Darf der Arbeitgeber einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer heimlich überwachen?

 

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Grundsätzlich nein. Will der Arbeitgeber seinen Beschäftigen heimlich überwachen, braucht er überzeugende Gründe für seinen Verdacht. Liegen diese nicht vor, kann der Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche gelten machen.

Zum Fall:

In dem vom BAG entschiedenen Fall war die Beschäftigte über einen Zeitraum von ca. neun Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Sie legte zunächst mehrere aufeinanderfolgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) ihres Hausarztes wegen Erkältungskrankheiten vor, und nahtlos darauf folgten zwei AU eines Orthopäden wegen eines Bandscheibenvorfalls.

Da der Arbeitgeber vermutete, dass die Krankheit nur vorgetäuscht war, ließ er seine Beschäftigte von einer Detektei an vier Tagen heimlich überwachen. Der erstellte Bericht umfasste unter anderem private Videoaufnahmen der Klägerin und ihres Mannes vor ihrem Privathaus, auf dem Balkon sowie während des Einkaufs.

Im Rahmen der Kündigungsschutzklage führte der Arbeitgeber die privaten Aufnahmen der Klägerin in den Prozess ein. Die Klägerin fühlte sich durch die Aufnahmen in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt und beantragte, ihren Arbeitgeber auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu verurteilen. Das Gericht gab der Klägerin Recht. Die Beschäftigte wurde durch die heimlichen Videoaufnahmen rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Heimliche Videoaufnahmen wären nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn ein begründeter Verdacht bestanden hätte, dass die Beschäftigte im Arbeitsverhältnis eine Straftat begangen hat. Die bloßen Zweifel des Arbeitgebers an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin reichten nicht aus. Aufgrund des hohen Beweiswertes einer AU müssen nach Ansicht des BAG zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um eine Überwachung des Arbeitnehmers zu rechtfertigen. Allein eine Änderung des Krankheitsbildes oder die Ausstellung einer AU durch verschiedene Ärzte reichen insofern nicht aus.

Fazit:

Die heimliche Überwachung eines Arbeitnehmers ist nicht ganz unmöglich, aber fast...