Irrtümer in Sachen Arbeitszeit

 

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Die häufigsten Rechtsirrtümer im Arbeitsrecht

Die Arbeitszeit - ein stetig aufkochendes Thema. Wann genau endet ein Arbeitstag tatsächlich, und kann der Arbeitgeber die Arbeitszeiten vielleicht sogar je nach Bedarf anpassen? Wie steht es eigentlich mit den kleinen "Erledigungen" nach Verlassen des Unternehmens, wie z. B. der Beantwortung einer E-Mail eines Kunden? Das sind nur einzelne der häufigen Fragen, die sich ein Arbeitgeber in Sachen Arbeitszeit immer wieder stellen muss.

Wir möchten mit diesem Beitrag ein paar Ratschläge geben und gleichzeitig etwaige kleine Irrtümer aufdecken, die sich vielleicht in Ihrem Unternehmen eingeschlichen haben könnten.

Orientierung bietet dabei - wie so oft - das Gesetz und gibt Anhaltspunkte dazu, was in Sachen Arbeitszeit so alles möglich ist und was eben nicht.

Ruhephase - aber ein kurzer E-Mail-Check tut doch sicher nichts zu Sache, oder?

"Kurz noch einmal vor dem Schlafengehen die E-Mails checken, das ist doch schnell getan."

Zweifelsohne kann es für den Arbeitgeber einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens darstellen, wenn sich seine Mitarbeiter dazu bereit erklären, auch nach Verlassen des Betriebs weiterhin telefonisch erreichbar zu sein oder noch eben eine E-Mail an den Kunden zu schreiben. Eine "nette Geste" mit Profit für das Unternehmen?

Antwort bietet das Arbeitszeitgesetz in § 5. Daraus ergibt sich, dass die Ruhephase nach der täglichen Arbeitszeit 11 Stunden betragen muss. Nach Ansicht des EuGH genüge bereits ein kurzer E-Mail-Check, die Phase der Erholung zu unterbrechen, und das müsse verhindert werden.

Fazit: Der Arbeitgeber ist also auch gehalten, den Beschäftigten ausreichend Zeit einzuräumen, um sich vollständig von der Arbeit zurückzuziehen. Bereits das Lesen der E-Mails kann also - so der EuGH - zu einer Konfrontation mit den Problemen und Anforderungen der Arbeit führen. Zwar mag die Inanspruchnahme zusätzlicher Leistungen engagierter Mitarbeiter verlockend wirken, rechtlich ist das aber bedenklich.

Können die Pausenzeiten durch den Arbeitgeber auch mal spontan festgesetzt werden?

Ein beinahe tägliches Szenario: Ein Arbeitstag beginnt und es erwarten einen unerwartete Überraschungen. Ein großer Berg von Arbeit fällt an, etliche Aufträge liegen auf dem Tisch und man fragt sich, wie dies - gerade z. B. bei akutem Personalbedarf - am effektivsten aufgefangen werden kann. Man könnte in die Versuchung geraten, auch einmal die Pausen der Mitarbeiter spontan auf Zuruf nach hinten zu verschieben, damit diese schnell noch einen Auftrag bearbeiten könnten. Gerade Personalverantwortliche in Branchen mit unterschiedlichem Kundenkontakt werden von diesem Phänomen ausführlich berichten können.

Hier sollte jedoch der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass die Beschäftigten spätestens zu Beginn ihrer Schicht ihre individuellen Pausenzeiten kennen. Die spontane Verteilung der Pausen wäre zu kurz gegriffen. Vielmehr kann es oftmals auch empfehlenswert sein, die Pausen frühzeitig zu verteilen, denn dies ermöglicht auch in akuten Fällen mehr Planungssicherheit.

Dazu noch folgender Hinweis: Unzulässig wäre es auch, wenn Sie den Mitarbeiter dazu auffordern, in seiner Pause auf Abruf bereit zu stehen.

Fazit: Sollte das Arbeitsaufkommen einmal Überhand nehmen, ist es rechtssicher, Überstunden für einzelne Mitarbeiter anzuordnen. Zu beachten wäre in diesem Fall aber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).

Dürfen Arztbesuche in die Arbeitszeit fallen?

Wer kennt es nicht - die kalten Wintermonate brechen an und bei den Arbeitgebern gehen immer mehr Krankmeldungen ein. Vielleicht handelt es sich aber auch "nur" um einen allgemeinen Vorsorgetermin. Aber wann muss der Zeitraum des Arztbesuchs auch vergütet werden?

Dies ist je nach Einzelfall zu beurteilen. Allgemein gesagt ist der Arbeitnehmer grundsätzlich gehalten, die Arztbesuche in seine Freizeit zu legen. Im Fall einer akuten Erkrankung sind Sie jedoch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für die Zeit des Arztbesuchs zur Zahlung der Vergütung verpflichtet.   

Doch wie ist es, wenn der Mitarbeiter beispielsweise einen bestimmten Facharzt aufsuchen muss, der vielleicht sogar noch einen bestimmten Termin vorgegeben hat? Auch in diesem Fall hat der Arbeitgeber - vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung - die Pflicht, das Entgelt weiter zu zahlen.

Fazit: Die Frage der Vergütungspflicht kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Vergütungspflicht ist im Einzelfall zu beurteilen, um nicht übermäßige Mehrkosten tragen zu müssen, gleichzeitig aber auch, um dem Vergütungsanspruch der Mitarbeiter gerecht zu werden.

Haben Teilzeitbeschäftigte ein Recht auf Rückkehr in die Vollzeit?

Die Kinder sind "aus dem Gröbsten raus" und nun möchte die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter aus der Teilzeit wieder aufstocken.

Aber was ist in diesem Fall zu tun? Ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die ausgeschriebene Vollzeitstelle auch mit dieser/m Beschäftigten zu besetzen?

Aufklärung gibt § 9 TzBfG. Danach sind Teilzeitbeschäftigte bei der Besetzung einer Vollzeitarbeitsstelle bevorzugt zu berücksichtigen, vorausgesetzt natürlich, sie verfügen über die entsprechende Eignung. Laut BAG hat der Beschäftigte solange einen Rechtsanspruch auf die Stelle, bis die Stelle besetzt ist. Dies gilt auch dann, sollte sich der Arbeitgeber einmal bewusst über den Anspruch hinwegsetzen.

Aber Achtung: Zwar geht der Anspruch unter. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sich der Arbeitgeber in einem solchen Fall nicht auch schadensersatzpflichtig machen könnte.

Fazit: Falls Sie also den Anspruch der Teilzeitkraft nicht beachten, kann für den Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem Vollzeit- und dem Teilzeitentgelt entstehen. Dies sollte natürlich vermieden werden.

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