„Die machen doch nichts …“ – Warum Vorurteile dem Betriebsrat schaden und wie man sie auflöst

Viele Betriebsräte leisten tagtäglich Großes. Sie vertreten Interessen, lösen Konflikte, setzen sich für gute Arbeitsbedingungen ein und investieren viel Zeit – teilweise auch über ihre normale Arbeitszeit hinaus. Doch ihr Image hinkt oft hinterher, denn im Flurfunk halten sich hartnäckige Vorurteile über die Betriebsratsarbeit und diese prägen das Bild in der Belegschaft. Die Folgen: Leere Stühle auf Betriebsversammlungen und fehlende Kandidaten für die bevorstehende Wahl. Woran liegt das? Und was lässt sich dagegen tun?

Oft hat die Belegschaft keine klare oder sogar eine falsche Vorstellung vom Alltag der Betriebsratsmitglieder. Was steckt hinter den häufigsten Vorurteilen und wie lassen sich diese entkräften, um das Image der Betriebsräte wieder geradezurücken?

„Betriebsräte faulenzen und trinken nur Kaffee“

Dieses hartnäckige Vorurteil unterstellt, dass BR-Mitglieder kaum etwas leisten und sich vor der eigentlichen Arbeit drücken. Sie scheinen häufiger abwesend zu sein und sind vor allem in der Kaffeeküche anzutreffen. Gerade für nicht freigestellte Betriebsräte ist diese Aussage blanker Hohn. Ursprung dieser Einschätzung ist meist die mangelnde Sichtbarkeit der tatsächlichen Gremienarbeit. Viele Tätigkeiten – wie Sitzungen, Vorbereitung von Gesprächen, E-Mail-Kommunikation oder Verhandlungen – finden hinter den Kulissen statt. Das Problem: Dieses Vorurteil untergräbt die Wertschätzung für das Ehrenamt und schreckt potenzielle neue Mitglieder ab, die sich nicht dem Vorwurf der Faulheit aussetzen möchten. Dabei ist klar: Die allermeisten BR-Mitglieder leisten ihre Arbeit zusätzlich zum regulären Job. Helfen kann hier vor allem eines: Transparenz. Wer regelmäßig über Inhalte, Arbeitsaufwand und Projekte berichtet, begegnet Vorurteilen mit Fakten.

„Ein Betriebsrat bringt doch eh nichts“

Viele Beschäftigte glauben, der Betriebsrat habe keinen Einfluss oder könne ohnehin nichts bewirken. Diese Haltung entsteht oft aus fehlender Kommunikation über Erfolge oder Einflussmöglichkeiten. Sie ist besonders gefährlich, weil sie zu Gleichgültigkeit oder gar Ablehnung führt. Viele positive Veränderungen im Arbeitsalltag gehen jedoch auf Ihre Gremienarbeit zurück. Wenn diese Erfolge nicht sichtbar gemacht werden, entstehen Missverständnisse. Deshalb gilt: Auch kleine Fortschritte verdienen Aufmerksamkeit. Zeigen Sie die Wirkung Ihres Engagements – mit konkreten Beispielen und regelmäßiger Kommunikation.

„Ein Betriebsrat kostet nur Geld“

Hier dominiert die Sicht auf Kosten: Freistellungen, Technik, Schulungen. Was oft fehlt, ist die Sicht auf den Nutzen. Gerade wenn Ressourcen knapp sind, werden BR-Tätigkeiten als Luxus empfunden. Das Problem: Diese Perspektive stellt die Legitimität des Gremiums infrage. Dabei sind Investitionen in Mitbestimmung auch Investitionen in Konfliktvermeidung und in eine bessere Zusammenarbeit. Wer die wirtschaftlichen Vorteile von Beteiligung kommuniziert – z. B. durch geringere Fehlzeiten, geringere Fluktuation oder höhere Zufriedenheit – kann das Vorurteil nachhaltig entkräften.

„Der Betriebsrat macht nur, was die Geschäftsleitung will“

Manche Beschäftigte glauben, dass der Betriebsrat heimlich mit der Geschäftsführung gemeinsame Sache macht. Entsteht dieser Eindruck, ist das Vertrauen oft nachhaltig gestört. Grund dafür ist meist fehlendes Wissen über die gesetzlich vorgeschriebene Zusammenarbeit – etwa im Rahmen von Monatsgesprächen. Das Problem: Aus der Pflicht zur Kooperation wird schnell der Verdacht von Mauschelei. Doch gesetzlich ist klar geregelt, dass der BR unabhängig agiert und seine Entscheidungen im Interesse der Belegschaft trifft. Was hilft? Offen kommunizieren, worüber gesprochen wurde, wie Entscheidungen zustande kamen – und welche Position der BR vertreten hat. Machen Sie den Beschäftigten außerdem klar, dass Sie nicht alles in die Betriebsöffentlichkeit tragen dürfen, da es sich zum Teil um vertrauliche Informationen handelt und unter Umständen die Geheimhaltungspflicht greift.

