Befristeter Arbeitsvertrag und Betriebsratsmitglied

 

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Personelle Kontinuität der Betriebsratstätigkeit als Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem Betriebsratsmitglied? BAG, Urteil vom 20. Januar 2016 - 7 AZR 340/14

Der Fall:

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags. Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Arbeitnehmerüberlasser, seit 2010 befristet ohne Sachgrund beschäftigt und seit 2011 Mitglied des Betriebsrats. Daraufhin schlossen die Parteien einen weiteren schriftlichen und befristeten Arbeitsvertrag mit dem Sachgrund "der Etablierung und Sicherung der Kontinuität der Betriebsratstätigkeit bis zur Verfestigung der betriebsratsinternen Prozesse" bis zum 31.12.2012, nachdem eine Vielzahl von Betriebsrats- und Ersatzmitgliedern infolge Auslaufens der Befristung ausgeschieden sind. Der Kläger bestreitet das Vorliegen eines Sachgrundes und meint, wenn überhaupt, hätte die Befristung bis zum Ablauf der Amtsperiode abgeschlossen werden müssen. Die Arbeitgeberin beruft sich darauf, bereits seit Ende 2011 sei klar gewesen, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder weit vor Ablauf der regulären Amtszeit des Betriebsrats unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl sinken werde und somit Neuwahlen erforderlich würden. Das Arbeitsverhältnis sei bis zum Ende des Jahres 2012 verlängert worden, um die Kontinuität der Betriebsratsarbeit bis zu den anstehenden Neuwahlen sicherzustellen. Es sei unschädlich, dass die Vertragsverlängerung nicht für die vollständige Amtszeit vereinbart worden sei.

Die Lösung:

ArbG und LAG haben die Klage abgewiesen. Das BAG hat die Entscheidung des LAG aufgehoben und den Rechtstreit zur weiteren Sachaufklärung an das LAG zurück verwiesen. Das BAG verneint einen sachlichen Grund für die Befristung des letzten Arbeitsvertrags.

  • Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
     
  • Die Aufzählung möglicher Sachgründe in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG ist nicht abschließend. Allerdings können sonstige, in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannte Sachgründe die Befristung eines Arbeitsvertrags nur dann rechtfertigen, wenn sie den in § 14 Abs. 1 TzBfG zum Ausdruck kommenden Wertungsmaßstäben entsprechen und den in dem Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG genannten Sachgründen von ihrem Gewicht her gleichwertig sind.
     
  • Die personelle Kontinuität der Betriebsratstätigkeit kann als sonstiger Sachgrund für die befristete Verlängerung eines auslaufenden Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitglieds in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass die Befristung geeignet und erforderlich ist, um die personelle Kontinuität des Betriebsrats zu wahren. Diesem Anliegen wird im Regelfall nur dann entsprochen, wenn sich die Laufzeit des Vertrags auf die Dauer der noch verbleibenden gesetzlichen Amtszeit des Betriebsrats erstreckt. Ist sie kürzer bemessen, führt sie ebenso zur personellen Diskontinuität des Betriebsrats wie die zuvor vereinbarte Befristung. In einem solchen Fall bedarf es besonderer Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Befristung gleichwohl zur Wahrung der personellen Kontinuität des Betriebsrats geeignet und erforderlich ist. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Dauer der Befristung grundsätzlich keiner besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf und die vereinbarte Vertragslaufzeit nicht mit dem prognostizierten Beschäftigungsbedarf für den befristet eingestellten Arbeitnehmer übereinstimmen muss, sondern dahinter zurückbleiben kann. Bei der Befristungskontrolle geht es nicht um die Zulässigkeit der Befristungsdauer, sondern nur um das Vorliegen eines Sachgrundes für die Wahl eines befristeten anstatt eines unbefristeten Arbeitsvertrags.
     
  • Ob die Befristungsabrede als Befristung ohne sachlichen Grund im Sinne von § 14 Absatz 2 Satz 3 TzBfG in Verbindung mit dem geltenden Manteltarifvertrag möglich ist oder ob die Parteien diese Befristung durch die Angabe eines Sachgrundes ausgeschlossen haben, muss das LAG noch aufklären.