Deutlicher Anstieg der Ausbildungsvergütung

 

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Mit durchschnittlich 1.028 € lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2022 erstmals über tausend Euro monatlich. Zu diesem Ergebnis kam das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in seiner jährlichen Auswertung der Gehälter von 171 Berufen in West- und 111 Berufen in Ostdeutschland.

Insgesamt stiegen die Vergütungen um 4,2 %, nach 2,5 % im Vorjahr. Die Inflationsrate von 6,9 % konnte damit allerdings nicht ausgeglichen werden, sodass die Auszubildenden trotz des höheren Anstiegs Reallohnverluste hinnehmen mussten. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sich die monatlichen Ausgaben Auszubildender in der Regel von den Fixkosten eines durchschnittlichen Haushalts unterscheiden und beispielsweise der enorme Anstieg der Energiekosten weniger relevant ist, insbesondere, wenn sie noch bei ihren Eltern leben. Hinzukommt, dass der Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen 2022 mit 4,2 % deutlich über dem allgemeinen Lohnanstieg von 2,9 % lag, so dass die Inflation die Auszubildenden insgesamt weniger hart getroffen hat als durchschnittliche Arbeitnehmer*innen.

 

Vergütungsunterschiede nach Berufen

Bei der Bezahlung gibt es je nach Ausbildungsberuf deutliche Unterschiede. Am meisten verdienten, wie im Vorjahr, Auszubildende im Beruf Zimmerer*in mit monatlich 1.254 €. Auch in vierzehn weiteren Berufen lagen die tariflichen Vergütungen im Durchschnitt über alle Ausbildungsjahre bei 1.150 € oder mehr. In diesem Vergütungssektor finden sich angehende Maurer*innen, Rohrleitungsbauer*innen und Kaufleute in der Banken- und Versicherungsbranche. Über dem gesamtdeutschen Durchschnitt von 1.028 € lagen auch die Vergütungen für Berufe im öffentlichen Dienst mit 1.114 € sowie in Industrie und Handel mit 1.081 €. Insgesamt erhielten etwa 60 % der Auszubildenden, die in einem tarifgebundenen Betrieb lernten, 2022 eine Ausbildungsvergütung von mehr als 1.000 €, etwas mehr als ein Fünftel sogar mehr als 1.150 €.

Für 19 Berufe und rund 15 % der Auszubildenden wurde allerdings ein Durchschnittswert von weniger als 850 € ermittelt. Die meisten dieser Berufe gehören zum Handwerk, zu ihnen zählen angehende Maler*innen und Lackierer*innen, Bäcker*innen, Schornsteinfeger*innen oder Friseur*innen. Die niedrigsten tariflichen Vergütungen gab es mit 652 € im Beruf Orthopädieschuhmacher*in.

 

Vergütungsunterschiede nach Geschlecht

In Tarifverträgen werden grundsätzlich keine Unterschiede nach Geschlecht gemacht. Dennoch lassen sich bei entsprechenden Auswertungen Unterschiede in der Vergütungshöhe zwischen männlichen und weiblichen Auszubildenden feststellen. Männliche Auszubildende erhielten 2022 im Durchschnitt über alle Ausbildungsjahre mit 1.034 € im Vergleich zu 1.017 € für weibliche Auszubildende leicht höhere tarifliche Ausbildungsvergütungen. Der Abstand war mit einer Differenz von 1,7 % jedoch relativ gering.

Vergleicht man die verschiedenen Ausbildungsbereiche miteinander, fällt auf, dass Frauen vor allem im Handwerk mit 823 € deutlich weniger verdienen als Männer mit 949 €. Der abweichende Vergütungsdurchschnitt von gut 15 % erklärt sich durch die gewählten Berufe. In vielen Berufen mit besonders hohen Vergütungen, wie z. B. Maurer*in oder Zimmerer*in, werden fast ausschließlich Männer ausgebildet. Hingegen haben einige Handwerksberufe mit niedrigen Vergütungen, wie z. B. Friseur*in, hohe Frauenanteile.

 

Überdurchschnittlicher Anstieg in Berufen mit Azubimangel

Die Auswertung ergab weiter, dass in einer Reihe von Ausbildungsberufen, in denen in den letzten Jahren besonders viele Ausbildungsplätze unbesetzt blieben, die Vergütungen 2022 relativ stark angehoben wurden. So lagen beispielsweise die Ausbildungsvergütungen in Berufen des Gastgewerbes mit Steigerungen bis zu 18,7 % weit über dem bundesweiten Durchschnitt. In vielen Fällen wird dies jedoch nach Angaben des BIBB nicht ausreichen, um die Berufe für Jugendliche attraktiver zu machen, da auch andere Kriterien wie beispielsweise Arbeitszeiten und andere Ausbildungsbedingungen eine Rolle spielen. 

Insgesamt ist bei der Auswertung zu berücksichtigen, dass nur ein Teil der Auszubildenden in einem tarifgebundenen Betrieb lernt. Für einige Branchen gibt es keine Tarifvereinbarungen, in anderen Branchen nur in einem Teil der Regionen. Insgesamt galt 2021 für 25 % der Betriebe ein Branchen- oder Haustarifvertrag, 52 % der Beschäftigten arbeiten in diesen Betrieben.

Liegt keine Tarifvereinbarung vor, kann die Ausbildungsvergütung grundsätzlich zwischen Ausbilder*in und Auszubildenden frei verhandelt werden. Dennoch müssen Betriebe eine „angemessene“ und „branchenübliche“ Vergütung zahlen. Seit dem 1. Januar 2020 gibt es außerdem eine Mindestausbildungsvergütung, die nicht unterschritten werden darf.

Auch wenn ihr als JAVler nicht direkt an Verhandlungen beteiligt seid, könnt ihr euch dennoch mit starker Stimme für gerechte Ausbildungsvergütungen einsetzen. Damit der Berufsstart für alle gelingt und weniger Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben.

Die detaillierten Ergebnisse der BIBB-Auswertung mit den Durchschnittsvergütungen aller erfassten Berufe findet ihr unter www.bibb.de/ausbildungsvergütung 2022.