Unbezahlte Überstunden: Was ist erlaubt?

Unbezahlte Überstunden sind in Deutschland ein immer wiederkehrendes Streitthema. Viele Arbeitnehmer*innen leisten regelmäßig zusätzliche Arbeitszeit, ohne dass diese vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen wird. Für Betriebsräte, Personalvertretungen und auch Arbeitgeber stellt sich die Frage: Sind unbezahlte Überstunden erlaubt und wie sieht die Rechtslage aus?

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Seminar: Überstunden und Mehrarbeit

 

Unbezahlte Überstunden: Das Wichtigste in Kürze

  • Unbezahlte Überstunden sind in Deutschland nur in engen Grenzen zulässig.
  • Nach § 612 BGB besteht grundsätzlich Anspruch auf Vergütung oder Freizeitausgleich.
  • Pauschale Klauseln wie „10 unbezahlte Überstunden pro Monat“ sind oft unwirksam (BAG, 22.02.2012 – 5 AZR 765/10).
  • Arbeitszeitgesetz: maximal acht Stunden täglich, Ausdehnung bis zehn Stunden nur mit Ausgleich möglich.
  • Betriebsrat hat Mitbestimmungsrechte bei der Anordnung von Überstunden.
  • Beschäftigte sollten Überstunden dokumentieren und Ausgleich aktiv einfordern.

Was versteht man unter unbezahlten Überstunden?

Überstunden entstehen, wenn Beschäftigte über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten. Unbezahlte Überstunden liegen vor, wenn diese Mehrarbeit weder vergütet noch durch Freizeit ausgeglichen wird. In Deutschland ist diese Praxis verbreitet, obwohl die rechtlichen Grundlagen häufig übersehen oder missverstanden werden.

Wichtig ist die Abgrenzung zur sogenannten Mehrarbeit, die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt ist. Während Überstunden sich auf die vertraglich festgelegte Arbeitszeit beziehen, geht es bei Mehrarbeit um die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen. Beide Begriffe überschneiden sich in der Praxis, doch bei der Frage nach Vergütung oder Ausgleich spielen die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen eine zentrale Rolle.

Unterscheidung: Mehrarbeit oder Überstunden

Rechtlicher Rahmen: Sind unbezahlte Überstunden erlaubt?

Das Arbeitszeitgesetz legt fest, dass die tägliche Arbeitszeit in der Regel acht Stunden nicht überschreiten darf, mit einer Ausdehnung auf bis zu zehn Stunden, wenn im Durchschnitt innerhalb von sechs Monaten der Ausgleich erfolgt. Entscheidend ist jedoch, ob für geleistete Überstunden eine Vergütung oder ein Freizeitausgleich vorgesehen ist.

Nach § 612 BGB gilt: Eine Vergütung von Überstunden kann verlangt werden, wenn sie den Umständen nach zu erwarten ist. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer*innen grundsätzlich Anspruch auf Bezahlung haben, sofern keine eindeutigen Regelungen im Vertrag etwas anderes bestimmen. Allgemeine Klauseln, die pauschal „alle Überstunden mit dem Gehalt abgelten“, sind nach aktueller Rechtsprechung oft unwirksam.

Ausnahmen gelten bei sehr hohen Gehältern oder leitenden Angestellten, deren Arbeitszeit kaum kontrollierbar ist. Hier kann erwartet werden, dass Überstunden im Gehalt enthalten sind. Dennoch bleibt das Arbeitszeitgesetz auch in diesen Fällen verbindlich.

Mehr über die rechtlichen Regelungen von Überstunden

Typische Konfliktfelder im Betrieb

Ein häufiges Beispiel ist die Vorgabe von „10 unbezahlten Überstunden pro Monat“. Eine solche Klausel findet sich in vielen Arbeitsverträgen. Ob diese wirksam ist, hängt von der Transparenz ab. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitnehmer*innen klar erkennen müssen, in welchem Umfang Überstunden abgegolten sind (BAG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10). Eine starre Regelung von unbezahlten Überstunden pro Monat ist daher oft rechtlich angreifbar.

Intransparente Vertragsklauseln führen nicht nur zu Rechtsstreitigkeiten, sondern bergen auch ein erhebliches Risiko für Arbeitgeber. Denn wenn Vereinbarungen unwirksam sind, können Beschäftigte rückwirkend die Vergütung ihrer Überstunden verlangen.

Auswirkungen auf Beschäftigte und Betriebe

Unbezahlte Überstunden wirken sich nicht nur finanziell, sondern auch gesundheitlich aus. Dauerhafte Mehrarbeit führt häufig zu

  • Überlastung,
  • Erschöpfung,
  • sinkender Motivation.

Zudem kann die Ungleichbehandlung von Beschäftigten, wenn einige Überstunden vergütet und andere nicht berücksichtigt werden, für Spannungen im Team sorgen.

Auch für Betriebe entstehen Nachteile: Eine verdeckte Arbeitszeitverlängerung unterläuft die Planungssicherheit, verstößt gegen Arbeitsschutzbestimmungen und kann zu rechtlichen Konsequenzen führen. Klare und transparente Regelungen sind daher für beide Seiten unverzichtbar.

Rolle des Betriebsrats bei unbezahlten Überstunden

Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) umfassende Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung der Arbeitszeit. Dazu gehört auch die Frage, ob und in welchem Umfang Überstunden geleistet werden. Ohne Zustimmung des Betriebsrats sind Überstunden in vielen Fällen unzulässig.

Zudem kann der Betriebsrat über Betriebsvereinbarungen klare Vorgaben zu Überstundenregelungen schaffen. Dadurch lässt sich verhindern, dass Arbeitnehmer*innen dauerhaft unbezahlte Mehrarbeit leisten.

Mehr zu den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats

 

Handlungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer*innen

Beschäftigte sollten geleistete Überstunden stets dokumentieren. Ohne Nachweis ist eine spätere Vergütung kaum durchsetzbar. Zudem lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag oder den Tarifvertrag, um festzustellen, welche Regelungen vereinbart sind.

Wenn Überstunden regelmäßig anfallen und nicht ausgeglichen werden, können Arbeitnehmer*innen einen Anspruch auf Vergütung geltend machen. Bei Konflikten ist rechtlicher Beistand sinnvoll. In vielen Fällen kann auch der Betriebsrat unterstützend tätig werden.

Poko-Seminare: Handlungssicherheit bei Überstundenregelungen

Unbezahlte Überstunden sind in Deutschland nur in engen Grenzen zulässig. Das Gesetz sieht grundsätzlich vor, dass zusätzliche Arbeitszeit vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden muss. Pauschale Regelungen, wie etwa „10 unbezahlte Überstunden pro Monat“, sind rechtlich oft unwirksam.

Für Arbeitnehmervertretungen ist es entscheidend, ihre Mitbestimmungsrechte konsequent wahrzunehmen und für transparente Regelungen zu sorgen. Das Poko-Institut unterstützt sie dabei mit

Mit dem vermittelten Wissen können Betriebsräte und Interessenvertretungen die Rechte der Beschäftigten stärken und zu fairen Arbeitsbedingungen beitragen.

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