Wie viel Gehalt muss in der Ausbildung gezahlt werden?

 

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Azubi-Gehalt ist nicht gleich Azubi-Gehalt. Wer eine Berufsausbildung macht, hat sich damit sicher bereits vor der Wahl eines Ausbildungsberufs beschäftigt und die unterschiedlichen Ausbildungsvergütungen in verschiedenen Branchen verglichen. Spätestens beim Austausch mit Freunden, die sich für einen anderen Beruf entschieden haben, werdet ihr an die Unterschiede erinnert. Die Ausbildungsvergütungen variieren nach Branchen und auch dem Ausbildungsort teilweise erheblich.

So verdient zum Beispiel eure Freundin in der Ausbildung zur Bankkauffrau mit 973 Euro pro Monat im ersten Ausbildungsjahr deutlich mehr als ein Freund, der Hotelfachmann werden will und nur 675 Euro bekommt? Ja tatsächlich, in einigen Ausbildungsberufen werden die Azubis überdurchschnittlich gut vergütet, in anderen weit unter dem Durchschnitt. Ein weiteres Beispiel dafür, wie groß die Unterschiede sein können: In der Ausbildung zum Schornsteinfeger gibt es im ersten Ausbildungsjahr durchschnittlich 450 Euro im Monat, während es bei der Ausbildung zum Mechatroniker 963 Euro sind - also mehr als das Doppelte.

Bei solchen - teilweise krassen - Unterschieden fragt sich der ein oder andere wahrscheinlich, wie das sein kann. Vielleicht kommen auch Azubis auf euch als JAV zu und suchen euren Rat, weil sie sich gehaltsmäßig ungerecht behandelt fühlen.

Wie kommt es, dass die Ausbildungsvergütungen so unterschiedlich sind? Was ist gesetzlich geregelt, was nicht? Gibt es einen Mindestlohn für Auszubildende?

Wir sagen euch, was ihr dazu wissen müsst:

Tatsächlich ist die Höhe der in der Ausbildung zu zahlenden Vergütung gesetzlich nicht genau festgelegt. Das ist auch irgendwie nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass es über 300 in Deutschland anerkannte Ausbildungsberufe in den unterschiedlichsten Fachrichtungen gibt. Eine einheitliche Regelung fällt da schwer.

Auch einen Mindestlohn für Auszubildende gibt es - zumindest aktuell - nicht. Zwar gilt seit dem 1. Januar 2015 grundsätzlich ein Mindestlohn für alle Arbeitnehmer. Auszubildende zählen in puncto Mindestlohn aber leider zu den Ausnahmen, die das Mindestlohngesetz (MiLoG) vorsieht. Dazu heißt es in § 22 Abs. 3 MiLoG:

"Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten."

Der Hintergrund für diese Ausnahme ist der, dass Auszubildende keinen Lohn für die geleistete Arbeit erhalten, sondern eine Ausbildungsvergütung. Auszubildende eignen sich die im jeweiligen Beruf benötigten Kenntnisse und Fertigkeiten erst an.

Völlig dem Wohlwollen des Ausbilders ausgeliefert sind Azubis aber trotzdem nicht, wenn es um die Festlegung des Ausbildungsgehalts geht. Gesetzlich festgelegt ist im § 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG) nämlich zumindest, dass der Ausbilder dem Auszubildenden eine "angemessene Vergütung" zahlen muss. Diese ist nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung ansteigt.

Das ist ja schön und gut, werdet ihr vielleicht denken. Es sagt aber immer noch nichts darüber aus, wie viel man konkret in einem bestimmten Ausbildungsberuf verdient. Die entscheidende Frage ist also: Welche Vergütung ist für eine bestimmte Ausbildung "angemessen" und wer bestimmt das?

In vielen Branchen gibt es tarifliche Regelungen. Das bedeutet, dass Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften einen Tarifvertrag geschlossen haben, in dem unter anderem die Höhe der Ausbildungsvergütung festgelegt ist. Für das einzelne Ausbildungsverhältnis ist die so festgelegte Ausbildungsvergütung aber nur dann zwingend, wenn beide Parteien des Ausbildungsvertrags - also Ausbilder und Auszubildender - Mitglied eines Verbands sind. Genauer gesagt muss

  • der Ausbildungsbetrieb dem vertragschließenden Arbeitgeberverband angehören
    und gleichzeitig
  • der Auszubildende Mitglied der vertragschließenden Gewerkschaft oder Arbeitnehmervertretung sein.

Man spricht dann davon, dass Ausbildungsbetrieb und Auszubildender "tarifgebunden" sind. Die festgelegten Ausbildungsvergütungen sind in diesem Fall verbindliche Mindestbeträge, das heißt der Ausbildungsbetrieb kann mit dem Azubi nicht einfach eine niedrigere Vergütung vereinbaren. Nach oben hin kann der Ausbilder dagegen von der tariflichen Vergütung abweichen und dem Azubi mehr Gehalt zahlen.

Auch wenn die Parteien des Ausbildungsvertrags nicht tarifgebunden sind, können dennoch die Regelungen eines Tarifvertrags zur Anwendung kommen, wenn der Ausbilder und der Auszubildende die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages freiwillig im Ausbildungsvertrag vereinbart haben.

Noch eine dritte Möglichkeit gibt es, wie Tarifverträge für ein Ausbildungsverhältnis Geltung erlangen. Für manche Branchen gibt es sogenannte "allgemeinverbindliche" Tarifverträge. Wenn ein ausgehandelter Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde - zuständig dafür ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales - gilt er auch dann, wenn Ausbildungsbetrieb oder Auszubildender eigentlich nicht tarifgebunden sind. Solche allgemeinverbindlichen Tarifverträge gibt es zum Beispiel im Hotel- und Gaststättengewerbe und für das Bäckerhandwerk. Der Ausbilder muss sich dann daran halten und darf den Auszubildenden nicht weniger bezahlen als der Tarifvertrag vorsieht.

Was ist, wenn es keinen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag gibt, der Ausbildungsbetrieb nicht tarifgebunden ist und die Geltung eines Tarifvertrags auch nicht freiwillig vereinbart wurde?

In diesem Fall kann die Ausbildungsvergütung grundsätzlich zwischen Ausbilder und Azubi frei verhandelt werden. Die untere Grenze der zulässigen Ausbildungsvergütung bestimmt aber auch hier das BBiG. Denn auch solche Betriebe müssen eine "angemessene" Vergütung zahlen. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu entschieden, dass das Ausbildungsgehalt nicht mehr als 20 % unter der branchenüblichen Ausbildungsvergütung liegen darf. Das ist die unterste Grenze für die „Angemessenheit“.

Wenn es für die entsprechende Branche und Region Tarifverträge gibt, orientiert sich die "Branchenüblichkeit" daran. Gibt es für die Branche keinen Tarifvertrag, dann legen in der Regel die zuständigen Stellen, wie z. B. IHK oder Handwerkskammer Richtwerte fest.

Als JAVler seid ihr Fachleute in Sachen Ausbildung. Auch wenn ihr nicht direkt an den Tarifverhandlungen über die Ausbildungsvergütungen beteiligt seid, könnt ihr euch dennoch mit starker Stimme für gerechte Ausbildungsvergütungen einsetzen. Damit der Berufsstart für alle gelingt.