Muss Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz vergütet werden und werden z. B. Reisezeiten, die keine Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz sind, vergütet? Diese Fragen sind immer wieder Themen im betrieblichen Alltag.
Zunächst: Das Arbeitszeitgesetz regelt (mit Ausnahme von Nachtarbeit für Nachtarbeitnehmer) nicht die Vergütung. Es regelt nur, was Arbeitszeit ist. Ob dafür dem Arbeitnehmer Geld zusteht, regelt sich nach dem Arbeitsvertrag.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer muss mit dem Dienstfahrzeug zu einem Weiterbildungsseminar fahren. Weil er mit dem Pkw fahren muss, ist die Reise Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz. Es kann aber vereinbart werden, dass er für die Fahrzeit z. B. nur eine Pauschale erhält. Allerdings ist das Mindestlohngesetz auf Basis der Monatsvergütung zu beachten.
Anderseits: Der Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf Arbeitsvergütung haben, obwohl auf aufgewandte Zeit keine Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz ist.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer muss nach China fliegen, um dort seine Arbeit aufnehmen zu können. Da der Arbeitnehmer auf dem Flug schlafen kann und nicht arbeiten muss, ist die Reisezeit keine Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz. Trotzdem: die Reisezeit ist nach § 611 a BGB zu vergüten, sollte keine andere Vereinbarung getroffen worden sein. Das BAG (Urteil vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17) begründet dies wie folgt:
Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 a Abs. 2 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an. Dazu zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Arbeitsvertragverlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise von deren Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Zu den i. S. v. § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Diensten“ gehört auch das vom Arbeitgeber angeordnete Fahren vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle. Derartige Fahrten sind eine primär fremdnützige, den betrieblichen Belangen des Arbeitgebers dienende Tätigkeit und damit „Arbeit“. Durch das Anordnen der Fahrten macht der Arbeitgeber diese zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung. Dasselbe gilt für Reisen, die wegen einer vorübergehenden Entsendung zur Arbeit ins Ausland erforderlich sind. Diese sind fremdnützig und damit jedenfalls dann Arbeit im vergütungsrechtlichen Sinn, wenn sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgen und in untrennbarem Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung stehen. In diesem Fall gehören - wie die Fahrt des Arbeitnehmers zu und von einer (inländischen) auswärtigen Arbeitsstelle - Hin- und Rückreise bei der vorübergehenden Entsendung ins Ausland zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten.
Allerdings: Ob Arbeitszeit und Reisezeit zu vergüten ist, ist Sache des Arbeitgebers und der Arbeitsvertragsparteien; der Betriebsrat kann eine Regelung darüber nicht erzwingen.