JAV-Wahl 2022: Wichtige Änderungen und Neuheiten

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In vielen eurer Betriebe stehen im Herbst wieder die JAV-Wahlen an, die regelmäßig alle zwei Jahre in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 30. November stattfinden. Auch die erfahrenen Wahlvorstände oder Wahlhelfer unter euch sollten dabei in diesem Jahr besonderes Augenmerk auf die gründliche Vorbereitung und Durchführung der Wahl legen. Denn im vergangenen Jahr sind das Betriebsrätemodernisierungsgesetz und die neue Wahlordnung (WO) in Kraft getreten. Dadurch ergeben sich auch für die JAV-Wahl teilweise Erleichterungen, aber auch Stolperfallen.

Die wichtigsten Fragen rund um die Neuerungen wollen wir hier für euch aufgreifen und beantworten:

Welche konkreten Änderungen ergeben sich aus dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz für die Wahl?

Ab diesem Jahr wird das vereinfachte Wahlverfahren in mehr Betrieben zur Anwendung kommen. So ist es jetzt bei 5 bis 100 Wahlberechtigten verpflichtend (früher bei 5 bis 50) und bei 101 bis 200 Wahlberechtigten (früher 51 bis 100) möglich bei entsprechender Vereinbarung von Wahlvorstand und Arbeitgeber.

Achtung: Ebenfalls erweitert wurde der Kreis der von der JAV vertretenen Arbeitnehmer. Auch Auszubildende, die älter als 25 Jahre sind, werden nun von euch als JAV vertreten und können dementsprechend auch wählen und gewählt werden. Das bedeutet außerdem, dass alle Auszubildenden unabhängig von ihrem Alter bei der Berechnung des Schwellenwerts, ab dem eine JAV gewählt wird sowie der Größe der zu wählenden JAV mitzählen.

Neu ist auch, dass durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz die Schwellenwerte für die Unterstützung eines Wahlvorschlags durch wahlberechtigte Arbeitnehmer herabgesetzt wurden. Jeder Vorschlag zur Wahl benötigte bislang Stützunterschriften, also Beschäftigte, die den Kandidaten unterstützen. In Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigen Arbeitnehmern sind nun keine Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag mehr notwendig. Die Regelung des § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG wurde dahingehend durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz abgeändert.

Welche Neuerungen gibt es für die Sitzungen des Wahlvorstands?  

Hier sieht die neue Wahlordnung in § 1 Abs. 4 u. 5, der über § 38 WO auch für die JAV-Wahl gilt, nun für den Wahlvorstand neben Präsenzsitzungen auch die Möglichkeit von virtuellen Sitzungen, also per Video- oder Telefonkonferenz vor. Sogar Beschlussfassungen sind in einer solchen Sitzung zulässig. Voraussetzung für eine virtuelle Wahlvorstandssitzung ist aber immer, dass dabei technisch sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können und die Video- oder Telefonkonferenz des Wahlvorstands nicht aufgezeichnet wird.

Die Möglichkeit virtueller Sitzungen gilt außerdem nur für die nicht-öffentlichen Sitzungen des Wahlvorstands. Nicht per Video- oder Telefonkonferenz zulässig, sondern immer in Präsenz abzuhalten sind daher insbesondere die in öffentlicher Sitzung durchzuführende Stimmauszählung und die Bearbeitung der Briefwahlunterlagen.  

Von der Möglichkeit einer virtuellen Sitzung sieht das Gesetz in § 1 Abs. 4 S. 2 außerdem weitere ausdrückliche Ausnahmen vor. So können insbesondere Vorschlagslisten nicht per Video- oder Telefonkonferenz geprüft und bekannt gemacht werden.

Im Übrigen ist es alleinige Entscheidung des Wahlvorstands, ob und inwieweit er die Möglichkeit digitaler Sitzungen nutzen will. Der Arbeitgeber kann nicht – etwa aus Kostengründen – vom Wahlvorstand verlangen, dass dieser seine Sitzungen digital abhält.

