Krankenrückkehrgespräch

Krankenrückkehrgespräche und Betriebsrat

Der Vorgesetzte führt mit Mitarbeitenden, die zuvor arbeitsunfähig erkrankt waren, ein vertrauliches Gespräch, das Krankenrückkehrgespräch. Auch die Namen Fehlzeitengespräch, Fürsorgegespräch oder Mitarbeitergespräch werden häufig verwendet. Dieses Gespräch findet im Rahmen der Fürsorgepflicht des oder der Vorgesetzten statt. Auch wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer auffällige Verhaltensänderungen zeigt, steht es den Vorgesetzten frei, ein solches Gespräch aufzusuchen. Der Betriebsrat kann hier unterstützend agieren und hat zudem ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von Krankenrückkehrgesprächen.

Um das Ausmaß des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats genauer kennenzulernen, empfiehlt sich, ein Grundlagenseminar zum Betriebsverfassungsgesetz zu besuchen.

Worum geht es in einem Krankenrückkehrgespräch?

Ziel des Krankenrückkehrgesprächs ist es, die Mitarbeitenden wieder in den Arbeitsalltag zu integrieren und zu unterstützen. Gesprochen wird über die Rahmenbedingungen des oder der Arbeitnehmer*in in dem persönlichen Umfeld sowie bei der Arbeit (z.B. über Arbeitsplatzergonomie, Arbeitspensum, Arbeitszeiten, Ärger mit Kolleg*innen oder Führungskraft, fehlende Unterstützung).

Genauer sollte auf folgende Punkte eingegangen werden:

  1. Aktueller Gesundheitszustand: Es wird besprochen, wie es dem oder der Arbeitnehmer*in gesundheitlich geht und ob es Einschränkungen gibt, die bei der Arbeit berücksichtigt werden müssen.
  2. Arbeitsfähigkeit: Es wird erörtert, inwieweit die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter in der Lage ist, die gewohnten Tätigkeiten wieder aufzunehmen oder ob Anpassungen (z.B. reduzierte Arbeitszeiten oder spezielle Aufgaben) notwendig sind.
  3. Unterstützung am Arbeitsplatz: Der Arbeitgeber kann Maßnahmen vorschlagen, die dem oder der Mitarbeiter*in helfen sollen, wieder Fuß zu fassen. Dazu können ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz oder eine stufenweise Wiedereingliederung gehören.
  4. Prävention und Zukunftsvorsorge: Oft wird auch besprochen, wie zukünftige Krankheiten vermieden oder frühzeitig erkannt werden können. Hierbei können Themen wie Arbeitsbelastung, Stressmanagement und gesundheitsfördernde Maßnahmen zur Sprache kommen.
  5. Klärung organisatorischer Fragen: Es kann auch um praktische Aspekte wie Nachholbedarf bei Projekten, aktuelle Teamkonstellationen oder verpasste Informationen gehen.

Ziel ist es, gemeinsam mit den Arbeitnehmenden zu erörtern, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt sowie ggf. der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Wichtig für den Vorgesetzten ist zu erfahren, ob die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter nach der Rückkehr wieder zu 100 Prozent am Arbeitsplatz eingesetzt werden kann.

Ist ein Krankenrückkehrgespräch Pflicht?

Für den Arbeitgeber besteht keine Verpflichtung, ein Krankenrückkehrgespräch zu führen. Es ist jedoch eine weit verbreitete Methode, um Mitarbeitende nach Krankheit zu unterstützen. Wird ein*e Arbeitnehmer*in zu einem Krankenrückkehrgespräch gebeten, muss die Person diesem Gespräch nachkommen.

Die Gespräche sind regelmäßig für mehrere Stufen standardisiert und erfolgen nach bestimmten Strukturen. Sollen die Ergebnisse der Rückkehrgespräche aufgezeichnet werden, ist aus datenschutzrechtlichen Gründen der oder die Arbeitnehmer*in darüber zu informieren und die Einwilligung einzuholen.

Was hat der Betriebsrat mit dem Krankenrückkehrgespräch zu tun?

In Bezug auf die Rolle des Betriebsrats bei Krankenrückkehrgesprächen, insbesondere unter Berücksichtigung der formalisierten Krankengespräche zur Aufklärung eines überdurchschnittlichen Krankenstands, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG von zentraler Bedeutung. Dieses Recht räumt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von Krankenrückkehrgesprächen ein, da sie das Verhalten der Arbeitnehmenden in Bezug auf die betriebliche Ordnung betreffen.

