Inklusion im Koalitionsvertrag

von: Sybille Wasmund, Ass. jur

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag wichtige Absichten formuliert, um eine inklusive Gesellschaft im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention voranzubringen. Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.

Geplant ist unter anderem:

  • Barrierefreiheit in öffentlichen und privaten Bereichen zu verbessern. Bauten des Bundes sollen bis 2035 barrierefrei sein, auch die Privatwirtschaft soll stärker zur Barrierefreiheit verpflichtet werden.
  • Das Behindertengleichstellungsgesetz soll weiterentwickelt und bürokratische Hürden überprüft werden.
  • Ein Bundeskompetenzzentrum für Leichte Sprache und Gebärdensprache wird aufgebaut.
  • Assistenzhunde sollen zertifiziert werden, notwendige Strukturen geschaffen werden.

Im Bereich Arbeit und berufliche Teilhabe will die Bundesregierung:

  • Die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) besser mit Reha-Einrichtungen und der Bundesagentur für Arbeit vernetzen
  • Die Schwerbehindertenvertretungen stärken
  • Den Übergang von Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern und das Werkstattentgelt verbessern
  • Das Budget für Arbeit attraktiver gestalten und die Teilhabechancen für Menschen mit komplexen Behinderungen verbessern

Darüber hinaus plant die Bundesregierung:

  • Die Belange von Menschen mit Behinderungen bei der Entwicklung von KI-Systemen zu berücksichtigen
  • Digitale Kompetenzen und eine barrierefreie digitale Infrastruktur zu fördern
  • Den Gewaltschutz in der Behindertenhilfe auszubauen
  • Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auf Basis von Evaluationen zu überprüfen und Änderungsbedarfe, insbesondere zur Bürokratieentlastung, zu identifizieren

Zudem sollen Versorgungslücken zwischen Eingliederungshilfe und Pflege besser geschlossen und das System der Rehabilitation und Teilhabe im Sinne des Prinzips „Leistungen aus einer Hand“ weiterentwickelt werden. Auch die Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTB) sollen weiterentwickelt und dauerhaft gesichert werden.

Ausblick: Umsetzung der Absichten der Bundesregierung

Es bleibt festzustellen, dass lediglich an einigen wenigen Stellen die Absichten auch konkret genug sind, so dass zu erwarten ist, dass hier schnell etwas umgesetzt wird.

Dies ist zum einen der Fall, soweit über den Aufbau eines Bundeskompetenzzentrums für Leichte Sprache gesprochen wird. Weiter ist zu erwarten, dass sich tatsächlich im Bereich der Assistenzhunde etwas bewegen wird. Und zu guter Letzt wird die nachrangige Förderung von Werkstätten und Wohnheimen für Werkstattbeschäftigte aus der Ausgleichsabgabe gesetzlich ermöglicht werden.

Die weiteren Absichten bleiben dagegen unklar und wage. Zwar zeigen die formulierten Absichten ein politisches Bekenntnis zur Verbesserung der Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Ob und in welchem Umfang diese Vorhaben realisiert werden, hängt jedoch wohl von weiteren Faktoren ab, wie finanzielle Ausstattung und politischer Druck, und bleiben unklar.

Vieles wird von den gesetzgeberischen Prioritäten in den nächsten Monaten abhängen.

Fortschritte dürften dort am wahrscheinlichsten sein, wo die Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen, wie z. B. die Schwerbehindertenvertretungen, kontinuierlich auf die Umsetzung drängen und wo breite gesellschaftliche Unterstützung vorhanden ist.