Ausbildungsgarantie & Co. - schöne neue (Ausbildungs-)Welt?

Ein neues Gesetz soll für Entspannung am Ausbildungsmarkt sorgen. Und nein, damit meinen wir nicht das Cannabisgesetz, das aktuell in aller Munde ist...

Die Rede ist bei uns von einem Gesetz mit deutlich weniger eingängigem Namen, nämlich dem Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung (oder kurz: Aus- und Weiterbildungsgesetz).

Zugegeben – so ganz neu ist das Gesetz eigentlich nicht mehr. Denn bereits vor ziemlich genau einem Jahr haben wir euch erstmals über das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil damals auf den Weg gebrachte Vorhaben berichtet. Und seit dem 21. Juli 2023 gilt das Gesetz teilweise sogar bereits.  

Wichtige Teile des Gesetzes sind allerdings erst jetzt, zum 1. April 2024 in Kraft getreten. Dazu gehören Elemente der Ausbildungsgarantie und das Qualifizierungsgeld.

Grund genug für uns, dieses Thema erneut aufzugreifen und euch noch einmal über die wichtigsten Neuerungen zu informieren.

Tipp: Durch das Aus- und Weiterbildungsgesetz sind Anpassungen im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorgenommen worden. Wenn ihr die neuen Regelungen sucht, findet ihr diese also ab sofort im SGB III.

Zunächst noch einmal kurz zum Hintergrund oder der Frage: Warum gibt es das Gesetz?

Es ist längst kein Geheimnis mehr - in Deutschland fehlen in vielen Bereichen die Fachkräfte. Die demografische Entwicklung wird die Lage wohl eher noch verschärfen als verbessern. In bestimmten Regionen und Branchen können offene Stellen schon heute nicht mehr mit geeigneten Fachkräften besetzt werden. Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist also eine der großen Herausforderungen der Zukunft für die Politik und Wirtschaft.

Aus- und Weiterbildung sind laut Arbeitsminister Hubertus Heil dabei eine zentrale Antwort auf den Fachkräftemangel. Aber trotz zunehmender unbesetzter Ausbildungsstellen bleiben in Deutschland gleichzeitig zu viele junge Menschen ohne Ausbildungsvertrag.

Mit dem Weiterbildungsgesetz und der Ausbildungsgarantie will die Bundesregierung verbesserte Möglichkeiten schaffen, um die Arbeitskräfte von heute durch zusätzliche Weiterbildungsangebote fit zu machen für die Arbeit von morgen und außerdem mehr Jugendliche in eine Ausbildung zu bringen.

Welche gesetzlichen Neuregelungen gelten seit dem 1. April 2024?

Zum Weiterbildungsgesetz gehört die nun in weiten Teilen geltende Ausbildungsgarantie. Diese umfasst unter anderem verschiedene Beratungs- und Unterstützungs­angebote für junge Menschen durch:

  • Stärkung der beruflichen Orientierung: So können seit April 2024 junge Schul­abgänger­*innen ein Berufsorientierungspraktikum (§ 48a SGB III) absolvieren und dadurch typische Tätigkeiten und Inhalte einer möglichen Ausbildung vorab kennenlernen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann Fahrt- und Unterkunftskosten für die ein- bis sechswöchigen Praktika übernehmen. Die Förderung muss vor Praktikumsantritt bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter beantragt werden.
  • Erhöhung der regionalen Mobilität: Es gibt einen neuen Mobilitäts­zuschuss (§ 73a SGB III) für Auszu­bildende, die umziehen müssen, weil ihre Ausbildung zu weit entfernt von zuhause stattfindet. Die Auszubildenden können nun einen Zuschuss für zwei monatliche Familien­heim­fahrten im ersten Ausbil­dungs­jahr erhalten. Sie können das Geld bei ihrer Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter beantragen. Die finanzielle Unterstützung soll es Jugendlichen erleichtern, eine Ausbildung aufzunehmen, auch wenn der Ausbildungsbetrieb in einer anderen Region liegt.

Außerdem gibt es seit dem 1. April 2024 ein neues Qualifizierungsgeld:

  • Die Einführung eines Qualifizierungsgeldes unterstützt Unternehmen, wenn der Verlust von Arbeitsplätzen durch den Strukturwandel droht. Ziel ist es, die Beschäftigten durch bedarfs­gerechte Qualifi­zierung im Betrieb zu halten und Fach­kräfte zu sichern. Der Anspruch auf das Qualifizierungsgeld ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die im Gesetz geregelt sind.
  • Arbeitgeber können Beschäftigte für eine Weiterbildung freistellen und während dieser Zeit das Qualifizierungsgeld von der Agentur für Arbeit erhalten. Betriebe werden so von den Entgeltzahlungen entlastet, tragen dafür aber die Weiterbildungskosten.
  • Das Qualifizierungs­geld wird angelehnt an das Kurzarbeiter­geld und als Entgelt­ersatz in Höhe von 60 bzw. 67 % des Netto­ent­gelts gezahlt, welches auf die Zeit der Weiter­bildung entfällt

Ein weiterer Baustein der Ausbildungsgarantie steht noch aus: die neuen Regelungen zur außerbetrieblichen Berufsausbildung treten erst zum 1. August 2024 in Kraft.

Zukünftig gibt es dann auch einen Rechts­anspruch auf Förderung einer außer­betrieblichen Berufs­ausbildung (§ 76 SGB III), wenn junge Menschen in einer Region mit zu wenig Ausbildungs­plätzen wohnen und trotz eigener Bemühungen keinen betrieblichen Ausbildungs­platz finden. Damit soll allen jungen Menschen die Chance eröffnet werden, eine Ausbildung zu beginnen.

Laut Gesetzgeber soll eine Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen - wo erforderlich - ergänzend genutzt werden, aber auch weiter nur als letztes Mittel. Die primäre Verantwortung der Wirtschaft für die Ausbildung des Fachkräftenachwuchses bleibt bestehen. Im Verlauf der außerbetrieblichen Ausbildung soll stets der Übergang in eine betriebliche Ausbildung angestrebt werden.

Unser Tipp: Oft werden Chancen und Möglichkeiten der betrieblichen Aus- und Weiterbildungen allein aus Unkenntnis nicht genutzt. Als JAV könnt ihr euch zusammen mit dem Betriebsrat auch für die Förderung solcher Maßnahmen in eurem Betrieb einsetzen. Also sprecht die Optionen, die das neue Gesetz bietet, bei eurem Betriebsrat doch einfach mal an.