Wie gut, dass auch die JAV – genau wie Sie als Betriebsrat – einen Anspruch auf Schulungen hat. Da die Beschlussfassung über einen Seminarbesuch zwingend über den Betriebsrat erfolgen muss, ist die JAV auf Ihre Unterstützung angewiesen. Greifen Sie der JAV unter die Arme und ermöglichen Sie ihr, das notwendige Wissen so schnell wie möglich erlangen zu können!
Denn letztlich profitieren zu allererst Sie davon, wenn die JAV’ler sich auskennen, ihre Ideen rechtlich abgesichert vorbereiten und auf Augenhöhe mit Ihnen diskutieren können – um sich für ihren Teil der Belegschaft mit Power und Erfolg einsetzen zu können!
Grundsätzlich hat die JAV ein Recht darauf, an Schulungen teilzunehmen, um sich das Wissen anzueignen, das sie für ihre Aufgaben in der JAV braucht. Der Arbeitgeber muss sie für die Zeit der Schulung freistellen (ohne Minderung ihrer Ausbildungsvergütung) und die Seminargebühr sowie Kosten für Fahrt, Unterkunft und Verpflegung übernehmen. Die Freistellung und Kostenübernahme durch den Arbeitgeber ist in § 65 Abs. 1 in Verbindung mit § 37 Abs. 6 und § 40 Abs. 1 BetrVG geregelt.
Aber Achtung: Das gilt nur für »erforderliche« Seminare!
Und was heißt das? »Erforderlich« bedeutet, dass die vermittelten Inhalte zur Erfüllung der Aufgaben und Pflichten der JAV benötigt werden und das JAV-Mitglied noch nicht über das entsprechende Wissen verfügt. Erforderlich sind Schulungen über die Aufgaben und Pflichten der JAV sowie die Rechte der JAV gegenüber dem Betriebsrat. Auch Schulungen über die Aufgaben und Rechte der Gesamt-JAV gehören zum erforderlichen Wissen eines Jugend- und Auszubildendenvertreters. Besteht ein betriebliches Bedürfnis, kann auch eine Schulung über den Gesundheitsschutz im Betrieb erforderlich sein, wenn in der konkreten Veranstaltung der Jugendschutz im Mittelpunkt steht.
Es handelt sich also um Seminare, die das nötige Grundwissen vermitteln und bei welchen vor allem junge Arbeitnehmer betreffende Fragen im Mittelpunkt stehen (BAG Beschluss vom 10.6.1975 - 1 ABR 139/73 und LAG Niedersachsen 31.01.2019 - 10TaBVGa 6/19), wie z. B. die Poko-Seminare Jugend- und Auszubildendenvertretung I – III. Wie ausgeführt, können aber auch Spezialseminare erforderlich sein, wenn sie einen direkten Bezug zu aktuellen betrieblichen Anlässen darstellen.
Die Teilnahme an einem Seminar muss zunächst von der JAV beschlossen werden. Die JAV kann jedoch keine gegenüber dem Arbeitgeber wirksamen Beschlüsse fassen! Die eigentliche Beschlussfassung muss durch den Betriebsrat erfolgen! Er entscheidet über die Erforderlichkeit, die zeitliche Lage und den Ort der Veranstaltung und wer zu einem Seminar fährt. Der JAV steht aber bei dem Beschluss über die auszuwählende Person und den Inhalt des Seminars volles Stimmrecht zu, § 67 Abs. 2 BetrVG.
Die JAV kann zu allen Betriebsratssitzungen einen Vertreter entsenden (§ 67 Abs. 1 S. 1 BetrVG, allgemeines Teilnahmerecht). Die JAV entscheidet durch Beschluss (generell oder von Fall zu Fall) selbst darüber, welches ihrer Mitglieder sie zu den Betriebsratssitzungen entsendet. Der Betriebsrat kann diesem JAV-Mitglied dann nicht die Teilnahme verweigern oder sich gar selbst ein JAV-Mitglied aussuchen. Dass an der Betriebsratssitzung teilnehmende JAV-Mitglied kann zu allen Tagesordnungspunkten etwas sagen (Rederecht) und Stellung beziehen (beratende Teilnahme). Der Betriebsratsvorsitzende kann ihm nur unter denselben Voraussetzungen das Wort entziehen wie die Betriebsratsmitglieder. Der Betriebsratsvorsitzende hat das JAV-Mitglied rechtzeitig zu den Betriebsratssitzungen unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen (§ 29 Abs. 2 S. 3 und 4 BetrVG).
