Bildungsurlaub – Definition, Voraussetzung und Beantragung

Bildungsurlaub, auch als Bildungsfreistellung oder Bildungszeit bekannt, ist eine berufliche oder politische Weiterbildungsmaßnahme, die es Arbeitnehmer*innen ermöglicht, sich bezahlte Freistellung für Fortbildungen zu nehmen.

Diese besondere Form des Urlaubs unterscheidet sich deutlich vom Erholungsurlaub und wird zusätzlich zu diesem gewährt. Auch Betriebsratsmitglieder können für Schulungen im Rahmen der Betriebsratsarbeit Bildungsurlaub in Anspruch nehmen. Je nach Wohnort und Beschäftigungsverhältnis kann die genehmigte Zeit variieren.

Die wichtigsten Informationen zum Thema Bildungsurlaub, Regelungen für Betriebsratsmitglieder, sowie Ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen finden Sie in diesem Artikel oder während einem der lohnenswerten Betriebsrat-Seminaren des Poko-Instituts.

Was ist Bildungsurlaub?

Bildungsurlaub ist ein gesetzlich verankertes Recht in den meisten Bundesländern Deutschlands, mit Ausnahme von Sachsen und Bayern. Die Bildungsurlaub-Angebote dienen der beruflichen oder politischen Bildung und bieten Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit, sich in selbst gewählten Weiterbildungsmaßnahmen fortzubilden. Diese können sowohl Themen der politischen Bildung als auch berufsspezifische Inhalte umfassen. Volkshochschulkurse und Seminare eignen sich genauso für eine Bildungsfreistellung, wie Sprachreisen ins Ausland.

Arbeitnehmer*innen haben das Recht, frei zu wählen, an welcher Maßnahme sie teilnehmen möchten und wann dies geschehen soll. Der Arbeitgeber hat allerdings die Möglichkeit, die Freistellung zu dem gewünschten Zeitpunkt aus betrieblichen Gründen

Regelungen und Anspruch auf Bildungsurlaub nach Bundesland

Der Anspruch auf Bildungsurlaub ist in den meisten Bundesländern durch eigene Landesgesetze geregelt. Lediglich für Bildungsurlaub in Bayern und Sachsen existieren gegenwärtig keine gesetzlichen Regelungen:

 

Bundesland

Bildungsurlaub Regelung

Bildungsurlaub Baden-Württemberg

  • Anspruch auf bis zu fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr

Bildungsurlaub Berlin, Bremen, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz

  • Zehn Tage Bildungszeit innerhalb von zwei Jahren

Bildungsurlaub Mecklenburg-Vorpommern

  • Zehn Tage Bildungsfreistellung pro Kalenderjahr

Bildungsurlaub Niedersachsen

  • Anspruch auf bis zu fünf Tage Bildungsfreistellung pro Jahr
  • Eine Kumulierung ist mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.

Bildungsurlaub Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt

  • Anspruch auf bis zu fünf Tage Bildungszeit pro Jahr
  • Eine Kumulierung innerhalb von zwei Jahren ist möglich

Bildungsurlaub Saarland

  • Anspruch auf bis zu sechs Tage Bildungsfreistellung pro Jahr

Bildungsurlaub Schleswig-Holstein, Thüringen

  • Anspruch auf bis zu fünf Tage Bildungsfreistellung pro Jahr, abhängig von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit
  • Eine Kumulierung innerhalb von zwei Jahren ist möglich

 

Bildungsurlaub beantragen – Voraussetzungen, Auswahl und Antragsstellung

Die Beantragung von Bildungsurlaub kann je nach Bundesland und Arbeitgeber unterschiedlich verlaufen, jedoch gibt es allgemeine Schritte, die in den meisten Fällen zutreffen:

