Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft

In der Praxis am bedeutendsten ist die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft. Diese bestimmt sich nach § 116 Satz 1 AktG, der wiederum auf die Haftungsregelungen für Mitglieder des Vorstands nach § 93 Abs. 2 AktG verweist.

Danach haften Aufsichtsratsmitglieder, die ihre Pflichten verletzten, der Gesellschaft gegenüber für den daraus entstehenden Schaden.

Voraussetzungen für die Haftung des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds gegenüber der Gesellschaft (diese müssen kumulativ gegeben sein):

  • Vorliegen einer Pflichtverletzung des Organmitglieds
  • Verschulden des betreffenden Mitglieds
  • Vorliegen eines durch die schuldhafte Pflichtverletzung verursachten Schadens der Gesellschaft

Typische Haftungsrisiken liegen in der schuldhaften Verletzung von Handlungspflichten, die aus der Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung gem. § 111 Abs. 1 AktG entstehen, wie z. B.

  • fehlende Überwachung der Geschäftsführung, insbesondere in der Unternehmenskrise
  • vorsätzliches oder grob fahrlässiges Unterlassen der Verhinderung von Betrugshandlungen der Geschäftsführung
  • Unterlassene Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Vorstandsmitgliedern oder Dritten

Umfang der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder

  • Jedes Mitglied haftet nur im Umfang seiner eigenen Pflichtverletzung und seines persönlichen Verschuldens.
  • Ansprüche der Gesellschaft auf Schadensersatz aus schuldhafter Pflichtverletzung sind gegenüber jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied geltend zu machen und zu begründen.
  • Aber Achtung: alle Aufsichtsratsmitglieder haften gesamtschuldnerisch (§ 93 Abs. 2 S. 1 AktG), d. h. die Gesellschaft kann den Anspruch (zunächst) auch gegenüber einem Aufsichtsmitglied geltend machen, das keine Pflichten oder nicht schuldhaft verletzt hat. Das „unschuldige“ Aufsichtsratsmitglied ist dann im Innenverhältnis der Aufsichtsratsmitglieder untereinander freizustellen.

Darlegungs- und Beweislast bei der Aufsichtsratshaftung

Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Sorgfaltspflichtverletzung vor, trifft nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG das einzelne Aufsichtsratsmitglied die Beweislast, dass keine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht und/oder kein Verschulden seinerseits vorliegt.

Kann das Aufsichtsratsmitglied beweisen, dass es die Grundsätze der sogenannten »Business Judgement Rule« eingehalten hat, scheidet eine Haftung gegenüber der Gesellschaft aus.

Die »Business Judgement Rule« ist in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG gesetzlich normiert, wonach eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Aufsichtsratsmitglied

  • bei einer unternehmerischen Entscheidung
  • vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information
  • zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.

Kann das Aufsichtsratsmitglied keinen Beweis zu seiner Entlastung führen, hat die Gesellschaft ihrerseits den ihr aus der schuldhaften Pflichtverletzung entstandenen Schaden sowie die Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Schaden darzulegen und zu beweisen.