Betriebsrat und Führungskraft in einer Person: Wie soll das gehen?

 

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Die Eingangsfrage ist absolut berechtigt: Einerseits Führungskraft zu sein, sich für die Interessen des Unternehmens einzusetzen, loyal zu Unternehmensentscheidungen zu stehen und andererseits gleichzeitig Betriebsrat zu sein, die Interessen der Mitarbeiter zu vertreten, die das Unternehmen mitunter viel Geld oder Ressourcen kosten - das alles hört sich nach einem mächtigen Spagat an. Denn meist stehen sich diese Rollen im Unternehmen in Verhandlungen kontrovers gegenüber und jede Seite versucht das Beste für ihre jeweiligen Partner herauszuholen.

Nun gibt es Mitarbeiter, die diese Doppelrolle bewusst eingehen mit der Überlegung, dass Führungskräfte wie Betriebsräte gleichermaßen das Wohlergehen des Unternehmens wie das der Belegschaft anstreben, so dass eine offizielle Verknüpfung der beiden Rollen sinnvoll und machbar sein kann. Und vielleicht sogar noch die Chancen der Einflussnahme verdoppelt.

Diese Rechnung kann durchaus aufgehen. Einfach ist es jedoch nicht:

Zunächst ist da der innere Spagat durch das permanente Erfordernis der eigenen Rollenklarheit und Authentizität. Und auch die Erwartungen Anderer können durch Einnehmen dieser Doppelrolle plötzlich divers und konfliktiv werden:

  • So wird die Unternehmensleitung womöglich skeptisch hinsichtlich der ihr durch diese Führungskraft entgegen gebrachten Loyalität und wird vorsichtiger, sie weiter bei noch unfertigen Entscheidungen und vertraulichen Informationen einzubeziehen.
     
  • Auch die Mitarbeiter werden sich nachvollziehbarerweise fragen, ob sie es in der konkreten Situation mit der Führungskraft oder mit einem Betriebsratsmitglied zu tun haben. Die Versuchung ist z. B. groß, den so aufgestellten Vorgesetzten als Interessensvertreter und Rechtsberater gegenüber der Unternehmensleitung zu nutzen.
     
  • Nicht zu vergessen die Führungskollegen: Nehmen sie eine Führungskraft mit gleichzeitigem Aufgehen in Betriebsratsaufgaben noch ernst? Oder wird der Kollege als „Verräter“ empfunden, der das gemeinsame Boot verlassen hat und gegen den Strom schwimmt? Größere Vorsicht und Zurückhaltung bei Gesprächen und Meetings könnten die Folge sein. Und natürlich kann es seitens der Führungskollegen immer auch zu Verstößen gegen eine Betriebsvereinbarung kommen und den Kollegen in seiner Doppelrolle in ein Dilemma stürzen.
     
  • Zu guter Letzt könnte für das Betriebsratsgremium der Betriebsratskollege mit gleichzeitiger Führungsverantwortung eine besondere Herausforderung darstellen. Wird es ihm gelingen, den Kollegen mit seinen Ansichten zu integrieren und ernst zu nehmen, vor allem, wenn dieser in Diskussionen die Perspektive des Unternehmens und die erlebte Führungspraxis einbringt? Und wie bewältigt dieser Betriebsratskollege die Spannungen und das Allein-Stehen, die entstehen können?

Bei all dem geht es viel um das Thema (Selbst-)Vertrauen. Wie gewinnt und wie stabilisiert die Person das Vertrauen der verschiedenen Gruppierungen im Betrieb?

Und es geht um Werte, von denen sie sich in beiden Rollen gleichermaßen leiten lässt, wie Transparenz, Ehrlichkeit, Akzeptanz von Unterschiedlichkeiten, Partnerschaftlichkeit, aber auch Effizienz und Gewinnorientierung. Alles gipfelt im stabilen Selbstwert im Interesse des bewussten Gestaltens der jeweiligen Rollenanforderung, der Akzeptanz von Widersprüchlichkeit, der Selbstbehauptung, dem  zielgerichteten Handeln und der persönlichen Integrität.

Zu Recht könnte man fragen was der Gewinn für den ist, der sich auf eine solche zusätzliche Belastung einlässt?

Er wird sicher profitieren hinsichtlich der eigenen Persönlichkeitsentwicklung sowie hinsichtlich eines vertieften Lernprozesses darüber, wie Unternehmen „funktionieren“. Er wird seine rechtlichen Kenntnisse erweitern, näher an der „Basis“ sein, deren Interessen, Wünsche und Nöte kennen lernen und vieles mehr. Und wenn er es gut und richtig macht, wird man ihm großen Respekt zollen.

Sind Sie Betriebsrat und gleichzeitig Führungskraft? Dann verlangt es Ihnen einiges ab, diesen vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, ohne sich selbst „aufzureiben“.

Wir empfehlen Ihnen unseren Seminartipp, und damit auch den Erfahrungsaustausch mit Betriebsratsmitgliedern anderer Firmen, die vor den gleichen Herausforderungen stehen. Sie werden Ihre Doppelrolle und die Wechselwirkungen mit Rollenerwartungen bewusst reflektieren und gestalten diese mit noch mehr Ziel- und Werteklarheit. Sie werden verschiedene Möglichkeiten kennenlernen, am Vertrauensaufbau in den jeweiligen Arbeitsbeziehungen zu arbeiten. Und Sie werden im Umgang mit den spezifischen Rollenkonflikten größere Souveränität erlangen.