriebs beitragen.
  2. Arbeitszeitregelungen: Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich auf die Arbeitszeitgestaltung, inklusive Schichtarbeit, Gleitzeit, Pausenregelungen, Überstunden und Kurzarbeit. Auch bei Dienstreisen hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, konkret in den Fragestellungen, wie lange eine Dienstreise stattfindet, was davon als Arbeitszeit angerechnet wird und welche Verkehrsmittel verwendet werden dürfen. Außerdem darf der Betriebsrat ebenfalls bei den Spesenregelungen mitbestimmen.
  3. Urlaubsregelung: Der Betriebsrat wirkt bei der Erstellung des Urlaubsplans mit und bestimmt über die Verteilung von Betriebsferien und festgelegten Brückentagen.
  4. Arbeitsentgelt: Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, einschließlich Vergünstigungen, Prämien und Zielvereinbarungen oder Gehaltserhöhungen, fallen ebenfalls unter das Mitbestimmungsrecht.
  5. Technische Kontrolleinrichtungen: Der Betriebsrat hat ein Mitspracherecht bei der Einführung von Technologien zur Mitarbeiterkontrolle, also Überwachungstechnologien wie Telefondatenerfassungsanlagen oder Internetzugangskontrollen.
  6. Arbeits- und Gesundheitsschutz: Ein wesentlicher Aspekt des Mitbestimmungsrechts ist die Förderung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz. Besuchen Sie dazu auch das Seminar Arbeits- und Gesundheitsschutz, um die elementaren Grundlagen zu erlernen.

In diesen Bereichen agiert der Betriebsrat als gleichberechtigter Partner des Arbeitgebers. Dies bedeutet, dass keine Regelungen ohne seine Zustimmung getroffen werden können.

 

2. Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten

Der Betriebsrat hat Beteiligungsrechte, wenn es um die Begründung, den Inhalt, die Veränderung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen geht. Der Umfang der Beteiligung des Betriebsrats richtet sich nach der jeweiligen Art der personellen Maßnahme:

  1. Kündigungen: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung detailliert darzulegen . Dies umfasst sowohl personenbezogene Gründe, wie etwa Leistungsdefizite oder Fehlverhalten, als auch betriebsbedingte Gründe, wie Umstrukturierungen oder wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Betriebsrat hat dann die Möglichkeit, die Kündigung zu prüfen und Stellung zu nehmen, wobei er verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie die Einhaltung von sozialen Auswahlkriterien bei betriebsbedingten Kündigungen oder die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit bei verhaltens- oder personenbedingten Kündigungen. Wird der Betriebsrat allerdings übergangen, d.h. gar nicht, falsch oder zu spät angehört, ist die Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers bzw. der betroffenen Arbeitnehmerin nicht wirksam. Mehr zu dem Thema können Sie auch in dem passenden Seminar zu Kündigungen und Umstrukturierung lernen.
  2. Versetzungen und Einstellungen: Der Betriebsrat kann der Einstellung zustimmen, sie unter Auflagen billigen oder sie ablehnen. Ablehnungsgründe können beispielsweise Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sein. Auch wenn der Betriebsrat Bedenken hinsichtlich der Qualifikation des oder der Bewerber*in für die spezifische Stelle hat oder wenn durch die Einstellung die Einführung neuer Arbeitsmethoden zu erwarten ist, die sich nachteilig auf die Belegschaft auswirken könnten, kann er seine Zustimmung verweigern. Auch bei der Versetzung prüft der Betriebsrat, ob die Versetzung den Interessen der betroffenen Mitarbeiter*innen entspricht und ob sie mit den geltenden Regelungen wie Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen konform geht.
  3. Ein- oder Umgruppierung (in betriebliche oder tarifliche Vergütungssysteme): Bei jeder geplanten Ein- oder Umgruppierung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin muss der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig informieren und die Gründe für die Maßnahme erläutern. Die Ein- oder Umgruppierung kann sich aufgrund verschiedener Faktoren ergeben, wie beispielsweise einer Änderung der Tätigkeit, einer Neubewertung der Position oder einer Anpassung an tarifliche Änderungen.
  4. Personalfragebögen, Beurteilungsgrundsätze und Maßnahmen zur betrieblichen Weiterbildung: Der Betriebsrat ist bei der Gestaltung von Personalfragebögen und Beurteilungsgrundsätzen zu beteiligen sowie bei Maßnahmen der betrieblichen Fortbildung einzubeziehen. Außerdem kann der Betriebsrat Vorschläge zur Beschäftigungssicherung unterbreiten.

 

3. Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

Auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten stehen dem Betriebsrat verschiedene Beteiligungsrechte zu, selbst wenn diese begrenzt sind, da es um unternehmerische Entscheidungen geht, die der Betriebsrat grundsätzlich nicht verhindern kann. Ab einer gewissen Unternehmensgröße ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden, der die Aufgabe hat, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat darüber zu unterrichten. Dem Wirtschaftsausschuss stehen verschiedene Auskunfts-, Informations- und Beratungsrechte zu. Auch der Wirtschaftsausschuss hat zudem ein Mitbestimmungsrecht in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

Im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes hat auch der Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten ein Informations- und Beratungsrecht. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über geplante wirtschaftliche Veränderungen informieren muss, wie etwa bei Betriebsänderungen, die zu wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft führen können. Dies betrifft z.B.

  • die Verlagerung des Betriebes
  • Änderungen der Betriebsorganisation
  • beabsichtigte Stilllegungen
  • Personalreduzierungen
  • Fusionen
  • größere Umstrukturierungen
  • Einführungen neuer Arbeitsmethoden.

Der Betriebsrat hat das Recht, zu diesen Plänen Stellung zu nehmen und kann im Rahmen der Beratung mit dem Arbeitgeber Vorschläge oder Bedenken äußern. Zwar hat der Betriebsrat in diesen Fällen kein direktes Mitentscheidungsrecht, aber seine Meinung und seine Vorschläge müssen vom Arbeitgeber ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

 

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