Um eine Sitzung mittels Telefon- oder Videokonferenz durchführen zu können, muss der Wahlvorstand hierüber vorher einen Beschluss gefasst haben. Dieser Beschluss kann seinerseits nur in einer Präsenzsitzung erfolgen.

Möglich ist eine Sitzung als ausschließliche virtuelle Sitzung oder auch als hybride Sitzung, bei der die Mitglieder des Wahlvorstands sowohl vor Ort als auch per Telekommunikation teilnehmen können.

Gibt es Änderungen, was die Möglichkeiten der Briefwahl betrifft?

Eine Briefwahl ist nach der neuen Wahlordnung in mehr Fällen als früher möglich. Der Wahlvorstand darf aber nach wie vor nicht generell für alle Arbeitnehmer Briefwahl anordnen, sondern es muss einer der Fälle des § 24 WO vorliegen, damit Briefwahl zulässig ist.

Dies ist nach § 24 Abs. 2 unter anderem der Fall, wenn dem Wahlvorstand bekannt ist, dass Wahlberechtigte entweder im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses oder vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl aus anderen Gründen (wie zum Beispiel bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses oder Arbeitsunfähigkeit) voraussichtlich nicht im Betreib anwesend sein werden.

Zu der erstgenannten Personengruppe zählt das Gesetz ausdrücklich im Außendienst sowie mit Telearbeit oder Heimarbeit Beschäftigte. Hierzu dürften auch diejenigen gehören, die regelmäßig mobil oder im Homeoffice arbeiten sowie Arbeitnehmer, die zum Beispiel aufgrund der Corona-Pandemie von zu Hause aus arbeiten müssen. Ebenso dürfte die Regelung für Arbeitnehmer gelten, die sich in Kurzarbeit mit Nullstunden befinden. 

In diesen Fällen muss der Wahlvorstand den betroffenen Mitarbeitern ohne gesondertes Verlangen die Briefwahlunterlagen zusenden. Die erforderlichen Informationen hierzu muss der Arbeitgeber dem Wahlvorstand zur Verfügung stellen.

Nicht eindeutig ist die Lage, wenn Beschäftigte nicht vollständig, sondern nur teilweise (z. B. ein oder mehrere Tage pro Woche) im Homeoffice arbeiten und damit eventuell nicht absehbar ist, ob sie am Wahltag im Betrieb sind oder nicht. Die Briefwahlunterlagen erhalten diese Beschäftigten dann gegebenenfalls nur auf Antrag, wenn sie absehen können, dass sie am Wahltag im Homeoffice sind. Das wäre dann ein Fall nach § 24 Abs. 1 WO.

Ist eine reine Online-Wahl möglich?             

Nein - diese Möglichkeit gibt es auch nach der neuen Wahlordnung noch nicht. Es ist daher weiterhin unzulässig, dass die Wahlberechtigten ihre Stimme digital oder durch einen Wahlcomputer abgeben. Es bleibt auch 2022 bei Stimmzetteln auf Papier und der persönlichen Stimmabgabe im Wahllokal oder per Briefwahl.

Auch von der Einreichung der Kandidatenvorschläge auf elektronischem Weg z. B. per Mail mit eingescannten Unterschriften sollte besser abgesehen werden. Zwar kann es in Zeiten der Corona-Pandemie schwierig sein, die Wahlvorschläge mit den Kandidatenunterschriften und den Stützunterschriften zusammen zu bekommen. Ob ein Arbeitsgericht allein deshalb während einer Pandemie die rein digitale Übermittlung der Unterschriften zulassen würde, ist aber sehr fraglich. Es ist daher auf jeden Fall sicherer, wenn die Unterschriften sowohl der Kandidaten und Kandidatinnen als auch gegebenenfalls die Stützunterschriften im Original eingereicht werden. 

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