Werden in einer Betriebsratssitzung Angelegenheiten behandelt, die besonders die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden bis 25 Jahren betreffen, so haben alle JAV-Mitglieder das Recht, bei diesen Tagesordnungspunkten (also nicht an der ganzen Sitzung) teilzunehmen (§ 67 Abs. 1 S. 2 BetrVG, besonderes Teilnahmerecht). Das ist z. B. der Fall, wenn es um die Berücksichtigung der Berufsschulferien bei der Festlegung des Urlaubsplans geht oder der Betriebsrat über Maßnahmen aufgrund von Vorschriften berät, die den besonderen Schutz der jugendlichen und auszubildenden Arbeitnehmer zum Gegenstand haben (z. B. JarbSchG, BBiG). Jedes JAV-Mitglied kann dann in der Betriebsratssitzung das Wort ergreifen und Stellung nehmen (auch hier beratende Teilnahme). Der Betriebsratsvorsitzende muss hier alle JAV-Mitglieder zur Betriebsratssitzung einladen unter Mitteilung der Tagesordnung (§ 29 Abs. 2 S. 3 und 4 BetrVG).
Die JAV hat in den Betriebsratssitzungen nur dann ein Stimmrecht, wenn der zur Abstimmung stehende Beschluss des Betriebsrats überwiegend die jugendlichen und auszubildenden Arbeitnehmer betrifft (§ 67 Abs. 2 BetrVG). Das ist der Fall, wenn der Beschluss zahlenmäßig mehr jugendliche und auszubildende Arbeitnehmer betrifft als andere Arbeitnehmer (Bsp: Abschluss einer Betriebsvereinbarung über eine Ordnung in der Ausbildungswerkstatt, Beschluss über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines JAV-Mitglieds). Das Stimmrecht steht jedem einzelnen JAV-Mitglied selbst zu, es ist nicht an einen etwaigen vorherigen JAV-Beschluss gebunden (kein »Fraktionszwang«). Für die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Betriebsrats (§ 33 Abs. 2 BetrVG) zählen die Stimmen der JAV-Mitglieder nicht mit (ebenso wenig, wenn der Beschluss der absoluten Mehrheit des Betriebsrats bedarf). Beachtet der Betriebsrat das Stimmrecht der JAV-Mitglieder nicht, läuft er Gefahr, dass der von ihm gefasste Beschluss unwirksam ist.
Nein. Die JAV hat keine selbstständigen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, sondern kann nur durch und über den Betriebsrat tätig werden.
Eine vollständige Freistellung wie für Betriebsratsmitglieder ab einer bestimmten Betriebsgröße (vgl. § 38 BetrVG) ist gesetzlich für JAV-Mitglieder nicht vorgesehen (§ 65 Abs. 1 BetrVG verweist für die JAV nicht auf § 38 BetrVG).
Für erforderliche JAV-Arbeit sind die JAV-Mitglieder jedoch genauso von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen wie Betriebsratsmitglieder (§§ 65 Abs. 1, 37 Abs. 2 BetrVG). Wie das Betriebsratsmitglied ist auch das JAV-Mitglied verpflichtet, sich vor der Aufnahme erforderlicher JAV-Arbeit abzumelden und sich nach Beendigung der JAV-Arbeit wieder zurückzumelden. Auch JAV-Arbeit ist grundsätzlich während der Arbeitszeit durchzuführen.
Der Betriebsrat muss die JAV so rechtzeitig und umfassend informieren, dass diese ihren Aufgaben nachkommen kann (§ 70 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Benötigt die JAV zur Durchführung ihrer Aufgaben Unterlagen, kann sie vom Betriebsrat verlangen, dass er ihr diese zur Verfügung stellt (§ 70 Abs. 2 S. 2 BetrVG).
Der Betriebsrat muss zu Besprechungen mit dem Arbeitgeber die JAV hinzuziehen, wenn es um Angelegenheiten geht, die besonders die jugendlichen und auszubildenden Arbeitnehmer betreffen (§ 68 BetrVG). Solche Angelegenheiten muss der Betriebsrat auch der JAV zur Beratung zuleiten und zwar so rechtzeitig, dass diese zeitlich noch in der Lage ist, diese Angelegenheiten intern vor der entsprechenden dazugehörigen Betriebsratssitzung vorzubereiten (§ 67 Abs. 3 S. 2 BetrVG).
Der Betriebsrat ist an Beschlüsse der JAV nicht gebunden. Der Betriebsrat ist jedoch verpflichtet, sich mit den Anträgen der JAV auseinanderzusetzen und ihr Anliegen selbstständig zu prüfen (ggf. unter Beachtung der Teilnahmerechte der gesamten JAV). Der Betriebsrat trifft dann seine Entscheidung in eigener Verantwortung (ggf. unter Beachtung der Stimmrechte der gesamten JAV).
Buchtipps:
Die speziell für die JAV konzipierten Rechtsprechungsübersichten geben einen umfassenden Überblick über die aktuelle rechtliche Situation sowohl für das Ausbildungsverhältnis als solches als auch für die Arbeit der JAV. Auch der Betriebsrat kann sich hier über die gegenüber der JAV zu beachtenden Rechte und Pflichten informieren.
JAV Rechtsprechungsübersicht
Teil 1 – Rechte und Pflichten im Berufsausbildungsverhältnis
JAV Rechtsprechungsübersicht
Teil 2 – Rechte und Pflichten der JAV