Können auch Ausschüsse des Betriebsrats Online-Sitzungen durchführen?

 

730x300 Gremium im Gespräch am Tisch - BR-Sitzung

Unter bestimmten Voraussetzungen können Sitzungen des Betriebsrats virtuell stattfinden. Aber gilt dies auch für Ausschüsse, insbesondere den Wirtschaftsausschuss und Betriebsausschuss? Und gelten dann die gleichen Anforderungen wie für Betriebsratssitzungen in digitaler oder hybrider Form?

Hierzu gibt es (leider) noch keine klare Antwort. Die einen sagen so, die anderen sagen so.

Zur Zulässigkeit von digitalen Betriebsratsitzungen haben wir bereits ausführlich berichtet. Hierzu gilt: Die Präsenzsitzung hat grundsätzlich Vorrang. Durch die Neufassung des § 30 Abs. 1, 2 BetrVG können Betriebsräte ihre Sitzungen aber auch mittels Video- und Telefonkonferenz durchführen, wenn

  • die Voraussetzungen in der Geschäftsordnung des Betriebsrats unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind
     
  • und nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht
     
  • und sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Wer im Gesetz nun sucht, findet keine entsprechende Regelung für Ausschüsse des Betriebsrats. Wären dann also Videokonferenzen unzulässig? Hierzu und mit ein wenig „juristischer Methodenlehre“ (ohne die Leser*innen quälen zu wollen) folgende Überlegungen in aller Kürze:

Gegen die Zulässigkeit von Videokonferenzen für Ausschüsse des Betriebsrats sprechen die fehlende (wörtliche) Regelung. Auch systematisch spricht einiges dagegen, denn schließlich gibt es per Gesetzes-Verweis entsprechende Regelungen für den GBR und KBR sowie die JAV inkl. Gesamt- und Konzern-JAV. Und auch jenseits des BetrVG ist die Zulässigkeit digitaler Sitzungen für andere Gremien ausdrücklich geregelt: z. B. für den Personalrat nach BPersVG und neuerdings für den Wahlvorstand in der reformierten Wahlordnung zum BetrVG – nach der übrigens unter recht geringen Voraussetzungen Sitzungen online stattfinden können (dazu mehr im Schwerpunkthema dieses Newsletters).

Bedeutet im Umkehrschluss: keine Regelung für Ausschüsse heißt auch keine Zulässigkeit von Videokonferenzen für diese.

Andererseits spricht für die Zulässigkeit das Motiv des Gesetzgebers. Nach der Gesetzesbegründung sollen die Regelungen für Videokonferenzen des Betriebsrats entsprechend gelten für die Ausschüsse und Arbeitsgruppen nach § 28a BetrVG und für Sitzungen und Zusammenkünfte des Wirtschaftsausschusses nach § 108 Absatz 1, 4 und 5 BetrVG (vgl. dazu Seite 20 f. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Betriebsrätemodernisierungsgesetz, Teil B. Besonderer Teil: zu Artikel 1, Nr. 4).

Ist dann vom Gesetzgeber schlicht vergessen worden, für Ausschüsse eine Regelung im BetrVG aufzunehmen? Also eine planwidrige Regelungslücke, die eine Gesetzesanalogie zuließe? Hiergegen spricht nun wieder, dass die Neuregelung des § 30 BetrVG die Übergangsregelung des alten § 129 BetrVG abgelöst hat. Und in diesem gab es auch Regelungen für den Wirtschaftsausschuss, für Einigungsstellen und Betriebsversammlungen. Die beiden letzteren sollen mangels Regelung nicht mehr digital zulässig sein. Das müsste dann aber eigentlich auch für den Wirtschaftsausschuss gelten, so dass von einem „Vergessen“ wohl eher nicht auszugehen ist.

Ausschüsse also nur in Präsenzform – macht das Sinn? Und schon sind wir beim „Sinn und Zweck“. Hierzu lässt sich argumentieren: Wenn schon der Betriebsrat seine Sitzungen online (oder hybrid) gestalten kann, dann muss dies doch erst recht für Pflichtausschüsse gelten – als Hilfsorgane des Betriebsrats! Und es gibt eine vergleichbare Interessenlage: auch die Ausschüsse müssen arbeits- und handlungsfähig sein und dazu müssen sich deren Mitglieder im Ausnahmefall auch virtuell treffen können – ganz pragmatisch gesehen.

Unterm Strich: Das juristische Auslegungsallerlei spricht gegen die Zulässigkeit, der Verstand allerdings dafür. Und die Erfahrung sagt: abwarten – was die Praxis ergibt und ob jemand dies irgendwann gerichtlich überprüfen lässt.

Unsere Empfehlung:

  • Sofern Videokonferenzen in Ausschüssen für Sie sinnvoll bzw. erforderlich sind, klären Sie dies kurz mit dem Arbeitgeber ab. Falls dieser Einwände hat oder sich weigert, müssten Sie ggf. in die arbeitsgerichtliche Klärung gehen.
     
  • Stellen Sie sicher, dass die Telefon- oder Videokonferenz weiterhin nur aus sachlichen Gründen ausnahmsweise zulässig sein darf. Ansonsten ist zu befürchten, dass Arbeitgeber, alleine um Reisekosten zu sparen, den Ausschussmitgliedern die persönliche Sitzung verwehren könnte.
     
  • Treffen Sie in den Ausschüssen die gleichen Vorkehrungen für Ihre Online-Meetings wie für BR-Sitzungen vorgeschrieben: Regelung durch Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung und technisch-organisatorische Maßnahmen zur Geheimhaltung und Datensicherheit. Zum Widerspruchsrecht müsste ggf. dann die anteilige Anzahl der Ausschussmitglieder zugrunde gelegt werden (und nicht des gesamten Betriebsrats).

In diesem Sinne: Viel Erfolg bei Ihrer Ausschussarbeit – in welcher Form auch immer!

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