„Der Vorsitzende entscheidet alles allein“

Oft werden Vorsitzende  als alleinverantwortlich wahrgenommen – als Chefin oder Chef des Gremiums. Das liegt daran, dass Vorsitzende häufig das Sprachrohr des Gremiums sind. Wenn jedoch auch die nach außen kommunizierten Entscheidungen und Ergebnisse mit dem Vorsitzenden verbunden werden, entsteht ein falsches Bild von Machtverteilung. Das kann zu internen Spannungen führen und hemmt die Beteiligung anderer Mitglieder. Erklären Sie der Belegschaft, dass BR-Vorsitzende nicht mehr Rechte oder Entscheidungsgewalt haben als die Mitglieder. Besonders ist nur seine Vertretungsfunktion. Faktisch entscheidet das Gremium gemeinsam – demokratisch und auf Augenhöhe. Machen Sie alle Gremiumsmitglieder sichtbar: durch klare Rollenverteilung, gemeinsame Auftritte und transparente Kommunikation von Beschlüssen. Oder wie wäre es mal mit kurzen Porträts der Gremiumsmitglieder, in denen sie ihre persönliche Motivation für das Engagement im BR teilen?

„Die Kollegen müssen für die BR-Mitglieder mitarbeiten“

Immer wieder gibt es Unmut, wenn BR-Mitglieder für Sitzungen oder Projekte abwesend sind – besonders in kleinen Teams. Schnell entsteht das Gefühl: Die Arbeit bleibt an den anderen hängen. Ursache ist oft, dass der Nutzen der BR-Arbeit nicht ausreichend gesehen wird. Dieses Vorurteil kann zu Frustration und Ablehnung führen – sowohl gegenüber dem Gremium als auch gegenüber neuen Kandidierenden. Dabei ist klar: Mitbestimmung braucht Zeit – und kommt langfristig allen zugute . Es hilft, offen über den Aufwand und die Wirkung zu sprechen und gleichzeitig auf eine faire Aufgabenverteilung durch Vorgesetzte zu pochen.

„BR-Mitglieder wollen doch nur Kündigungsschutz“

Dieses Vorurteil unterstellt eigennützige Motive: Wer sich in den BR wählen lässt, will sich nur absichern. Verstärkt wird dieser Eindruck, wenn einzelne Mitglieder sich scheinbar zurückziehen oder sich unkollegial verhalten. Das Problem: Das Ehrenamt wird entwertet und potenzielle neue Mitglieder werden entmutigt. Tatsächlich schützt das Gesetz BR-Mitglieder vor Benachteiligung – weil sie in ihrer Rolle auch unangenehme Wahrheiten aussprechen müssen. Wer offen erklärt, warum dieser Schutz nötig ist – und wie viel Verantwortung damit einhergeht – kann dem Vorurteil den Wind aus den Segeln nehmen.

„Die sind ständig auf Schulungen – und machen dort Urlaub“

Außenstehende sehen: BR-Mitglieder fehlen wegen Schulungen – und vermuten dahinter Freizeit. Besonders wenn Fortbildungen außerhalb stattfinden oder länger dauern, entsteht leicht ein falscher Eindruck. Das führt zu Neid und Missgunst. Auch hier hilft Transparenz: Kommunizieren Sie Inhalte und Erkenntnisse aus Ihren Schulungen und zeigen Sie, dass Weiterbildung Teil professioneller Interessenvertretung ist. Schulungen sind gesetzlich vorgesehen und notwendig, um das Mandat gut ausüben zu können. Wer sich einarbeitet, bringt Wissen ins Gremium – und so auch in den Betrieb.

Fazit: Sichtbarkeit schafft Vertrauen

Ob beim Flurfunk, in der Kaffeeküche oder online – Betriebsräte stehen ständig unter Beobachtung. Umso wichtiger ist es, dem eigenen Engagement ein Gesicht zu geben – und Vorurteile durch Fakten zu entkräften. Der Schlüssel liegt in Transparenz und guter Öffentlichkeitsarbeit. Wer regelmäßig, ehrlich und nachvollziehbar über Projekte, Prozesse und Herausforderungen berichtet, baut Vertrauen auf – auch ohne perfekte Ergebnisse.

Lesen sie zu guter Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats auch unseren Beitrag  aus unserem vorherigen Newsletter.

Und wenn es mal keine greifbaren Ergebnisse gibt? Dann kommunizieren Sie genau das. Zeigen Sie: Auch der Weg, der Einsatz, das Ringen um Lösungen zählen. Das schafft Verständnis – und Respekt.