Streit im Betriebsrat - was tun bei Gegenwind aus den eigenen Reihen?

 

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Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb. Dass es hierbei zu Meinungsverschiedenheiten und Streit mit dem Arbeitgeber kommen kann, ist vorprogrammiert.

Doch auch innerhalb des Betriebsrats herrscht nicht immer eitel Sonnenschein, auch hier können Konflikte auftreten. Das eine Mitglied möchte eine einheitliche Pausenregelung durchsetzen, dem anderen ist die flexible Gestaltung der Pause wichtiger. Die Vereinbarung einer Kleiderordnung kann für den einen Fluch und für den anderen Segen sein.

Möglicherweise kommt es darüber hinaus vor, dass Betriebsratsmitglieder unzufrieden mit der Person des Vorsitzenden sind. Das ist oft dann der Fall, wenn der Eindruck entsteht, der Vorsitzende nehme nicht mehr seine Aufgabe als Sprachrohr des Betriebsrats wahr, sondern sei zu arbeitgeberfreundlich eingestellt.

Weht der Gegenwind aus den eigenen Reihen oder kommt es sogar zu einem handfesten Streit zwischen einzelnen Betriebsratsmitgliedern, kann sich das dramatisch auf die Betriebsratsarbeit auswirken und diese im schlimmsten Fall sogar lahmlegen.

Was also tun, wenn es Probleme mit einem Mitglied oder gar dem Vorsitzenden gibt?

Oftmals sind dann Feingefühl, gute Kommunikationsfähigkeit, Gelassenheit und Selbstreflexion gefragt - wichtige Eigenschaften eines jeden Betriebsratsmitglieds.

Mit der richtigen Herangehensweise können Brennpunkte von Anfang an vermieden oder frühzeitig entschärft werden.

Erster Schritt sollte immer sein, den Konflikt und seine Ursache zu benennen. Anschließend sind der Umfang und die konkreten Auswirkungen des Konflikts zu untersuchen, bevor an der eigentlichen Lösung gearbeitet werden kann. Lesen Sie hierzu auch unseren Schwerpunkt-Beitrag Modernes Konfliktmanagement.

Ist die Situation jedoch bereits so festgefahren, dass dies allein nicht reicht, kommen verschiedene - zum Teil rechtliche - Handlungsmöglichkeiten in Betracht.

Einschalten eines Moderators

Stellen sich die Streitbeteiligten quer, kann die Heranziehung eines externen, unparteiischen Moderators in Betracht gezogen werden. Die Begleitung durch professionelle Hilfe ist zwar mit Kosten verbunden, kann aber einen echten Mehrwert darstellen und eine Konfliktlösung herbeiführen.

Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds oder des Vorsitzenden

Nach § 23 Abs.1 S.2 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines oder mehrerer Mitglieder beantragen. Diese Sanktion kann sich selbstverständlich auch gegen den Betriebsratsvorsitzenden richten.

Der Ausschluss ist nur möglich, wenn das jeweilige Mitglied sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Das wird zum Beispiel angenommen, wenn es andere Mitglieder persönlich schwer beleidigt hat, oder wenn das Mitglied vertrauliche Informationen, die es durch seine Betriebsratsarbeit gewonnen hat, an den Arbeitgeber übermittelt.

Durch die Pflichtverletzung muss die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats ernsthaft bedroht oder lahmgelegt sein.

Auch interessant: Als Betriebsratsmitglied dürfen Sie auch außerhalb des Betriebsrats über schwere Verstöße anderer Mitglieder sprechen. Insbesondere bei strafrechtlich relevanten Beleidigungen oder anderen sittenwidrigen Verhaltensweisen gilt keine Geheimhaltungspflicht - § 79 Abs.1 BetrVG ist in diesen Extremfällen ausgeschlossen. Seien Sie im Einzelfall aber vorsichtig, denn die Grenzen der Geheimhaltungspflicht sind manchmal schwer festzulegen.

Abberufung und Neubesetzung des Betriebsratsvorsitzenden über § 29 Abs. 3 BetrVG

Natürlich ist es vorstellbar, dass es den ein oder anderen Vorsitzenden gibt, der tatsächlich mit dem Arbeitgeber „unter einer Decke steckt“. Mit voreiligen Schlüssen sollte man hier aber unbedingt zurückhaltend sein. Sie sollten berücksichtigen, dass die Aufgaben des Vorsitzenden vielfältig und anspruchsvoll sind. Er muss Diskussionen leiten, eigene Entscheidungen treffen und zugleich die Arbeit gerecht auf allen Schultern verteilen. Nicht jede Amtstätigkeit erscheint auf den ersten Blick nachvollziehbar oder gerecht, ein offenes Gespräch kann oftmals Wunder bewirken.

Nützt dies alles nichts und bestehen ernsthafte Zweifel an der Loyalität des Vorsitzenden (oder anderer Mitglieder), kann die Regelung des § 29 Abs.3 BetrVG weiterhelfen. Nach dieser muss der Vorsitzende eine Sitzung einberufen, wenn dies von mindestens einem Viertel des Betriebsrats gefordert wird.

In dieser Sitzung kann die Neubesetzung des Betriebsratsvorsitzenden zum Thema gemacht werden. Anschließend kann mit der Mehrheit der anwesenden Betriebsratsmitglieder die Abberufung des Vorsitzenden beschlossen werden, vgl. § 33 BetrVG. Der Vorsitzende bleibt danach Betriebsratsmitglied, er verliert nur die Position als Vorsitzender.

Tritt der Vorsitzende zurück, sollte unbedingt dafür gesorgt sein, dass der Vorsitz lückenlos durch ein anderes Mitglied übernommen werden kann, damit der Betriebsrat wirksam bestehen bleibt.

Neuwahlen

Haben so viele Betriebsratsmitglieder ihr Amt während der laufenden Wahlperiode niedergelegt oder sind ausgeschlossen worden, dass der Betriebsrat auch bei Nachrücken der Ersatzmitglieder die vorgeschriebene Mitgliederzahl unterschreitet, sind Neuwahlen erforderlich (§ 13 Abs.1 S.2 BetrVG).

Beispiel: Ein 5-köpfiger Betriebsrat hat nur ein Ersatzmitglied. Aufgrund von Streit innerhalb des Betriebsrats ist ein Mitglied ausgeschlossen worden, ein anderes hat sein Amt freiwillig niedergelegt. Das Nachrücken des einzigen Ersatzmitglieds würde dazu führen, dass der Betriebsrat nur noch aus vier Mitgliedern bestünde. Neuwahlen sind erforderlich.

Wir fassen also zusammen: 

Bei schweren Problemen innerhalb des Betriebsrats gibt es durchaus (rechtliche) Handlungsmöglichkeiten. Besser als die „Hauruck-Methode“ ist natürlich immer die Einigung! Dabei sollten Sie nicht vergessen, dass alle Betriebsratsmitglieder am Ende dasselbe Ziel verfolgen, nämlich die bestmögliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer.

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