Geringerer Mindestlohn für Zeitungszusteller

 

730x300 - Geldscheine gerollt mit Schleife

Die Mindestlohn-Sonderregelung für Zeitungszusteller (§ 24 Absatz 2 MiLoG) ist wirksam und gilt auch für Arbeitnehmer, die in geringem Umfang einzelne Werbeanzeigen in die auszutragenden Zeitungen einlegen müssen.

LAG Niedersachsen, Urteil vom 27. April 2016 - 13 Sa 848/15 - nicht rechtskräftig

Der Fall:

Der Kläger ist als Zeitungszusteller beschäftigt. Er trägt Tageszeitungen und einmal in der Woche ein Anzeigenblatt aus. Nach dem Arbeitsvertrag ist er gelegentlich verpflichtet, zusätzlich gelieferte Beilagen in das Anzeigenblatt einzulegen, wenn die maschinelle Einfügung eines Werbekatalogs in die Zeitungen ausnahmsweise technisch nicht möglich ist.

Der Kläger meint, die Beklagte müsse den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 € pro geleisteter Zeitstunde zahlen. § 24 Absatz 2 MiLoG, wonach für Zeitungszusteller ein geringerer Lohn gezahlt werden darf, sei rechtsunwirksam. Zudem müsse er auch Werbeprospekte einlegen und verteilen, sei also kein "Zeitungszusteller" im Sinne des MiLoG.

Die Lösung:

Das ArbG hat der Klage stattgegeben, das LAG hat sie abgewiesen, wegen grundsätzlicher Bedeutung aber die Revision zum BAG zugelassen. Das LAG meint,

a) Die Sonderregelung des § 24 Absatz 2 MiLoG für Zeitungszusteller sei verfassungsgemäß. Die Ungleichbehandlung der Zeitungszusteller im Verhältnis zu anderen Arbeitnehmern sei gerechtfertigt, insbesondere wegen der grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit.

b) Der Kläger sei auch "Zeitungszusteller" im Sinne des § 24 Absatz 2 Satz 3 MiLoG, obwohl er gelegentlich Werbekataloge in die Zeitungen einlegen müsse, da dies in der Praxis nur selten vorgekommen sei.

Hinweis für die Praxis:

Ob § 24 Absatz 2 MiLoG verfassungsgemäß ist, wird sicherlich irgendwann das BVerfG entscheiden. Bis dahin haben die Arbeitsgerichte die Vorschrift anzuwenden.

Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Absatz 2 Satz 3 MiLoG erfüllt sind, haben die Arbeitsgerichte zu prüfen. Das ArbG hat gemeint, selbst wenn nur gelegentlich vom Kläger Werbeflyer einzulegen sind, sei er dadurch kein Zeitungszusteller im Sinne des Ausnahmevorschrift des § 24 Absatz 2 Satz 3 MiLoG mehr. Das LAG hat darauf abgestellt, dass der Kläger nur mit einem sehr geringen zeitlichen Anteil Werbeflyer eingelegt, im Wesentlichen aber Zeitungen zugestellt habe. Sicherlich sind beide Rechtsansichten gut vertretbar.

Das BAG wird die Rechtsfrage hoffentlich bald klären. Auch wird das BAG zu klären haben, was unter dem Begriff der Zeitungen bzw. Zeitschriften zu verstehen ist. Fallen darunter auch die sogenannten "Anzeigenblätter" mit keinem oder einem nur sehr geringen redaktionellen Anteil?