Worte mit Wirkung - Mit klaren Statements auf Kandidatensuche

Von: Dr. Gottfried Linn, Medien- und Kommunikationstrainer, Coach

„Wir haben nicht genug Bewerber für unsere nächste Betriebsratswahl. Wenn das so weitergeht, können wir das Thema Betriebsrat vergessen“ Elke Bruns ist frustriert. Sie ist Betriebsratsvorsitzende in einem 11er Betriebsrat. Bislang sind nur 7 Kollegen und Kolleginnen bereit zu kandidieren. Wenn genug Ersatzmitglieder vorhanden sein sollen, müssen aber mindestes 15 Kandidaten auf die Liste. „Dann musst Du auf der anstehenden Betriebsversammlung mal ein klares Statement abgeben, warum Betriebsratsarbeit für alle hier von entscheidender Bedeutung ist“, merkt Hans Meier, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, an. „Bei uns weiß doch keiner, was wir den ganzen Tag so tun“. 
Gesagt, getan. Elke Bruns will ein entsprechendes Statement vorbereiten. Aber wie? Sie erinnert sich an ein Seminar „Erfolgreiches Argumentieren“, das sie vor ca. zwei Jahren absolviert hat. Damals hatte sie erfolgreich Statements geübt. Wie war das noch mit der Struktur?

1.    Aktueller Einstieg
2.    Sachstand zum Thema
3.    Eigene Meinung
4.    Begründung/Lösungsvorschläge mit max. drei Punkten
5.    Abschluss/Abmoderation/ggf. Appell 

Zusammen mit zwei vertrauten Kollegen entsteht ein erster Entwurf.

„Liebe Kolleginnen und Kollegen,
diesen Betriebsrat wird es bald nicht mehr geben. Das mag einige freuen, für die meisten von uns aber bedeutet das eine Katastrophe. Warum wird es uns bald nicht mehr geben? Weil wir nicht mal annähernd genug Kandidaten für die nächsten Betriebsratswahlen finden…………“

Mit dem (1.) aktuellen Einstieg soll Aufmerksamkeit erzielt werden, die Kolleginnen und Kollegen animiert werden weiter zuzuhören. Mit diesem Einstieg könnte das gelingen.

Dann weiter zum (2.) Sachstand:
„In den letzten vier Jahren haben wir für euch viel erreicht. Aber unsere Erfolge sind im Verborgenen geblieben. Warum? Weil wir als Betriebsrat es sträflich verpasst haben, darüber zu berichten. Und wenn wir es taten, dann war das offensichtlich so langweilig, dass wir euch nicht erreicht haben. Jetzt stehen wieder Betriebsratswahlen an und wir stellen fest, dass nicht genügend Kolleginnen und Kollegen bereit sind, als BR zu kandidieren. Viele halten den Betriebsrat für entbehrlich. Aber das ist er nicht. Wir sind das Bindeglied zwischen euch und der Geschäftsleitung, wir vermitteln in Konflikten mit Vorgesetzten, mit der Personalabteilung, wir decken Ungerechtigkeiten auf, beraten in dienstlichen, manchmal auch in privaten Angelegenheiten, wir schließen für euch Betriebsvereinbarungen ab, sorgen für gerechte Bezahlung usw., usw.  …….“

Mit der kurzen Darstellung des Sachstandes sollen dem Zuhörer die Daten und Fakten vermittelt werden, die zum allgemeinen Verständnis beitragen und das Thema/Problem klar hervortreten lassen. 


Nach dem Lehrbuch folgt jetzt die (3.) eigene Meinung
„Unser Engagement und unsere Erfolge sind weitgehend im Verborgenen geblieben. Wir haben das Motto „Tue Gutes und rede darüber“ eben nicht befolgt. Das ist deshalb tragisch, weil in der Belegschaft nie klar geworden ist, wie wichtig und unverzichtbar unser Betriebsrat eigentlich ist. Vielleicht mal so: Wer kümmert sich eigentlich um eure Sorgen und Nöte, wenn es in diesem Betrieb mangels Masse keinen BR mehr gibt? Die Geschäftsleitung? Die Personalabteilung? Eure Vorgesetzten? Zweifel sind erlaubt. Das bedeutet: Wir werden zusammen alles unternehmen, damit es auch in den nächsten vier Jahren in diesem Betrieb einen guten, verlässlichen und glaubwürdigen Betriebsrat geben wird.“

An dieser Stelle kommen (4.) die Vorschläge zur Lösung des Problems. Wichtig: Nicht zu viel, weniger ist mehr, Beschränkung auf zwei, höchstens drei zentrale Aussagen. 

„Drei Punkte sind mir an dieser Stelle wichtig:
1.    Zur Wahrheit gehört: Betriebsratsarbeit ist Arbeit! Das bedeutet neben dem eigentlichen Job zusätzliche Belastungen. Sitzungen, Weiterbildung, Ausschussarbeit, Engagement und Ausdauer. Dafür gibt es keine Vergütung. Betriebsratsarbeit ist Ehrenamt!
2.    Aber: Betriebsratsarbeit ist spannend, kreativ, lehrreich, interessant, abwechslungsreich. Du lernst, wie dieses Unternehmen tickt, wie Mann/Frau auf Augenhöhe mit der Geschäftslitung verhandelt. Du eignest dir Kompetenzen in den unterschiedlichsten „Feldern“ an: Arbeitsrecht, Gesprächsführung, Präsentationen, Veranstaltungsmanagement, Betriebswirtschaft usw.
3.    Betriebsratsarbeit ist eine Chance, keine Qual! Sie nutzt an erster Stelle den Kolleginnen und Kollegen, aber sie nutzt auch dir persönlich. Betriebsratsarbeit erweitert Horizonte und öffnet Perspektiven.“


Was jetzt noch fehlt ist (5.) ein guter Abschluss des Statements.  Das kann ein Resümee, das kann aber auch ein Appell für gemeinsame Aktionen sein. Wichtig: Das Ganze kurz und bündig,  5-6 Sätze, mehr nicht. 

„Wenn ich, liebe Kolleginnen und Kollegen mit meinen kurzen Ausführungen euer Interesse geweckt habe, wenn ich auf die eine oder andere Weise klar machen konnte, wie existenziell wichtig Betriebsratsarbeit ist, wenn klar geworden ist, dass es um unser aller Wohl, um unsere Zukunft geht, dann habe ich mein heutiges Ziel erreicht. Kommt bitte auf uns zu und sprecht uns einfach an. Hier und jetzt oder zu jeder anderen Zeit.“


Resümee: Sprache kann überzeugen, wenn sie
-     mit den passenden, nachvollziehbaren Argumenten,
-     bei der definierten Zielgruppe
-     mit klarer und nachvollziehbarer Struktur
-     in einem angemessenen Zeitrahmen
-     mit einem Mix aus Emotion und Sachlichkeit 
 vorgetragen wird.