Rückzahlungsklauseln - muss ich mein Weihnachtsgeld zurückzahlen, wenn ich kündige?

 

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Kann vom Arbeitgeber bereits ausgezahltes Weihnachtsgeld wieder zurückgefordert werden?

Hat der Arbeitgeber gegenüber einem ausscheidenden Arbeitnehmer einen solchen Rückzahlungsanspruch? Diese Frage haben die Gerichte regelmäßig in Konstellationen zu beantworten, in denen nach Auszahlung des Weihnachtsgelds auf Arbeitnehmerseite gekündigt wird.

Entscheidungskriterium: Funktion des Weihnachtsgelds

Eine gesetzliche Pflicht zur Rückzahlung besteht grundsätzlich nicht.

Ob eine Rückzahlungsverpflichtung vertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden kann, hängt davon ab, welche Funktion die Auszahlung des Weihnachtsgelds hatte. Man differenziert zwischen einem 13. Monatsgehalt und einer Gratifikation.

Ein 13. Monatsgehalt ist in keinem Fall zurückzuzahlen, da es sich hier um ein Arbeitsentgelt handelt. Das bedeutet, dass es zusätzlich ausgezahlt wird, mit der Funktion die im laufenden Jahr geleistete Arbeit über das „normale Entgelt“ hinaus zu vergüten. Das Bundesarbeitsgericht hat diesbezüglich entschieden, dass ein Widerspruch „in sich“ vorliegt, wenn die Zahlung, die an eine bereits erbrachte Leistung gekoppelt wurde, wieder zurückgefordert werden kann.

Eine Gratifikation wird dagegen für vergangene aber auch zukünftige Diensttreue gewährt. Das heißt, die Auszahlung ist nicht an bereits erbrachte Leistungen geknüpft. Vielmehr soll der finanzielle Bonus den jeweiligen Mitarbeiter - jedenfalls kurzfristig - an das Unternehmen binden. Wenn der Arbeitnehmer nun unmittelbar nach der Auszahlung des Weihnachtsgelds kündigt, kann dies im Widerspruch zu der mit der Auszahlung angestrebten Betriebstreue stehen.

Zusammengefasst: Wird eine Gratifikation daher ausschließlich der Honorierung der Betriebstreue wegen ausgezahlt, kann sich der Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb von der Rechtsprechung entwickelter Grenzen die Rückzahlung von Gratifikationen vorbehalten.

Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln: angemessener Bindungszeitraum

Zunächst ist die Rückforderung überhaupt nur dann rechtlich zulässig, wenn eine entsprechende Regelung von vornherein eindeutig formuliert wurde. Denn Betriebstreue kann nur für eine vorher vereinbarte Zeitspanne erwartet werden.

Dies geschieht regelmäßig in Form von Betriebsvereinbarungen oder wird bei Beginn des Arbeitsverhältnisses in den Vertrag als Rückzahlungsklausel mit aufgenommen.

Eine mögliche Formulierung einer Rückzahlungsklausel könnte dann folgendermaßen aussehen:

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn er aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltensbedingter Kündigung aus dem Unternehmen des Arbeitgebers aus einem von ihm zu vertretenden Grund bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahrs ausscheidet, …

Wenn eine solche Rückzahlungsklausel für den Fall einer arbeitnehmerseitigen Kündigung vereinbart wird, muss insbesondere der sogenannte Bindungszeitraum eindeutig geregelt sein. „Bindungszeitraum“ meint hier die Zeitspanne, in der der Arbeitnehmer nicht kündigen darf ohne seinen Anspruch auf das bereits ausgezahlte Weihnachtsgeld zu verlieren. Dies wäre im obigen Beispiel der Zeitraum bis zum 31. März des Folgejahrs. Ohne eine eindeutige Regelung des Bindungszeitraums ist eine Rückzahlungsklausel unwirksam.

Hintergrund dieser strengen Handhabung ist folgender:

Eine Klausel, die an die Betriebsbindung anknüpft, kann eine Kündigungserschwerung für den Arbeitnehmer mit sich bringen. Denn wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer von ihm ausgesprochenen Kündigung Weihnachtsgeld zurückzahlen muss, ist es möglich, dass ihn das bei seiner Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen, hemmt. Aus diesem Grund müssen die Anforderungen an solche Bindungsklauseln sehr hoch sein. Nur eine differenzierte Beurteilung verhindert, dass der Arbeitnehmer in seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit aus Art. 12 GG beschränkt ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darf kein übermäßig langer Bindungszeitraum vereinbart sein. Es haben sich folgende Maßgaben etabliert:

Bei einer Zahlung von nur geringfügigen Gratifikationen bis zu 100 Euro ist die Vereinbarung einer Bindungsfrist überhaupt nicht zulässig. Bei darüberhinausgehenden Gratifikationen, die jedoch ein Monatsgehalt nicht übersteigen dürfen, ist laut des Bundesarbeitsgerichts eine Bindungsfrist bis zum 31. März des Folgejahrs möglich, bei bis zu zwei Monatsgehältern eine Bindungsfrist bis zum 30. Juni.

Entscheidend für das Fristende ist das Datum des tatsächlichen Ausscheidens aus dem Unternehmen, nicht das Datum der Kündigung.

Dazu folgendes Beispiel: Wenn der Arbeitnehmer am 15. Februar zum 31. März kündigt, kann er auch bei einer vereinbarten Bindungsfrist bis zum 31. März sein Weihnachtsgeld behalten.

Wichtig dabei ist:

Der Betriebsrat hat nach § 87 I Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Gestaltung der Lohnfindung. Auch Gratifikationen zählen zu den Lohnbestandteilen. Haben Sie als Betriebsratsmitglied demnach ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitarbeiter, wenn es darum geht, Gratifikationen zurückzahlen zu müssen. Nur so können die Schutzrechte der Arbeitnehmer gewahrt werden.