Mitbestimmungspflichtige Aspekte

  • Formalisierung und Systematisierung: Wenn der Arbeitgeber plant, systematische Krankenrückkehrgespräche einzuführen, die darauf abzielen, Krankheitsursachen zu erforschen und arbeitsplatzspezifische Probleme zu identifizieren, fällt dies unter das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Das schließt Gespräche ein, die potenziell zu individualrechtlichen Maßnahmen bis hin zur Kündigung führen können. Der Betriebsrat hat hier die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen mitzugestalten und zu kontrollieren.
  • Gestaltung des Verfahrens: Es empfiehlt sich, dass das Verfahren der Krankenrückkehrgespräche in Anlehnung an die Vorschriften des betrieblichen Eingliederungsmanagements gestaltet und in einer Betriebsvereinbarung festgelegt wird. Das sichert eine transparente und geregelte Durchführung der Gespräche.

Schutz der Arbeitnehmenden

Der Betriebsrat hat die Aufgabe, das Schutzbedürfnis der Arbeitnehmenden zu wahren, besonders hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsrechte. Dazu gehört:

  • Inhalt der Gespräche: Der Betriebsrat sollte sicherstellen, dass während der Krankenrückkehrgespräche nur Fragen gestellt werden, die sich direkt auf betriebliche Krankheitsursachen und die Unterstützung bei der Wiedereingliederung beziehen. Somit unterstützt der Betriebsrat die Arbeitnehmerrechte bei Rückkehr nach Krankheit.
  • Qualifikation der Gesprächsführer*innen: Es sollte darauf geachtet werden, dass nur speziell geschulte Vorgesetzte diese sensiblen Gespräche führen.
  • Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds: Der Betriebsrat kann darauf bestehen, dass ein Mitglied des Betriebsrats an den Krankenrückkehrgesprächen teilnimmt, um die Einhaltung der vereinbarten Richtlinien zu überwachen und die Interessen der Arbeitnehmenden zu vertreten.

Was darf der Arbeitgeber fragen?


Bei einem Krankenrückkehrgespräch sollten der Arbeitgeber und auch der Betriebsrat darauf achten, dass die Fragen angemessen und gesetzlich zulässig sind. Dabei gibt es Aspekte, die der Arbeitgeber explizit erfragen darf und solche, die zur Privatsphäre der Arbeitnehmer*innen gehören und den Arbeitgeber nichts angehen.

Erlaubte Fragen

  1. Arbeitsfähigkeit: Der Arbeitgeber kann allgemein nachfragen, ob der oder die Mitarbeiter*in sich in der Lage fühlt, die regulären Tätigkeiten wieder aufzunehmen oder ob Anpassungen erforderlich sind. Das kann Fragen nach der aktuellen Leistungsfähigkeit und eventuellen Arbeitsplatzanpassungen einschließen.
  2. Unterstützungsbedarf: Es ist zulässig, zu erfragen, welche Unterstützung der oder die Mitarbeiter*in benötigt, um die Arbeit wieder aufnehmen zu können. Das könnte Unterstützung durch spezielle Ausrüstung, veränderte Arbeitszeiten oder andere Anpassungen umfassen.
  3. Allgemeines Wohlbefinden: Der Arbeitgeber kann sich nach dem allgemeinen Wohlbefinden der Person erkundigen, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie der oder die Mitarbeiter*in sich fühlt und wie die Person am besten unterstützt werden kann.

Nicht erlaubte Fragen

  1. Medizinische Details: Fragen nach spezifischen medizinischen Diagnosen oder Behandlungen sind nicht zulässig, da diese die Privatsphäre der betroffenen Person betreffen und für die Wiederaufnahme der Arbeit nicht unbedingt relevant sind.
  2. Ursachen der Krankheit in der Privatsphäre: Der Arbeitgeber sollte keine Fragen zu persönlichen Lebensumständen stellen, die nicht direkt mit der Arbeitsfähigkeit zusammenhängen, wie etwa private Probleme oder familiäre Situationen.
  3. Spekulative Fragen: Fragen, die darauf abzielen, zu spekulieren, ob der oder die Mitarbeiter*in in Zukunft häufig krank sein könnte, sind unzulässig und können als diskriminierend wahrgenommen werden.

Was ist der Unterschied zum bEM-Gespräch?

Nach § 167 Absatz 2 Schwerbehindertengesetzbuch (SGB) IX sind Arbeitgeber verpflichtet, allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) anzubieten. Ziel ist es, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Es handelt sich um ein formaleres Verfahren, das oft mehrere Schritte umfasst, einschließlich der Analyse der Arbeitsfähigkeit, der Planung individueller Maßnahmen zur Wiedereingliederung und der möglichen Anpassung des Arbeitsplatzes. BEM-Gespräche werden vom BEM- bzw. Integrationsteam geführt. Außerdem muss der bzw. die Arbeitnehmer*in einer Teilnahme am bEM-Gespräch erst zustimmen, während er an einem Krankenrückkehrgespräch teilnehmen muss.

Die Krankenrückkehrgespräche werden dagegen meist durch die direkte Führungskraft oder einen Personalverantwortlichen bereits bei einer kürzeren (weniger als 6 Wochen) bzw. wiederholten Erkrankungsdauer durchgeführt. Es ist weniger formell und nicht gesetzlich vorgeschrieben wie das bEM.

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