  • Zunächst sollten sich Arbeitnehmer*innen informieren, ob sie in ihrem Bundesland Anspruch auf Bildungsurlaub haben
  • Anschließend wählt der Arbeitnehmer*in eine geeignete Weiterbildungsmaßnahme, die den Kriterien für Bildungsurlaub entspricht. Die Absicht eine Bildungsfreistellung zu nehmen, sollte frühzeitig gegenüber dem Arbeitgeber kommuniziert werden
  • Der Anbieter der Bildungsmaßnahme muss gelistet sein
  • Der Arbeitnehmer muss im nächsten Schritt eine Beratung vor Ort beim Bildungsträger in Anspruch nehmen, in dem verschiedene Angebote besprochen werden
  • Der oder die Arbeitnehmer*in stellt dann schriftlich einen formellen Antrag auf Bildungsurlaub. In vielen Fällen stellen Bildungsträger vorgefertigte Antragsformulare zur Verfügung, die genutzt werden können. In einigen Bundesländern sind bestimmte Fristen einzuhalten, z.B. vier bis sechs Wochen vor Beginn der Weiterbildungsmaßnahme. Oft kann das direkt innerhalb der Beratung erfolgen
  • Der Arbeitgeber prüft den Antrag und kann nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. Eine Ablehnung muss also begründet werden.
  • Nach Abschluss der Weiterbildungsmaßnahme erhält der Arbeitnehmer*in eine Teilnahmebescheinigung vom Bildungsträger. Diese sollte dem Arbeitgeber vorgelegt werden, um die tatsächliche Teilnahme zu bestätigen.

Finanzielle Unterstützung für Unternehmen bei Bildungsfreistellung

Einige Bundesländer, wie Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, bieten kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) pauschalisierte Erstattungsansprüche für Lohnkosten an. Diese Maßnahmen sollen die finanziellen Belastungen für Arbeitgeber ausgleichen, die durch die Freistellung ihrer Mitarbeitenden entstehen.

Unternehmen, die von dieser Unterstützung profitieren möchten, müssen in der Regel einen formalen Antrag bei der zuständigen Landesbehörde oder einer anderen beauftragten Stelle einreichen. Der Antrag sollte möglichst frühzeitig gestellt werden, um eine rechtzeitige Bearbeitung und Bewilligung sicherzustellen. Es empfiehlt sich, die genauen Bestimmungen und Fristen im jeweiligen Bundesland zu prüfen.

Nutzung des Bildungsurlaubs

In den 1980er Jahren, als der Bildungsurlaub eingeführt wurde, wurde er überwiegend von Arbeitern, hauptsächlich Männern, in Anspruch genommen. Heute hat sich die Nutzung auf alle betrieblichen Ebenen ausgeweitet.

Trotz der gesetzlichen Verankerung und der möglichen Vorteile wird der Bildungsurlaub heutzutage nur von einem kleinen Teil der Arbeitnehmer genutzt. Schätzungen zufolge nehmen nur 1-2 % der deutschen Arbeitnehmer*innen ihren Anspruch auf Bildungsurlaub wahr. Verschiedene Gründe tragen zu dieser niedrigen Nutzung bei:

  • Unkenntnis: Viele Arbeitnehmer*innen sind sich nicht bewusst, dass sie Anspruch auf Bildungsurlaub haben, oder kennen die genauen Regelungen nicht.
  • Betriebliche Hindernisse: Arbeitgeber können die Freistellung aus betrieblichen Gründen ablehnen, was die Inanspruchnahme erschwert.
  • Kosten und Aufwand: Einige Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber scheuen den administrativen Aufwand und die möglichen Kosten, obwohl es in einigen Bundesländern finanzielle Unterstützung gibt.

Kultur und Einstellung: In einigen Unternehmen und Branchen ist der Bildungsurlaub weniger etabliert oder wird nicht aktiv gefördert.

Berufliche Weiterbildung mit Poko-Seminaren

Bildungsurlaub ist eine wertvolle Möglichkeit für Arbeitnehmende, sich beruflich oder politisch weiterzubilden, ohne dafür ihren Erholungsurlaub opfern zu müssen. Nutzen Sie Ihren Anspruch auf Bildungsurlaub und erweitern Sie Ihre Kenntnisse und Fähigkeiten.